Kardinal Kurt Koch. (Bild: RPP-Institut, CC BY-SA 3.0 AT via Wikimedia Commons)

Weltkirche

Kar­di­nal Kurt Koch zum 75. Geburtstag

Am Sams­tag, 15. März, kann Kar­di­nal Kurt Koch sei­nen 75. Geburts­tag fei­ern. Eine Wür­di­gung von Ger­hard Lud­wig Kar­di­nal Müller.

Der Schweizer Kardinal Kurt Koch gehört zweifellos zu den grossen Gelehrten unserer Zeit und ist mit vollem Recht weltweit anerkannt als einer der herausragenden Theologen in der Kirche von heute. Er ist aber nicht nur ein Intellektueller, sondern auch ein echter «Mann Gottes» (1 Tim 6,11) und fleissiger Diener seiner Kirche.

Als bischöflichen Wahlspruch hat er das Schriftwort gewählt: «Christus hat in allem den Vorrang» (Kol 1,18). Diese christologische Konzentration bringt auf den Punkt, wie er sich selbst einschätzt und einbringt in die Sendung der Kirche des dreifaltigen Gottes. «Das von der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes geeinte Volk» (Lumen gentium 4) ist keine von den Menschen gemachte religiös-soziale Organisation, um die Welt zu verbessern. Sie ist begründet im Fleisch gewordenen Wort Gottes, in Jesus Christus, dem eingeborenen Sohn Gottes, und vermittelt den Menschen im Wort der Verkündigung und in den heiligen Sakramenten das ewige Heil. Diese eine, heilige, katholische und apostolische Kirche ist von Gott berufen, in Christus «das allumfassende Sakrament des Heils der Welt» zu sein (vgl. Lumen gentium 1; 48; Gaudium et spes 45).

Eine mediale Selbstvermarktung, die auf Mängel in der christlichen Spiritualität schliessen lässt, ist dem Menschen und Christen Kurt Koch fremd und zuwider. Seine demütige Art und unprätentiöse Umgangsweise mit Andersgläubigen oder Andersdenkenden in den eigenen Reihen hilft allen von egomanen und infantilen Befindlichkeiten abzusehen und gemeinsam den Blick auf Jesus Christus zu richten, zu dem sich die Christen unterschiedlicher Konfessionen gemeinsam bekennen als «den Weg und die Wahrheit und das Leben» (Joh 14,6).

Sein akademischer und kirchlicher Werdegang kann hier nicht im Detail dargestellt zu werden. Es genügt, auf einige wenige Meilensteine hinzuweisen. Kurt Koch wurde 1987, fünf Jahre nach seiner Priesterweihe, mit einer Arbeit über Wolfhart Pannenberg (1928–2014) promoviert und nur zwei Jahre später habilitiert. Bereits 1995 wurde er zum Bischof von Basel berufen. Mir begegnete der Name des aufstrebenden Theologen Kurt Koch zum ersten Mal nachdrücklich, als ich um eine Rezension seiner Studie über meinen Münchner Kollegen Pannenberg gebeten wurde. Wer in der Lage ist, sich mit dem monumentalen Werk dieses genialen protestantischen Theologen und Philosophen auseinanderzusetzten, qualifiziert sich ohne weiteres für die höchste Liga der christlichen Denker, welche den Logos des christlichen Glaubens in der geistigen Situation unserer Zeit argumentativ und überzeugend darzustellen vermögen. Persönlich begegneten wir uns dann in den Sitzungen der Dialogkommission des Lutherischen Weltbundes und des römischen Einheitssekretariats.

Ich begrüsste darum seine Berufung durch Papst Benedikt XVI. im Jahr 2010 zum Präsidenten des «Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen». Und nach meiner Ernennung zum Präfekten der Glaubenskongregation (2012) haben wir uns in Rom näher kennengelernt und natürlich auch vom Amts wegen interdikasteriell zusammengearbeitet. Dabei ist mir immer deutlicher geworden, dass man diesen Schweizer Theologen von Weltformat nicht in Schubladen wie konservativ oder liberal stecken kann. Diese Alternative führt nicht weiter und spaltet nur, weil sie der Politik und ihrem Spiel oder Kampf um die Macht entlehnt ist. Wer die Kirche mit einer politisch-weltanschaulichen Partei verwechselt, in der sich ihre Flügel wechselseitig bekämpfen und mit allen unmoralischen Mitteln auszuschalten versuchen, der hat die Dramatik der Szene «Jesus vor Pilatus» nicht verstanden. Der Sohn Gottes trumpft vor der Macht nicht mit stärkeren Legionen auf. Er ist ein König, aber in ganz anderem Sinn als die Machthaber dieser Welt: «Ja, ich bin ein König. Dazu bin ich geboren und dazu bin ich in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme» (Joh 18,37).

