Fremden- und Nächstenliebe, Gastfreundschaft, kulturelle Offenheit sind gesinnungsethische Postulate, die das einzelne Gewissen angehen. Der Staat kann das Gute in der Gesinnung seiner Bürgerinnen und Bürger nicht strukturell hervorbringen. Der Bürger muss selbst sein Gewissen an Wahrheit und Gerechtigkeit bzw. an Gott binden. Das gilt auch für den Politiker.
Es ist nicht Aufgabe des Staates, eine Gesinnungsdiktatur mit Propaganda und Zensur zu errichten, die den politischen Zielen jener dienen, die gerade an der Macht sind. Der freiheitliche Staat hat Versammlungs- und Meinungsfreiheit der Bürger zu schützen und zu garantieren. Er darf sie nicht selbst unterminieren mit Sanktionen, die angeblich seiner eigenen Delegitimierung durch die freie Meinungsäusserung der Bürger entgegenwirken sollen.
Aufgabe des Staates ist es, den Frieden im Land zu garantieren durch gerechte Verhältnisse, die durch sein Gewaltmonopol geschützt werden, z. B. Eigentum, Demonstrationsrecht und Versammlungsfreiheit. Herr im Land ist nicht der Staat, sondern der Bürger, der in einer Demokratie die Politiker wählt und ihnen ein Mandat erteilt oder auch wieder entzieht. Politiker müssen abgewählt und kritisiert werden können, falls sie ihren Auftrag nicht erfüllen. Das ist Demokratie.
Es wäre naiv zu glauben, der Friede im Land könne durch Gutmenschentum aufrechterhalten werden, indem in der Politik gesinnungsethisch argumentiert wird. Sache des Staates ist Gerechtigkeit als Interessensausgleich. In der Politik gilt der Kompromiss; das ist verantwortungsethisch. Oft bleibt nichts anderes, als zwischen latenten Übeln das Geringere unter ihnen zu wählen. Die Politik hat verantwortungsethisch vorzugehen, d. h. die Konsequenzen abzuwägen. Sie darf nicht als Gedankenpolizei agieren. Freie Meinungsäusserung und unabhängige, kompetitive Medien ohne Gleichschaltung des Denkens und ohne vorgeschriebene Meinungskorridore (vgl. die Berichterstattung in der Coronazeit und zum Krieg in der Ukraine) sind eine Voraussetzung der Demokratie. Der Bürger muss sich seine Meinung frei bilden können und darf sie bei jeder Gelegenheit friedlich äussern. Der Staat muss Rahmenbedingungen schaffen für einen freien Wettbewerb der Ideen.
Die Religion ist nicht Staatsdienerin. Sie hat dafür zu sorgen, dass Gott bekommt, was Gott gehört und der Staat, was ihm gehört. Wo der Staat, seine Gesetze und sein Machtmonopol Unrecht schaffen, muss der Bürger Gott mehr gehorchen als dem Staat und dem Staat den Gehorsam verweigern. Entscheidend ist die Bindung des Gewissens jedes Einzelnen an Gott bzw. an Wahrheit und Gerechtigkeit. Man fragt sich immer öfters, wo diese Bindung in Politik und Berichterstattung geblieben ist. Interessen waren immer schon grösster Feind der Wahrheit. Opportunisten ignorieren ihr eigenes Gewissen.
Das Existenzrecht der Religion innerhalb eines staatlichen Gefüges ergibt sich nicht aus ihrem Nutzen für den Staat. Sie darf sich ihm nicht anbiedern, indem sie ihn von ihrer eigenen Nützlichkeit für ihn überzeugen will. Die Religion bzw. der Glaube spielen in einer anderen Liga als die Politik. Sie stehen nicht auf der gleichen Ebene. Es genügt, wenn das Gewissen der Bürger sich an Gott bindet und aus diesem Grund moralisch handelt. Domäne der Religion ist das Gewissen. Domäne des Staates sind die gerechte Ordnung und das Wohl des Bürgers. Das staatliche Handeln muss sich als gerecht erweisen.
