Kommentar Kirche Schweiz

Kom­men­tar zum syn­odal gene­rier­ten Schwei­zer Auf­ruf zur Anar­chie in der Kirche

Am 15. Mai, mit­ten in der Zeit zwi­schen Christi Him­mel­fahrt und Pfings­ten ver­schickte die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz an die Medien ein «Schwei­zer Echo auf die erste welt­kirch­li­che Syn­oden­ver­samm­lung 2023». In dem bri­san­ten Papier wim­melt es von Wort­hül­sen und Nebel­pe­tar­den, so dass die Lese­rin­nen und Leser den Ein­druck bekom­men, man wolle sie (selbst­ver­ständ­lich unbe­ab­sich­tigt) zum inni­gen Gebet um die Aus­gies­sung des Hei­li­gen Geis­tes über die Ver­fas­se­rin­nen und Ver­fas­ser motivieren.

Das Logo der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) ziert die erste Seite des Dokumentes. Nach der Lektüre dieses zu Handen des Generalsekretariates der Synode über die Synodalität in Rom übermittelten Papiers würde wohl niemand auf Anhieb die Schweizer Bischofskonferenz als Urheber vermuten. Das scheint auch nicht der Fall zu sein, heisst es doch in der Medienmitteilung: «Der Text fasst die Rückmeldungen aus den Schweizer Diözesen sowie verschiedener Laienorganisationen auf den Bericht der Weltsynode 2023 zusammen.» Es ist zu hoffen, dass die zuständigen Stellen in Rom eine angemessene Antwort zurückschicken und etwa der «Durchführung einer fünfjährigen Synodalen Erprobungsphase» auf gesamtschweizerischer Ebene eine unmissverständliche Absage erteilen. Damit könnten Zeit und Nerven sowie Kirchensteuergelder in unbekannter Höhe gespart werden. Das wäre auch anderswo möglich, hat doch allein die dreiwöchige Teilnahme der Schweizer Vertreterin Helena Jeppesen-Spuhler 2023 an der Weltsynode in Rom laut Finanzbericht der RKZ (S. 6) sage und schreibe Fr. 28'493 gekostet.

Welcher Geist wird bei synodalen Versammlungen zugelassen?

Es muss zunächst daran erinnert werden, was das Ziel der Synode laut Webseite der SBK überhaupt ist: «Das Ziel der laufenden Synode ist es also, zu beraten, wie die Kirche selbst synodaler gelebt werden kann – das bedeutet, die Teilhabe und Mitsprache aller Mitglieder der Römisch-Katholischen Kirche zu stärken und zu fördern. Es geht darum, von den Menschen zu erfahren, was sie von der Kirche wollen und wie sie die Kirche mitgestalten möchten» (Hervorhebung durch die Redaktion).

Die in den Medien überschwänglich gelobte Synodale Versammlung Schweiz vom 30. Mai 2022 in Einsiedeln muss ganz anders gelaufen sein. Das «Gespräch im Geist» erfolgte unter rigorosen Voraussetzungen. Die handverlesenen ca. 60 eingeladenen synodalen Vertreterinnen und Vertreter wurden nach einem vorgegebenen Plan an die runden Tische gesetzt. Zudem musste eisern die Regel eingehalten werden, wonach nur die Mehrheitsmeinung eines Tisches im Plenum vorgebracht werden durfte. Minderheitsvoten, die vielleicht bei einer anderen Tischzusammensetzung Mehrheitsvoten hätten sein können, wurde somit bewusst keine Beachtung geschenkt. So wird das unter vorgehaltener Hand berichtet. In der anschliessenden Medienmitteilung hiess es hochtrabend: «Der Tag in Einsiedeln zeigte vielfältige synodale Erfahrungen: bezeugendes Engagement, voneinander lernen, Differenzen aushalten und Spannungen konstruktiv bearbeiten.» Zu beachten ist, dass bereits der Beginn des Synodalen Weges in der deutschsprachigen Schweiz denkbar schlecht angefangen hatte und zwar mit einer miserablen Beteiligung an der durch das GFS-Institut ausgewerteten Umfrage mit der Kampagne «Wir sind ganz Ohr». 0,27 Prozent aller Katholikinnen und Katholiken hatten beim Bistum Chur mitgemacht. Beim Bistum Basel waren es 0.66 Prozent und beim Bistum St. Gallen 0.54%. Und dies wird allen Ernstes als «Stimme der Kirche Schweiz» verkauft: Etikettenschwindel pur!

