(Bild: Elke Wetzig)

Weltkirche

Kri­tik von Kar­di­nal Mül­ler an Papst Franziskus

Der deut­sche Kuri­en­kar­di­nal Ger­hard Lud­wig Mül­ler hat die Amts­füh­rung von Papst Fran­zis­kus in meh­re­ren Punk­ten scharf kri­ti­siert. In einem Interview-​Buch wirft Kar­di­nal Mül­ler dem Papst vor, er habe meh­rere Male recht­li­che Grund­sätze verletzt.

Bei der Verfolgung von Missbrauchstätern habe Franziskus persönliche Freunde verschont. Zudem sei vorgekommen, dass er angeklagte oder verurteilte Priester begnadigte, wenn sich ein befreundeter Würdenträger für sie einsetzte. Umgekehrt habe er andere, wie etwa Kardinal Angelo Becciu, ohne gerechtes Verfahren einfach abgesetzt.

Das Interview-Buch mit dem Titel «In buona fede» («Nach Treu und Glauben») erscheint diese Woche. Es wurde von Franca Giansoldati verfasst, Vatikan-Expertin der römischen Tageszeitung «Il Messaggero». Italienische Tageszeitungen veröffentlichten am Wochenende erste Auszüge.

Im Zentrum von Müllers Kritik steht ein «innerer Zirkel» von Beratern des Papstes. Obwohl sie theologisch nicht ausreichend gebildet seien, nähmen sie Einfluss bei wichtigen Personalfragen und seien auch mitverantwortlich für kirchenpolitische und theologische Grundsatzentscheidungen. Es gebe neben dem offiziellen Kurienapparat einen parallelen Fluss von Informationen, so der Kardinal.

Über seine eigene Versetzung in den Ruhestand 2017 sagt der 75-Jährige, lateinamerikanische Freunde des Papstes hätten ihn zu Unrecht in ein negatives Licht gerückt. Im Hintergrund spielten Vorurteile mancher lateinamerikanischer Bischöfe eine Rolle, die eine eher pastorale Linie verträten und die europäische Theologie verachteten. Man habe ihn beschuldigt, in dogmatischen Fragen unflexibel zu sein: «Sie sahen mich wie einen starrsinnigen deutschen Professor, der sogar den Papst belehren wollte. Aber das war alles erfunden. Ich habe nur die Regeln verteidigt», so Kardinal Müller.

Inhaltlich kritisiert der deutsche Kardinal in dem Buch unter anderem die Entscheidungen des Papstes zum weitgehenden Verbot der ausserordentlichen Form des römischem Ritus, die Kurienreform, die Ausweitung der Synodalverfassung und das Geheimabkommen des Vatikans mit der kommunistischen Regierung in China.

Kardinal Müller wirft Papst Franziskus vor, er propagiere eine Dezentralisierung, konzentriere aber in Wahrheit oft die Entscheidungsgewalt allein auf die eigene Person. Die Kardinäle ruft Gerhard Ludwig Müller auf, den Papst zum Wohl der Kircheneinheit «in kollegialer Weise zu kritisieren». Es gebe Dinge zu beanstanden. Klartext zu reden sei der einzige mögliche Weg, um die gesamte Situation zu verbessern. Es gehe nicht um Flügelkämpfe, sondern darum, «Mut zu fassen» und in «brüderlicher Weise» eine gemeinsame Lösung zu finden.


KNA/Redaktion


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    Daniel Ric 23.01.2023 um 18:38
    Sicherlich ist Kardinal Müller ein grosser Theologe, der in vielen Fragen sehr gute Positionen vertritt. Er schadet jedoch seinen eigenen Stellungsnahmen, die grundsätzlich dem Wohle der Kirche dienen, mit der ständigen Behauptung, er sei ungerecht abgesetzt worden. Schlussendlich sollte der beste Kardinal der Präfekt der Glaubenskongregation sein. Kardinal Müller müsste den Beweis antreten, dass Kardinal Ladaria, der nun das Amt besetzt, weniger fähig ist als er. Nur dadurch wäre diese ständig wiederholte Behauptung sinnvoll und auch christlich, da es tatsächlich problematisch ist, wenn persönliche Freundschaften und nicht theologische Qualität den Ausschlag für eine Amtsbesetzung geben. Da an der Amtsführung von Kardinal Ladaria nichts auszusetzen ist, nicht einmal von Kardinal Müller selbst, wäre es gut, wenn Kardinal Müller die Verletzung seines Stolzes überwindet und diesen Punkt in Zukunft nicht mehr erwähnt.
  • user
    Claudio 23.01.2023 um 15:13
    Für mich ist Kardinal Müller ein Garant der Wahrheit. Anders als gewisse Traditionalisten, kämpft er in der Kirche gegen die Liberalen, bekennt überall die Wahrheit, wie mit dem Glaubensmanifest und ist ein Lichtblick, in der aktuellen verwirrten Kirche. Auch Kardinal Pell hat schön geantwortet: Früher hieß es: Ro­ma locuta, causa finita (Rom hat gesprochen, die Sache ist entschieden). Heute gilt: Roma loquitur, confusio augetur (Rom spricht, die Verwirrung nimmt zu).“ Darum mag ich Kardinal Müller. Er spricht Klartext. Aber nicht nur gegen die Liberalen, sondern auch gegen gewisse Tradis.