Kurt Koch ist weder konservativ noch liberal im Sinne des ideologischen Dominanzgehabens, sondern schlichtweg katholisch und rechtgläubig in dem biblischen Sinn, insofern der Apostel sich versteht als «Mitarbeiter der Wahrheit» (3 Joh 1,8), als «Diener Christi und Verwalter der Mysterien Gottes» (1 Kor 4,1), indem er die Offenbarung Gottes in den Mittelpunkt rückt und indem er Christus in allem den Vorrang gibt.

Dies wird besonders deutlich in seinen zahlreichen Wortmeldungen, die ausgehend vom Zentrum des christlichen Glaubens einen geweiteten Blick auf die konkreten Probleme richten. Eine solche Vision kommt vor allem dem ökumenischen Dialog zu Hilfe, zumal die Ökumene nur zu oft unter rechthaberischen und besserwisserischen Verengungen der Perspektive leidet und dadurch um das Ziel gebracht wird, das Jesus uns aufgegeben hat, dass alle eins seien gemäss seinem eigenen Wort: «Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast» (Joh 17,21).

Von daher überrascht es nicht, dass Kardinal Kurt Koch tiefgehende Schriften zu den zentralen Glaubensgeheimnissen verfasste. Im Jahr 2019 hat er ein Buch mit dem Titel «Menschen der Weihnacht. Wie die Krippe unser Leben verändert» veröffentlicht und 2023 folgte ein Buch mit dem Titel «Vom Tod zum Leben. Ein Wegbegleiter durch die Fasten- und Osterzeit». Diese zentralen Glaubensgeheimnisse stehen geradezu im Mittelpunkt seines theologischen Wirkens. Und sie müssen in der Tat der Ausgangspunkt für jede Theologie sein, die diesen Namen wirklich verdient. So zeigt sich, wie wichtig und zukunftsweisend die Beiträge dieses grossen Schweizer Theologen sind.

Kardinal Kurt Koch hat eine grosse Fülle von Fachliteratur veröffentlicht: über 60 Bücher. Dazu zählen neben den bekannten Werken zur Ökumene seine Beiträge zur Ekklesiologie, zur Eucharistie, zur Christologie, aber auch Bücher, in denen schlichtweg erklärt wird, warum es wunderbar und erhebend ist, Christ zu sein. Seine Veröffentlichungen zeichnen sich aus durch die Schönheit der Sprache, die aber nur im Dienste einer tieferen Durchdringung des Glaubensgeheimnisses stehen will.

Als demokratieerprobtem Schweizer gelingt ihm immer wieder ein Balanceakt, um die oft spannungsgeladenen Situationen im ökumenischen Dialog nicht nur auszuhalten, sondern zielführend auf den Punkt zu bringen. Damit ist er ein wahrer Brückenbauer, ein Mann der Mitte, die Christus ist. Vieles wäre gewiss noch zu sagen und wird auch in den verschiedenen Würdigungen sicher zur Sprache kommen. Aber sein bisheriges und künftiges Leben und Wirken reimt sich auf das Bekenntnis der Kirche, das er sich zum Leitmotiv erwählt hat: «Christus hat in allem den Vorrang» (Kol 1,18).

Solche «Mitarbeiter Gottes» (1 Kor 3,9) braucht die Kirche in unserer Zeit, die durch ihr Leben und Wirken wie auch durch ihr Predigen und Beten in Wort und Schrift auf den Herrn Jesus zeigen und ihn als den Messias bezeugen: «Er ist wirklich der Retter der Welt» (Joh 4,42).

Lieber Mitbruder Kurt Koch, zu Deinem 75. Geburtstag wünsche ich Dir mit unzähligen Freunden und allen dankbaren Lesern Deiner Schriften von Herzen Gottes Segen. Ad multos annos!


Gerhard Ludwig Kardinal Müller


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Bemerkungen :

  • user
    Martin Meier-Schnüriger 14.03.2025 um 15:48
    Gerade wegen seiner ruhigen und ausgleichenden Art könnte ich mir Kardinal Kurt Koch als ersten Schweizer auf dem Stuhl Petri gut vorstellen.