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Kan­ton Thur­gau: Kein Exit-​Zwang für Spi­tä­ler und Pflegeheime

Im Kan­ton Thur­gau kön­nen nach gel­ten­dem Recht Insti­tu­tio­nen des Gesund­heits­we­sens selbst ent­schei­den, ob sie in ihren Ein­rich­tun­gen assis­tierte Sui­zide zulas­sen wol­len. Auf die Anfrage eines Par­la­men­ta­ri­ers hin bekannte sich der Regie­rungs­rat aus­drück­lich zu die­ser gesetz­li­chen Regelung.

Kantonsrat Bruno Lüscher sieht Handlungsbedarf. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr schwer oder unheilbar erkrankte Menschen ihren Lebensabend in Pflegezentren verbringen müssen, will er dem Regierungsrat nahelegen, die Möglichkeit zum assistierten Suizid in allen Spitälern und Pflegeheimen für obligatorisch zu erklären. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Tatsache, dass sich seit 2003 die Zahl der assistierten Suizide in der Schweiz versechsfacht hat. Gemäss dem Regierungsrat beanspruchten im Kanton Thurgau im Jahre 2021 35 Personen Suizidbeihilfe, wovon 34 mithilfe von Exit aus dem Leben schieden.

Kantonsrat Lüscher berief sich mit seiner Forderung allerdings zu Unrecht auf das Bundesgericht. Der Regierungsrat stellte in seiner Antwort klar, dass das Bundesgericht in einem Neuenburger Fall entschieden hatte, dass Kantone zwar Institutionen verpflichten können, den assistierten Suizid in ihren Räumlichkeiten zuzulassen, dazu aber nicht verpflichtet sind. Um es anders zu formulieren: Das in Art. 10 Bundesverfassung verankerte Recht auf persönliche Freiheit umfasst in der Interpretation des Bundesgerichts auch das Recht einer Person, wann und wie sie sterben möchte, aber nicht wo. Insbesondere besteht kein Rechtsanspruch auf assistierten Suizid, den der Staat garantieren müsste.

Kantonsrat Lüscher hatte sich in seiner Anfrage auf das «Vorbild» des Kantons Wallis berufen, der neu alle Alters- und Pflegeheime zwingt, Suizidassistenz zuzulassen. Eine solche Regelung verletzt aber die sogenannte korporative Religionsfreiheit, sprich die Freiheit von Institutionen, selbst darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen sie Suizidhilfe zulassen wollen. Mit der korporativen Religionsfreiheit wird nicht zuletzt auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des medizinischen Personals geschützt.

Bischof Jean-Marie Lovey hatte im Vorfeld der diesbezüglichen Abstimmung im Kanton Wallis in einer denkwürdigen Ansprache auf die Defizite eines solchen Freiheitsbegriffs hingewiesen: «Was ist das für eine Freiheit, die sozialen Einrichtungen, den Pflegeheimen, genommen wird, indem sie gezwungen werden, Sterbehilfeorganisationen in ihren Mauern aufzunehmen?»

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau verwies in seiner Antwort insbesondere auf die Konzepte der «Curaviva Thurgau» als Grundlage für das Qualitätsmanagement in Pflegeheimen. Das Musterkonzept «Palliative Care» von Curaviva Thurgau gilt mittlerweile schweizweit als Musterbeispiel. Das vorbildliche, umfassende Palliativ-System, welches das Gesundheitswesen des Kantons Thurgau auszeichnet, ist nicht zuletzt dem unermüdlichen Engagement des ehemaligen Kantonsratsmitglieds Marlies Näf-Hofmann zu verdanken, die sich zeitlebens für den Schutz und die Würde des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod eingesetzt hat.

Der Regierungsrat stellt deshalb in seiner Antwort zu Recht fest, dass mit dem geltenden Recht der verfassungsmässige Anspruch auf einen selbstbestimmten Tod grundsätzlich gewährleistet wird und gleichzeitig die Rechte der Pflegeheime und ihrer Fachkräfte respektiert werden. Es ist dies, so der Regierungsrat abschliessend, «eine ideale Regelung».


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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