Margaret Sinclair kam am 29. März 1900 als drittes von acht Kindern in Edinburgh (Schottland) zur Welt und wurde am 11. April 1900 in der St. Patrick's Church getauft. Die grosse Familie wohnte beengt in einer Dreizimmerwohnung inmitten der Armut des Cowgate-Viertels und hatte ständig mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ihr Vater Andrew arbeitete als Strassenkehrer. Er war zum katholischen Glauben konvertiert, damit er seine Frau Elizabeth heiraten konnte.
Margaret war als Kind schüchtern, gleichzeitig intelligent und sportlich. Sie stand ihrer älteren Schwester Bella besonders nahe: Die beiden waren selten getrennt anzutreffen und trugen später oft die gleichen (selbstgeschneiderten) Kleider, sodass sie manches Mal für Zwillinge gehalten wurden. Ihre Eltern waren fromme Menschen und gaben den Kindern den Glauben weiter: Gebet, Rosenkranz und Angelus gehörten zum täglichen Leben. Margaret hatte schon als Kind eine innige Beziehung zur Mutter Gottes. Auch dem Heiligsten Herz Jesu, Thérèse von Lisieux und Franz von Assisi galt ihre Verehrung. Margaret erzählte immer wieder, dass ihre Erstkommunion der schönste Tag in ihrem Leben war.
Margarets Mutter Elizabeth war häufig krank und hatte einen Hang zur Schwermut. Wenn sie unter der Last der Sorgen und des Alltags zusammenzubrechen drohte, hatte Margaret stets die gleiche Antwort: «Gib nicht auf!» Diese Worte waren das Markenzeichen von Margarets kurzem Leben.
Arbeiterin, Gewerkschafterin, Katholikin
Noch in der Schule musste Margaret Gelegenheitsjobs annehmen, um die Familie finanziell zu unterstützen; sie machte Besorgungen oder schrubbte Böden. 1914 mussten ihr Vater und der ältere Bruder in den Ersten Weltkrieg ziehen – für die 14-jährige Margaret war damit die Schulzeit vorbei. Sie erhielt eine Stelle in der Möbelfabrik, in der bereits ihre ältere Schwester arbeitete. Zusammen mit ihrer Schwester Bella bewirtschaftete sie nebenbei einen kleinen Garten, der von der Pfarrei zur Verfügung gestellt wurde. In der wenigen Freizeit besuchte Margaret gerne die Tanzabende der Pfarrei. Sie hatte in einem Abendkurs nähen gelernt und schneiderte nun die Kleider selbst; sie liebte es, sich modisch zu kleiden. Gleichzeitig war sie Mitglied der «Sodality of Children of Mary», deren Ziel darin bestand, Kinder und Jugendliche zu ermutigen, Jesus Christus als ihren Herrn und Erlöser durch die Verehrung seiner Mutter kennenzulernen. Durch die Mitgliedschaft lernten die Kinder resp. Jugendlichen zu beten, Opfer zu bringen und Tugenden zu praktizieren, insbesondere Reinheit und Bescheidenheit.
Die Arbeit in der Fabrik war nicht immer einfach: Einerseits wurde sie aufgrund ihres katholischen Glaubens immer wieder zum Ziel gemeiner Witze, andererseits musste die hübsche junge Frau Annäherungsversuche abwehren. Ihre Waffe war der Rosenkranz.
Sie trat der Gewerkschaft bei und wurde Gewerkschaftsvertreterin. Als solche protestierte sie, wenn die Löhne der Arbeiter ungerechtfertigt gekürzt wurden. Eine persönliche Auseinandersetzung hatte sie mit ihrem Vorgesetzten: Sie hatte unter dem Gerümpel in einem Schrank ein Bild der Muttergottes gefunden und hängte es über ihrem Arbeitsplatz auf. Der Vorgesetzte nahm es jeden Abend ab und Margaret hängte es jeden Morgen stillschweigend wieder auf.
Infolge der Wirtschaftskrise nach Kriegsende verlor Margaret ihre Stelle, fand kurz darauf aber eine neue Arbeit. In dieser Zeit machte sie mit ihrer Schwester Bella einen Urlaub am See Loch Lomond. Zum ersten Mal erlebten die in der Stadt aufgewachsenen Schwestern die Natur. Die Stille und der Vogelgesang liessen Margaret glauben, sie sei im Himmel. Hier gingen sie jeden Tag zur Heiligen Messe und empfingen die Kommunion, was damals nicht üblich war. Als Bella Bedenken äusserte, dass sie nicht fromm genug seien, um so häufig die Kommunion zu empfangen, entgegnete Margaret mit gesundem Menschenverstand: «Wir gehen nicht, weil wir gut sind, sondern weil wir gut sein wollen.» Es war in diesen Ferien, als Margaret ihrer Schwester zum ersten Mal anvertraute, dass sie sich zum Ordensleben berufen fühlte.
1922 wechselte Margaret in die Keksfabrik McVitie's, wo sie zeitweise eine Position in der Gewerkschaft innehatte. Die Fabrik lag weiter weg, sodass sie nach der Frühmesse nicht zur üblichen Danksagung bleiben konnte. Sie holte diese jeweils während der Mittagspause in St. Cuthbert’s, der nächstgelegenen katholischen Kirche, nach, weshalb sie auf das Essen verzichten musste. Da zu dieser Zeit noch ein striktes Fastengebot vor der Kommunion galt, hatte sie oft fast 20 Stunden nichts gegessen. Diese Erfahrung half ihr später im Kloster, wo es nicht immer genug zu essen gab.
Unglücklich verlobt
In dieser Zeit lernte sie Patrick Lynch kennen. Er hatte sich von der Kirche entfernt, doch Margaret gelang es, ihn zur Rückkehr zum Glauben zu ermutigen. Er verliebte sich in die junge Frau, während sie nur Freundschaft für ihn empfand. An ihrem 21. Geburtstag machte er ihr einen Heiratsantrag und drohte mit Selbstmord, falls sie ihn zurückweisen sollte. Da ihre Eltern von dieser Verbindung begeistert waren, nahm Margaret den Antrag an. Je weiter die Hochzeitsvorbereitungen fortschritten, desto verzweifelter wurde sie, da sie merkte, dass sie nicht zur Ehe berufen war. Schliesslich besprach sie die Angelegenheit mit ihrem geistlichen Begleiter und er riet ihr, die Verlobung zu lösen.
Während eines religiösen Vortrages hatte Margaret von den Klarissinnen gehört und intuitiv gespürt, dass sie dort ihre spirituelle Heimat finden würde. Als sie ihrer Schwester Bella davon erzählte, eröffnete ihr diese, dass sie selbst bei den «Little Sisters of the Poor» eintreten wolle.
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