Am 17. Januar 2025 veröffentlichte das Bundesgericht eine Medienmitteilung. Darin wird der Betrieb der Mädchensekundarschule St. Katharina in Wil als verfassungswidrig erklärt. Er sei mit dem Gebot der konfessionellen Neutralität der öffentlichen Schule nicht vereinbar und verstosse zudem gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter. Mit diesem Entscheid wird der katholischen Mädchensekundarschule die finanzielle Grundlage entzogen.
In der Folge reichten die Fraktionspräsidenten Boris Tschirky von der «Mitte» und Sascha Schmid von der SVP im Kantonsparlament St. Gallen eine Motion ein: In der Kantonsverfassung soll explizit festgehalten werden, dass für die Oberstufenschulzeit ein geschlechtergetrennter Unterricht zulässig ist. Unterstützt wird die Motion von den Ständeräten Benedikt Würth (Mitte) und Esther Friedli (SVP). «Das Bundesgericht gefährdet mit seinem Urteil die Zukunft dieser im Kanton St. Gallen breit anerkannten Schulen», erklärte Esther Friedli an der Pressekonferenz. Dieser «Übergriff» des Bundesgerichts sei «unhaltbar».
Lange Tradition der katholischen Schule
Die Wurzeln der katholischen Schulen reichen bis ins Mittelalter zurück: Klosterschulen bildeten zahlreiche Kinder und Jugendliche aus, später führten viele Orden und Gemeinschaften eigene Schulen oder waren im Schulwesen tätig.
Auch heute noch gibt es katholische Schulen. 32 Schulen, die über den «Verband der Katholischen Schulen der Schweiz» miteinander verbunden sind und sich zur Einhaltung der Charta der Katholischen Schulen der Schweiz verpflichten. Dazu kommen 11 assoziierte Mitglieder, die das Anliegen christlicher Bildung und Erziehung unterstützen.
Die katholischen Schulen legen neben qualifiziertem Unterricht besonderen Wert auf die religiöse Bildung. Diese wird aber nicht einfach nur der säkularen Bildung hinzugefügt, sondern ist auf sie bezogen und mit ihr verbunden.
Wer auf die Webseiten der einzelnen Schulen geht, stellt fest, dass dort oft nicht mehr von «katholisch», sondern von «christlich-humanistisch» die Rede ist. Neugierig geworden, nahm «swiss-cath.ch» Kontakt mit den Schulen auf. Christoph Büchli-Sen, Direktor der grössten katholischen Schulen in der Schweiz, den «Freien Katholischen Schulen Zürich», lud die Redaktorin spontan zu einem Gespräch ein.
Geschichtlicher Hintergrund der katholischen Schulen in Zürich
Am 12. April 1525 wurden Heilige Messen in Zürich endgültig verboten. Es sollte bis zum 10. September 1807 dauern, bis die Katholikinnen und Katholiken, die es in der Limmatstadt immer gab, wieder Gottesdienst feiern durften. Und es dauerte fast nochmals 160 Jahre, bis die Katholische Kirche in Zürich offiziell anerkannt wurde (1963). Bis zu diesem Zeitpunkt fühlten sich die Katholiken mehr geduldet als anerkannt.
Da in Zürich ein liberaler und rationalistischer Geist herrschte, der dem katholischen Glauben gegenüberstand, kam Ende des 19. Jahrhunderts der Wunsch nach einer eigenen katholischen Schule auf. Diese wurde dank der ersten Pfarrer der Liebfrauenpfarrei, Ferdinand Matt und Basilius Vogt, und ihrer beeindruckenden Sammeltätigkeit Wirklichkeit. Am 8. Oktober 1923 wurde der «Katholische Schulverein Zürich» gegründet. Im Januar 1924 erhielten alle Zürcher Pfarrer einen Brief vom Bischof, der sie aufforderte, das Schulprojekt zu unterstützen und jährlich ein Opfer dafür aufzunehmen. Dem Schreiben war weiter zu entnehmen, dass selbst der Papst von diesem Projekt wisse und es mit seinem Segen unterstütze.
Am 22. April 1924 fand die Eröffnungsfeier der ersten katholischem Mädchenschule statt; geleitet wurde sie von Menzinger Schwestern. Seit 1949 gab es eine von Marianisten geleitete Knabensekundarschule. Heute gehören zu den «Freien Katholischen Schulen Zürich» vier Schulhäuser, die Unterricht von der 4. bis zur 6. Primarklasse, Sekundarschule, ein Lang- und Kurzgymnasium sowie ein 10. Schuljahr anbieten. Unterrichtet werden rund 700 Schülerinnen und Schüler.
