Das Metanoia Festival in Vérolliez, St-Maurice. Foto: privat Max Ammann

Kirche Schweiz

Meta­noia Fes­ti­val 2024: Feier auf dem Märtyrerfeld

Vom 15. bis am 21. Juli 2024 fand das tra­di­ti­ons­rei­che Meta­noia Fes­ti­val in St-​Maurice im Wal­lis statt. Es ist mit sei­nem viel­fäl­ti­gen Kon­zept und Publi­kum inner­halb der katho­li­schen Fes­ti­val­szene in der Schweiz so ein­zig­ar­tig wie sein Aus­tra­gungs­ort: Das Mär­ty­rer­feld von St-​Maurice.

Tausende von Legionären legen ihre Waffen nieder und ergeben sich. Sie tun es freiwillig. Waffen und Kampferfahrung wären da. Auch wäre es einer ganzen Legion gut möglich, sich angemessen zu verteidigen. Aber die Legionäre unter der Führung von Mauritius entscheiden sich dagegen. Einerseits wollen sie sich nicht gegen den eigenen Kaiser wenden und andererseits können Sie dessen Befehl, die Einheimischen zu töten, auch nicht ausführen; aus Treue zum ewigen König im Himmel, ihrem Gott. Die Legionäre sind Christen, genauso wie die Einheimischen. Also legen Sie ihre Waffen nieder, lassen sich verhaften und nehmen den Tod durch Exekution wehrlos an. Ihr Blut tränkt das ganze Feld und vermischt sich mit der Erde. Als die rote Sonne hinter den felsigen Bergwipfeln aufgeht, werden die letzten Leichen eilig verscharrt. Die christlichen Legionäre gehen dem Licht entgegen, grüssen im Vorbeigehen das Kreuz und treten ab.
 


Im Gedenken an den hl. Mauritius und die Märtyrer der thebäischen Legion

Das Martyrium des hl. Mauritius ist eine grausame, aber auch berührende Geschichte. Die Historizität der thebäischen Legion, die im 3./4. Jahrhundert auf dem Märtyrerfeld in Vérolliez («vraie lieu») nahe St-Maurice wegen Befehlsverweigerung hingerichtet worden sein soll, ist zwar umstritten, aber die Bedeutung für das Wallis und das Gebiet der späteren Schweiz bleibt immens. Die Abtei St-Maurice verwaltet das Erbe des hl. Mauritius, vor allem den reichen Reliquienschatz, bis heute. Auf dem Märtyrerfeld erinnert eine Kapelle an die erzählten Ereignisse. Seit Jahren findet auf eben diesem Feld jährlich für eine ganze Woche ein katholisches Festival statt, das heute als «Metanoia Festival» bekannt ist. Neben allem, was so ein Festival für gewöhnlich mit sich bringt, bleibt der hl. Mauritius stets präsent: Ihm ist das grosse Theater gegen Ende der Woche gewidmet und die Geschichte des Ortes ist regelmässig Gegenstand der Predigt bei der täglichen Eucharistiefeier.
 


Ein traditionsreiches Festival im Wallis

Das Metanoia Festival hat im Wallis Tradition. Schon seit Jahren wird es von einer engagierten Gruppe von Einheimischen und Auswärtigen auf dem Märtyrerfeld organisiert. Die geistliche Schirmherrschaft liegt bei der nicht weit von Vérolliez angesiedelten Gemeinschaft Eucharistein. Nur letztes Jahr konnte das Festival ausnahmsweise nicht im Wallis stattfinden und erlaubte sich einen Ausflug nach Bethanien im Kanton Obwalden. Dort stand dann für einmal der hl. Bruder Klaus im Zentrum der Aufmerksamkeit. Auch konnte man dabei die Gemeinschaft Chemin Neuf für das Festival begeistern, die zum ersten Mal am eigentlichen Ursprungsort im Wallis für das Festival aktiv wurde. War das Metanoia Festival früher primär auf Jugendliche ausgerichtet, so hat es über die Jahre eine Transformation hin zu einem intergenerationellen Jugend- und Familienfestival durchlaufen. Das Publikum ist altersmässig gemischt und es gibt auch ein eigenes Kinderprogramm. Der Jugendcharakter macht sich vor allem noch bei den langen Gebetswachen bis tief in die Nacht bemerkbar.
 