Ist die synodale Methode nur geheuchelte Partizipation und Wertschätzung der Gläubigen?

Kommen wir aber zurück zum eingangs erwähnten Papier, das an das Generalsekretariat der Synode über die Synodalität in Rom als Beitrag der Schweiz für die nächste Synode im Herbst dieses Jahres geschickt wurde. Unter dem Titel «Synodale Methode verändert die Kirche und ihre Sendung» heisst es, die Kirche müsse «in allen ihren Strukturen, in ihrer Praxis, im Verständnis der Lehre, in der Ausübung von Macht, Verantwortlichkeit usw. von synodalen Qualitäten (Wertschätzung jeder Person, Raum für Vielfalt, Gastfreundlichkeit, Freiheit des Wortes, Respekt, Mitverantwortung, Hören auf den Geist ...) geprägt werden». Nach all dem, was wir über den bisherigen synodalen Weg in der Schweiz wissen, ist das entweder ein frommer Wunsch naiver Kirchenfunktionäre oder eine bewusste Lüge jener Seite, welche die Katholische Kirche demontieren will.

Gibt es zwei Kirchen – die synodale und die hierarchische Kirche?

Wir glauben ... «an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche» bekennen wir im grossen Glaubensbekenntnis. Nun heisst es wörtlich: «Evangelisierung verbindet die synodale mit der hierarchischen Kirche. Wie die synodale Kirche ist auch die hierarchische nur eine Funktion der Kirche als Sendung. Die hierarchische Kirche dient der Erinnerung an den Ursprung der Sendung.» Wird da die Katholische Kirche auseinanderdividiert in eine Kirche des Volkes (synodal) und eine Kirche der Hierarchie (Papst, Bischöfe, Priester)? Und warum soll die hierarchische Kirche lediglich der «Erinnerung an den Ursprung der Sendung» dienen? Den Autorinnen und Autoren dieses Papiers sei die Lektüre der Dogmatischen Konstitution «Lumen Gentium» des II. Vatikanums empfohlen, wenigstens der folgende Punkt: «Der Unterschied, den der Herr zwischen den geweihten Amtsträgern und dem übrigen Gottesvolk gesetzt hat, schliesst eine Verbundenheit ein, da ja die Hirten und die anderen Gläubigen in enger Beziehung miteinander verbunden sind. Die Hirten der Kirche sollen nach dem Beispiel des Herrn einander und den übrigen Gläubigen dienen, diese aber sollen voll Eifer mit den Hirten und Lehrern eng zusammenarbeiten» (Lumen Gentium Nr. 32).

Freiräume für ortskirchliche Experimente!?

Unter Punkt 1.7 «Grundlagen für ortskirchliche Synodalität und Sendung» wird erklärt: «Die Mitverantwortung des Volkes Gottes im gesamten Prozess vom Finden bis zum Treffen von Entscheidungen muss synodal gestaltet werden. Dazu sind Spielräume des Kirchenrechts zu schaffen – und bis dahin Freiräume für ortskirchliche Experimente.» Es ist klar, dass hier eine Änderung des Kirchenrechts verlangt wird und – bis dieses Ziel verwirklicht ist – in ortskirchlichen sogenannten Freiräumen geltendes Kirchenrecht unterlaufen und „Rom“ vor vollendete Tatsachen gestellt werden soll. Dazu müsse eine synodale Kirche ermutigt werden, pastorale Verantwortung vor disziplinären Gehorsam zu stellen. Ob dieser verklausulierte Aufruf zur Anarchie in der Ortskirche in Rom gut ankommt? Die Gestalt und die Ausübung der Ämter müsse regional unterschiedlich sein können, fordern die Verfasserinnen und Verfasser des Papiers zudem mehrmals (2.4; 2.11).