«Teaching in religion» statt «Teaching about religions»
Im Gespräch mit Christoph Büchli-Sen wollte «swiss-cath.ch» als erstes wissen, was die «Freien Katholischen Schulen Zürich» von einer «nicht-katholischen» Schule unterscheidet. «Wir bilden unsere Schülerinnen und Schüler nicht nur schulisch aus, sondern lassen sie mit besinnlichen und religiösen Aktivitäten auch den Glauben erleben», erklärt der Direktor der Schulen. «Die Auseinandersetzung mit unserem Glauben ist ein integraler Bestandteil unseres Lehrens und auch ausserhalb der Schulstunden, z. B. der Umgang miteinander, Schuld und Verzeihen usw. Wo andere Schulen sich auf ein «Teaching about religions» beschränken, erlebt man bei uns auch ein «Teaching in religion». Das pädagogische Konzept der Schule besteht aus vier Säulen: Wissen, Können, Wollen, Glauben. Die Lehrpersonen vermitteln Wissen so, dass die Schülerinnen und Schüler sich Kompetenzen aneignen können. Aber gerade junge Menschen wollen noch mehr und da kommt der Glaube ins Spiel. Die Lehrer versuchen, die Suche nach Gott zu wecken respektive wach zu halten. «Es geht darum, Kindern die Werkzeuge und Werte an die Hand zu geben, um ein erfülltes Leben zu führen, das von Respekt, Toleranz, Glauben, Liebe und Verantwortung geprägt ist.»
Christoph Büchli-Sen und Silvia Dietschi, die beim Gespräch ebenfalls anwesende Leiterin Führungssupport und Direktionsassistentin, sind regelmässig in verschiedenen Pfarreien, um im Kontakt mit ihnen zu bleiben. Daraus ergeben sich immer wieder Ideen für gemeinsame Projekte Schulen. «Wir werden beispielsweise eingeladen, mit Schülerinnen und Schülern einen Familiengottesdienst mitzugestalten», weiss Silvia Dietschi zu berichten. Das gehört ebenfalls zum Schulalltag: Die Schule gestaltet Gottesdienste in den Pfarreien mit oder feiert eigene Schulgottesdienste und Roratefeiern. Die «Aktion Katholische Schulen Zürich» gestaltet jedes Jahr die Heimosterkerzen und Schülerinnen und Schüler verkaufen diese in den Pfarreien. Häufig werden auch die Klassenzimmer selbst zu Beginn der Stunden für ein ruhiges Besinnen, sich Sammeln oder Beten genutzt. «Es gibt einen guten Austausch mit den Seelsorgern», erzählt Christoph Büchli-Sen. «Sie hängen unser Infomaterial aus, unterstützen uns bei Anlässen in der Schule oder kommen für die Segnung von Schulzimmern vorbei.»
Religiöse Erziehung – ein Zusammenspiel von Eltern, Schule und Kirche
Für die Schule ist klar, dass Eltern und Erzieher die ersten Vorbilder für Kinder sind. «Eine erfolgreiche Erziehung erfordert die Zusammenarbeit von Eltern, Schule, Kirche und weiteren Bezugspersonen, immer im Bewusstsein, dass Gott selbst der Haupthandelnde ist», so Christoph Büchli-Sen.
Die Schule steht Kindern aller Konfessionen und Religionen offen. Damit das Zusammenwirken von Eltern und Schule gelingt, gibt es für interessierte Eltern und Kinder ein obligatorisches Aufnahmegespräch. «Dieses kann schon mal -etwas länger dauern», berichtet Silvia Dietschi. Es wird dabei klar kommuniziert, dass es eine katholische Schule ist und entsprechende Werte gelehrt werden. «Wir machen die Erfahrung, dass auch Nichtchristen diese Wertevermittlung schätzen», so der Direktor. Während sich öffentliche Schulen vermehrt schwer damit tun, eine Weihnachtsfeier durchzuführen und lieber von einer «Winterfeier» sprechen, sind Weihnachtsfeiern an den Freien Katholischen Schulen Zürich eine Selbstverständlichkeit.
Eine kürzlich durchgeführte Elternumfrage ergab, dass 94 Prozent der Eltern die Schule weiterempfehlen würden, 93 Prozent gaben an, dass ihr Kind gerne zur Schule geht, und 98 Prozent bezeichneten die Schule als «gewaltfreie Schule». Letzteres habe mit der überschaubaren Grösse der Schulhäuser zu tun, meint Christoph Büchli-Sen. «Hier kennen sich alle und es ist immer eine Lehrperson in Sichtweite, falls etwas ist.»
Kommentare und Antworten
Sei der Erste, der kommentiert