Mutter M. Theresia Scherer.

Kirche Schweiz

M. The­re­sia Sche­rer, Grün­de­rin der Ingen­boh­ler Schwes­tern: Den Stür­men der Zeit getrotzt

Vor 200 Jah­ren, am 31. Okto­ber 1825 kam in Meg­gen LU Anna Maria Katha­rina Sche­rer zur Welt. Aus dem schwatz­haf­ten und zer­streu­ten Kind wurde die cha­ris­ma­ti­sche Grün­de­rin der Ingen­boh­ler Schwestern.

Der Start ins Leben war für Anna Maria Katharina Scherer nicht einfach. Am 31. Oktober 1825 als viertes von sieben Kindern in Meggen LU geboren, verliert sie bereits mit sieben Jahren ihren Vater. Nur drei der Kinder können bei der Mutter bleiben – Anna Maria Katharina wird bei zwei ledigen Onkeln untergebracht; sie ist zeitlebens dankbar für die gute Erziehung durch die beiden Brüder. Sie ist ein fröhliches Kind, das nach eigener Aussage unter Aufsicht des Lehrers fleissig ist, sonst aber schwatzhaft und zerstreut. Den Religionsunterricht und die Gottesdienste besucht sie immer gern. Der Pfarrer ermuntert sie, am Bürgerspital in Luzern eine Ausbildung für Hauswirtschaft und Krankenpflege zu absolvieren.

Der Umgang mit den Armen und Kranken fällt ihr schwer, ebenso die Teilnahme an den Gebetszeiten der Spitalschwestern. Doch: «Die Gnade siegte bald», wie sie später schreibt. Die Arbeit und auch das vom Glauben geprägte Leben gefallen ihr immer besser. Bald geht sie öfters zu den Sakramenten. Mit 17 tritt sie dem Jungfrauenbund bei sowie dem Dritten Orden des Franziskus. Wie ihr Lebensweg aussehen soll, weiss sie noch nicht. Sie kann weder dem Ehestand noch dem Ordensleben viel abgewinnen. Der Jungfrauenstand scheint ihr «schön und erhaben». Um Klarheit zu gewinnen, unternimmt sie mit einer Freundin eine Wallfahrt auf die Rigi und nach Einsiedeln. Dort beichtet sie und spricht mit dem Pater über die Standeswahl. Dieser rät ihr zum Gebet und empfiehlt sie dem Unbefleckten Herzen Mariens. Schon bald ist sie sicher, dass sie einem tätigen Orden beitreten will.

Lehrerin, Mutter der Armen, Spitalleiterin
Sie hat bereits eine Gemeinschaft im Kopf, als ihr ein Franziskanerpater von der geplanten Gründung einer Frauengemeinschaft durch P. Theodosius Florentini erzählt. 1845 tritt sie in die Kongregation der Lehrschwestern vom Heiligen Kreuz in Menzingen ein. Dort erhält sie den Namen Sr. M. Theresia. Noch im selben Jahr legt sie die zeitliche Profess ab und arbeitet an verschiedenen Orten als Lehrerin – obwohl ihr die entsprechende Ausbildung fehlt. Doch schon bald zeigen sich sie ihre pädagogischen Fähigkeiten. Sie will aber eine solide Ausbildung und besteht 1849 als Autodidaktin vor dem Erziehungsrat in Zug die Lehramtsprüfung. Doch statt zu unterrichten, muss sie 1850 als Armenmutter nach Näfels GL. Dort lernt sie die Not der Menschen kennen. Mit gerade einmal 25 Jahren ist sie für eine Armenhaus mit 50 Personen und eine «Industrieschule» der Gemeinde mit rund 60 Mädchen zuständig. 1851 darf sie nach Menzingen zurückkehren, wo sie in der Dorfschule unterrichtet.

Pater Theodosius Florentini war inzwischen Dompfarrer in Chur. Er erbittet sich von Mutter Bernarda Sr. M. Theresia Scherer als Leiterin zunächst des Spitals Planaterra, danach des neu gegründeten Kreuzspitals. Neben dem Spital ist Sr. M. Theresia auch noch für das Sozialwesen zuständig, ebenso ist dem Spital ein Waisenhaus angegliedert.

Abtrennung und Schuldenberg
Die Gemeinschaft in Chur wächst rasch. Doch die Stadtregierung wird argwöhnisch: «Ist das Kreuzspital eine klösterliche Niederlassung?» Gleichzeitig ist man sich innerhalb der Gemeinschaft uneinig über die Ausrichtung: das Mutterhaus in Menzingen gibt der Schule den Vorrang. 1856 werden durch einen bischöflichen Entscheid die Menzinger Schwestern und die Ingenbohler Schwestern zu zwei selbständigen Instituten erklärt: Die Geburtsstunde der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz. Mutter M. Theresia wird die erste Generaloberin; sie wird bis zu ihrem Tod 1888 immer wiedergewählt. Bereits 1855 hat Pater Theodosius den Nigg‘schen Hof, ein Bauerngut auf einem Hügel in Ingenbohl SZ, erworben. Hier entsteht das Mutterhaus der Ingenbohler Schwestern.

1857 entscheidet die Stadt Chur, dass alle nicht zum Spitalbetrieb gehörenden Personen aus Chur weggehen müssen. Im Frühjahr 1858 verlassen Mutter M. Theresia, die Kandidatinnen und Novizinnen die Stadt.

Unter der Leitung von Mutter M. Theresia entwickelt sich ein vielseitiges, weit verzweigtes Werk der Kranken- und Altenpflege, der Armen- und Behindertenfürsorge, ebenso wie der Lehrerinnen- und der Krankenpflegerinnenausbildung – auch im Ausland. In besonderer Weise kümmerte sich Mutter M. Theresia um die Fürsorge für Gehörlose.

1865 stirbt Pater Theodosius Florentini und hinterlässt aufgrund seines grossen Engagements einen Schuldenberg. Die erst 40-jährige Generaloberin übernimmt aus Pietät gegenüber dem Gründer die Schulden, obwohl sie weiss, dass sie dadurch das Werk gefährdet. Doch den Schwestern gelingt es durch Sparsamkeit, die Schulden im Laufe der Jahre zu tilgen.

Trotz der finanziellen Schwierigkeiten ermöglicht Mutter M. Theresia dank ihrer Zielstrebigkeit, Güte und vorbildhafter Frömmigkeit eine Blüte ihrer Kongregation. Sie besucht unermüdlich die verschiedenen Ordensniederlassungen.

1887 wird bei ihr ein Magentumor festgestellt. Sie stirbt nach einer Zeit grosser Schmerzen am Abend des 16. Juni 1888 im Alter von 62 Jahren mit den Worten «Himmel, Himmel!»

Bei ihrem Tod gibt es bereits 400 Niederlassungen mit 1680 Schwestern.

Der Seligsprechungsprozess begann am 11. Dezember 1949 in Chur, stagnierte aber mehrere Jahre und wurde erst 1991 wieder aufgenommen. Am 2. April 1993 wurde Mutter M. Theresia Scherer für verehrungswürdig erklärt und am 29. Oktober 1995 seliggesprochen.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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