Ein katholisches Festival mit ökumenischem Charakter

Obwohl das Metanoia Festival einen katholischen Rahmen hat, steht es für ökumenische Offenheit. Neben Katholiken sind am Festival vor allem auch Christen aus dem freikirchlichen und evangelikalen Bereich präsent. Hier beten Christen verschiedener Konfessionen miteinander, ohne die Grenzen zwischen den Konfessionen ungehörig zu verwischen. Die Gebetswache beginnt mit anregender Lobpreismusik und geht ohne Probleme in stille eucharistische Anbetung über. Vor dem Mittag wird in aller Würde Messe gefeiert und am Abend mit charismatischem Eifer um Heilung oder eine Ausgiessung des Heiligen Geistes gebetet. Bei den täglichen Vorträgen stehen Katholiken, Freikirchler, Evangelikale und Pentekostale auf der Bühne und sprechen zum jeweiligen Tagesthema. Am Nachmittag bietet die Bethel Church Workshops rund um das Thema Gottesbeziehung und Gebet an. Der ökumenische Höhepunkt ist der Gottesdienst für die Einheit der Christen am Samstagvormittag. In der Mitte stehen eine leere Hostienschale und ein leerer Kelch, die den Schmerz über die fehlende Einheit symbolisieren. Rundherum stehen Gläubige aus allen Konfessionen und beten eine nach dem anderen für die jeweils anderen Konfessionen. Viele sind nach dem Gebet gerührt, dass Evangelikale so eifrig für Katholiken beten und umgekehrt.
 


Ein Festival für Familien und Paare

Zum ersten Mal wurde das Metanoia Festival dieses Jahr mit der offiziellen Kana-Woche für Paare der Gemeinschaft Chemin Neuf kombiniert. Unter dem Namen «Kana» (nach der Hochzeit zu Kana) bietet Chemin Neuf ein breites pastorales Angebot für Paare und Familien an. Ein Kernbestandteil der «Kana»-Pastoral ist die sogenannte «Kana»-Woche. Hier können Paare jeden Alters, verheiratet oder unverheiratet, mit oder ohne Kinder, mit oder ohne kirchliche Zugehörigkeit eine Woche lang ihre Beziehung in einem christlichen Geist vertiefen. Die Teilnehmer der «Kana»-Woche haben während der Vorträge am Vor- und Nachmittag ihr eigenes Paarprogramm – für die Kinderbetreuung ist gesorgt. Ansonsten nehmen sie regulär am Festival teil. Die Kombination von Festival und Paarwoche war ein Novum, aber wurde von den Teilnehmern geschätzt.
 


So profitieren auch die «Kana»-Teilnehmer vom grossartigen kulturellen Rahmenprogramm. Hier bietet das Festival tatsächlich eine ganz eigene Qualität, die so von vergleichbaren Veranstaltungen nicht erreicht wird. Das grosse Theater über die thebäische Legion ist aufwändig und professionell inszeniert, wobei gekonnt mit Licht-, Rauch- und Soundeffekten gearbeitet wird. Am Tag zuvor präsentierte die französische Künstlerin Sophie Galitzine ihr aufwühlendes Stück «Faire corps», indem sie das heikle Thema Missbrauch und Körperlichkeit in der Kirche angeht. Sie tut es auf eine Weise, welche die Tragik unerbittlich aufzeigt, aber gleichzeitig als eine gläubige Frau, welche die Kirche liebt.

Ein Festival der Romandie für die ganze Schweiz

Seit dem letztjährigen Abstecher in die Deutschschweiz ist die Festivalorganisation um eine Öffnung zur Deutschschweiz hin bemüht. Es ist für das bisher eindeutig frankophone Festival eine Herausforderung, auf eine sinnvolle Zweisprachigkeit umzustellen, die mit Übersetzungen und einzelnen Anlässen auf Deutsch oder Englisch gemeistert werden soll. Die Teilnehmer sind etwas weniger sprachlich durchmischt als letztes Jahr in Obwalden, aber trotzdem sind einige Deutschsprachige ins Wallis gereist. Das Metanoia Festival füllt eine Lücke im katholischen Festivalreigen, das von Jugendfestivals dominiert wird. Hier campieren Jugendliche, Familien, Pensionäre, Romands, Deutschweizer, Protestanten und Katholiken eine Woche miteinander, um gemeinsam zu beten, zu lernen und Spass zu haben. Ob das Festival auch in Zukunft auf Zuspruch zählen kann, wird wohl nicht unwesentlich davon abhängen, wie sehr es den Organisatoren gelingt, die gesamtschweizerische Öffnung voranzutreiben, ohne den eigenen, frankophonen Charakter des Festivals zu verraten. Die Geschichte des hl. Mauritius und seiner Gefährten berührt auf jeden Fall weit über das Wallis hinaus.


Max Ammann

MLaw utr. iur. & BTheol. Max Ammann studiert gegenwärtig Theologie mit Spezialisierung in Kirchengeschichte an der Universität Freiburg i. Ü. Als Jurist setzt er sich vor allem mit Fragen des Staats- und Religionsverfassungsrechts auseinander.


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