Ein Land hat nicht die Pflicht, jeden Migranten aufzunehmen. Nichtintegrierbarkeit aufgrund objektiver Hindernisse oder aufgrund von kulturell bedingter oder religiös motivierter Integrationsunwilligkeit (Parallelgesellschaften) wie auch die Grenzen der Finanzierbarkeit des Integrationsprozesses über Jahre hinweg sollten sehr gut bedacht werden (Ausbildung, Existenzsicherung aus eigener Kraft, Arbeit). Hier geht es nicht um Gesinnung, sondern um Zahlenverhältnisse. Die Probleme müssen lösbar bleiben. Beschwörungen wie «Wir schaffen das!» helfen nicht weiter.
Ein Vergleich: Jedes verantwortlich handelnde Elternpaar wird sich vernünftigerweise zweimal überlegen, ob es ein fremdes Kind adoptieren, in die bereits bestehende eigene Familie integrieren und seine Entfaltung und Ausbildung garantieren kann, bevor es sich zu einem solchen Schritt entscheidet. Seine Ressourcen zum Helfen sind begrenzt. Diesbezügliche verantwortungsethische Überlegungen werden mit jedem weiteren Kind umso dringlicher. Alles andere wäre trotz guter Gesinnung unverantwortlich. Das Gleiche gilt mutatis mutandis für die Migration. Verantwortung im Kontext der Migration (notwendige, eventuell restriktive Massnahmen wie Grenzkontrollen, Regulierung der Ausgaben in diesem Bereich) hat nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun.
Die Probleme, welche die Immigration löst und jene, die sie stellt, müssen in einem ausgewogenen Verhältnis bleiben. Dass das so schwer zu begreifen ist, verwundert im aktuellen Diskurs. Der Vorwurf trifft Leute innerhalb der Kirche umso stärker, als die Kirche nie etwas anderes gelehrt hat. Die Würde des Menschen ist unantastbar, ja, aber so wenig unendlich bzw. unbegrenzt wie seine Rechte. Seine Ansprüche sind im Fall der Migration nicht zuletzt durch die Ressourcen des Gastgebers begrenzt. Der Staat hat für stabile und geordnete Verhältnisse zu sorgen. Kann der Staat sie aufgrund einer aus den Fugen geratenen Immigration (Kriminalität; nicht finanzierbare Sozialleistungen; Überforderung der Kommunen; Überlastung der Infrastruktur usw.) nicht länger garantieren, muss er Massnahmen ergreifen, welche die Immigration und die mit ihr verbundenen Probleme begrenzen. Das sollte eigentlich jedem einleuchten. Warum es das nicht tut oder notwendige Massnahmen fehlen, hat andere Gründe als mangelnde Einsicht.
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Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
2241 Die wohlhabenderen Nationen sind verpflichtet, so weit es ihnen irgend möglich ist, Ausländer aufzunehmen, die auf der Suche nach Sicherheit und Lebensmöglichkeiten sind, die sie in ihrem Herkunftsland nicht finden können. Die öffentlichen Autoritäten sollen für die Achtung des Naturrechts sorgen, das den Gast unter den Schutz derer stellt, die ihn aufnehmen. Die politischen Autoritäten dürfen im Hinblick auf das Gemeinwohl, für das sie verantwortlich sind, die Ausübung des Einwanderungsrechtes verschiedenen gesetzlichen Bedingungen unterstellen und verlangen, daß die Einwanderer ihren Verpflichtungen gegenüber dem Gastland nachkommen. Der Einwanderer ist verpflichtet, das materielle und geistige Erbe seines Gastlandes dankbar zu achten, dessen Gesetzen zu gehorchen und die Lasten mitzutragen (Vgl. dazu auch CEC 2237).
Das Gemeinwohl, dass christliche Erbe steht im Vordergrund, und Migranten welche das geistigen Erbe des Gastlandes nicht achten, sollen das Land verlassen.
Noch das Argument der Gutmenschen, die Heilige Familie waren auch Flüchtlinge. Ja das waren sie, haben aber Ägypten wieder verlassen und sind in die Heimat zurückgekehrt.
Diesbezügliche verantwortungsethische Überlegungen werden mit jedem weiteren Kind umso dringlicher. Alles andere wäre unverantwortlich.
Aber genau die Überlegung und Ausführung verbietet die kath. Kirche und nennt es eine schwere Sünde.