Grosser Jubel bei der Ankunft des Papstes in der Demokratischen Republik Kongo. (Bild: zVg)

Weltkirche

«Klare Worte zu unse­ren ‹Poli­ti­kern› sind das Minimum»

Papst Fran­zis­kus besucht auf sei­ner 40. Aus­land­reise zunächst die Demo­kra­ti­sche Repu­blik Kongo, wo er heute in Kin­shasa eine Messe für Frie­den und Gerech­tig­keit fei­ert. Swiss​-cath​.ch sprach im Inter­view mit Vikar Her­mann Mbuinga über die Situa­tion der Kir­che und die Erwar­tun­gen an den Papst in sei­nem Heimatland.

Wie ist die Stimmung in Ihrem Heimatland angesichts des Papstbesuches?
Es hat mich sehr berührt und in Erstaunen versetzt, wie alle Konfessionen (also nicht nur die Katholiken) sich auf den Papstbesuch gefreut und sich sogar Zeit genommen haben, um ihn in Empfang zu nehmen. Der Staat hat der Bevölkerung sogar während dieser Zeit «bezahlte» freie Tage gewährt. Es herrscht nun grosse Freude in der DR Kongo und vor allem in Kinshasa.

Wären Sie selbst gerne morgen in Kinshasa?
Also unsere Professorin für Dogmatik sagte einmal: «Seien Sie doch froh, wenn Sie an geschichtlichen Ereignissen teilnehmen dürfen. Denn Sie wären auch ein Zeuge/Zeugin der Geschichte.» So wäre ich auch gerne in Kinshasa, um mir vor allem einmal bewusst zu machen, was in «Gaudium et spes» steht: «Die engste Verbundenheit der Kirche mit der ganzen Menschheitsfamilie.»

Was erwarten die Katholikinnen und Katholiken in der DR Kongo vom Papstbesuch?
Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi (Gaudium et spes 1). Mit diesen Worten kann ich die Erwartungen der Katholikinnen und Katholiken in meiner Heimat zusammenfassen. Seit mehr als 20 Jahren herrscht Krieg in Kongo und das Elend ist nun fast unerträglich. Klare Worte zu unseren «Politikern» und den Strippenziehern des Krieges sind das Minimum, was die kongolesische Bevölkerung vom Papst erwartet: «Es reicht jetzt».
 


Der Osten der DR Kongo wird von bewaffneten Gruppen heimgesucht, entsprechend gibt es Millionen von Binnenflüchtlingen. Das Land ist reich an Bodenschätzen, um die gekämpft wird, und die aktuelle Regierung gilt als schwach. Denken Sie, dass Papst Franziskus diese Probleme ansprechen wird?
Das muss er. Und so wie ich ihn «kenne», würde ich mich darauf verlassen, dass er Klartext redet. Das ist der grösste Wunsch der kongolesischen Bevölkerung. Darauf warten wir!

Wie ist die Situation der Katholischen Kirche in der DR Kongo?
Es ist keine einfache Lage zurzeit für die Kirche in Kongo. Einerseits steht sie im ständigen Ringen mit nicht vertrauenswürdigen «Politikern». Andererseits ist das Elend so gross, dass die Kirche nicht immer genug Ressourcen hat, um den Menschen in ihren täglichen Sorgen und Nöten beizustehen. Es entstehen folglich etliche «Glaubensgemeinschaften», die nur noch über das Materielle predigen. Und viele Menschen gehen oft hin. Und das hilft auch den Bischöfen und Priestern, aber auch engagierten Katholikinnen und Katholiken nicht unbedingt.
 

Bischöfe haben in den vergangenen Jahren immer wieder mutig Ungerechtigkeiten angeprangert. Fühlen sich die Katholikinnen und Katholiken dadurch ermutigt, selbst gegen Ungerechtigkeit aufzutreten?
Es gibt zwar schon Fortschritte in diesem Bereich, aber wie es eben gesagt wird: Primum manducare, deinde philosophari (Erst essen, dann philosophieren).

Die DR Kongo war lange eine Kolonie von Belgien. In dieser Zeit geschahen ungeheuerliche Verbrechen an der Bevölkerung. Wirkt das noch nach?
Für die Versöhnung wurde in den letzten Jahren vieles unternommen. Es wäre schön, wenn Belgien mehr tun könnte, damit in Kongo Frieden herrscht.

Sie sind als Priester in der Schweiz tätig. Was könnte die Kirche in der Schweiz von der Kirche in der DR Kongo lernen?
Ich denke, beiden Kirchen könnten voreinander viel lernen. Es ist schön, wenn wir Christinnen und Christen unseren Gottesdienst feiern und dabei Freude haben und es auch zeigen. Denn Jesus Christus hat uns erlöst. Die Nächstenliebe und Solidarität könnten wir in Kongo von der Kirche in der Schweiz lernen.

Hermann Mbuinga ist Vikar in Erstfeld UR.
 

Die Demokratische Republik Kongo (ehemals Zaire) ist der zweitgrösste Flächenstaat Afrikas und das Land mit den meisten Katholiken (rund 45 Millionen). Das Land erlangte 1960 die Unabhängigkeit von Belgien. Der Vielvölkerstaat umfasst rund 200 Ethnien.
Die katholische Kirche gliedert sich in 6 Erzdiözesen und 42 Diözesen und ist sehr aktiv im Schulwesen; rund 40 Prozent der Gesundheitseinrichtungen haben eine kirchliche Trägerschaft.

 

 


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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