Verbindliche Feedbackschlaufen in Entscheidungsprozessen

Die Bischöfe sollen wohl an die kurze Leine genommen werden (siehe 1.7.3). Über ihr Leitungshandeln sollen sie nicht nur Rechenschaft ablegen, sondern für die Entscheidungsprozesse neue Instrumente eingeführt werden. Denkbar seien beispielsweise «Gleichstellungbüros» für jedes Bistum. Das dürfte die ohnehin schon komplizierten Anstellungsverfahren bei kirchlichen Amtsträgern faktisch zum Erliegen bringen. Die Idee, «verbindliche Feedbackschlaufen mit breiter Beteiligung bei wichtigen Entscheidungen» einzuführen, wird die Entscheidungsprozesse in der Ortkirche bis zum Stillstand entschleunigen. Aber nicht nur das: Zwischen der weltkirchlichen und der lokalen Kirche sollen wechselseitige Konsultationsschlaufen notwendig sein, «um die Dynamik der ganzen katholischen synodalen Kirche zu entfalten». Von Dynamik kann da keine Rede sein, vielmehr ist das als Debattieren in der Endlosschlaufe, als sinnloses Treten am Ort, kritisch zu würdigen.

Auf die zum x-ten Mal vorgebrachten Forderungen bezüglich der Zulassungsbedingungen zu den Ämtern, welche das Sakrament der Weihe bedingen, sei hier nicht näher eingegangen, sind doch solche im Protestantismus bereits verwirklicht, ohne dass dieser besser dastehen würde – im Gegenteil.

Kontrollverbot für die Universalkirche

Im Papier wird behauptet (2.10), eine universalkirchliche «Kontrolle» der Angemessenheit der entwickelten und praktizierten Formen, die aus dem synodalen Entscheidungsprozessen hervorgehen, sei «nicht leistbar und nicht sinnvoll». Die Katholische Kirche wird damit im Kern negiert. Dazu passt auch eine Aussage zur Lehrtradition und der Disziplin der Kirche: «Im Sinne einer Hierarchie der Wahrheiten, die regional und kulturell unterschiedlich gefüllt werden kann und muss (sic), soll die pastorale Vielfalt im Zweifel als wichtiger für die Sendung der Kirche gelten als die Uniformität der Lehre und der Disziplin (Hervorhebung der Redaktion).»

«An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.»

Das «Schweizer Echo auf die erste weltkirchliche Synodenversammlung 2023» kommt einem Aufruf zur Anarchie in der Katholischen Kirche gleich. Was sagte Jesus über die falschen Propheten? «An ihren Früchten also werdet ihr sie erkennen» (Mt 7, 20). Und was sollen wir tun? Ich glaube es gibt nichts Besseres, als in einem ersten Schritt die Pfingstsequenz zu beten, in der es unter anderem heisst:

«Komm herab o Heilger Geist, ...
Was befleckt ist, wasche rein,
Dürrem giesse Leben ein,
heile du, wo Krankheit quält.
Wärme du, was kalt und hart,
löse, was in sich erstarrt,
lenke, was den Weg verfehlt.»


Makoto Weinknecht

Name der Redaktion bekannt


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Bemerkungen :

  • user
    Michael Dahinden 17.05.2024 um 12:41
    Eine schreckliche Aussage.
    Noch schrecklicher ist die Erkenntnis, dass der Autor unter Pseudonym auftreten muss.
    Die spricht nun wirklich Bände über die Kommunikation in unseren Ortskirchen.
  • user
    Kurt Wiedmer 17.05.2024 um 08:01
    Gebet: Lieber Vater im Himmel hilf mir. Ich empfinde Verachtung für jene Hirten, welche die Mehrheitsmeinung über die Wahrheit, die Liebe zur Welt über die Liebe zu Gott und Hässlichkeit der Sünde über die Schönheit Gottes stellen. Hilf mir die Feinde der Kirche zu lieben und für sie aus innerstem Herzen zu beten, damit einige doch noch zur Erkenntnis der Wahrheit kommen und gerettet werden (1 Tim 2,4). Oh Herr, die Pforte, die ins Verderben führt ist so breit geworden und unsere Hirten scheinen uns zu ermutigen: Geht hinein durch die breite Pforte“ (Mt 7,13). Was für eine grosse Sünde (Mt 18,6). HERR, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun. HERR, hilf mir freundlich aber bestimmt „NEIN!“ zu sagen und für unsere Hirten und unser Land in den Riss zu stehen (Hes 22,30). HERR, ich und mein Haus wollen Dir dienen (Jos 24,15). Lass uns nie vom „Weg“ (Apg 9,2) abkommen. HERR Jesus Christus, Sohn Gottes, sei uns Sünder gnädig! 🙏📿
    • user
      Michael Dahinden 17.05.2024 um 13:11
      Danke.