So wie ich es empfinde, stehen wir Katholiken nicht am Anfang eines neuen Weges, wie gesagt wird. Wir sind auf einen bestimmten, konkreten Weg gerufen. Wir haben ein klares Ziel, unser ewiges Heil bei Gott. Wir haben die nötigen Mittel, es zu erreichen: die Gnade Gottes, die Sakramente und die Lehre unserer mater et magistra, der Heiligen Kirche. Und wir haben den eindeutigen Auftrag, alle Menschen (zu denen Gott uns schickt) zu Jüngern unseres Herrn und Erlösers zu machen und sie alles zu lehren, was er uns geboten hat.
Was sich heute in unserer Kirche abspielt, erinnert mich an einen Aphorismus, den ich einmal gelesen habe: «Viele Menschen suchen Gott aus Angst, ihn zu finden.» Man könnte auch sagen: Viele Menschen verweigern sich einer echten Beziehung zu Gott. Sie haben Angst, eine solche könnte ihre Selbstverwirklichung stören. Doch was ist wahre christliche Selbstverwirklichung, wenn nicht Verwirklichung des Willens Gottes mit mir? Dieser Realität sucht die Kirche heute auszuweichen, indem sie Abstriche macht an der ganzen, herausfordernden Lehre unserer Kirche, an der ganzen Grösse und Herrlichkeit Gottes. Einen Gott, der herrscht, darf es nicht mehr geben. Einen Vater, der uns ein echter Vater sein will, der uns erzieht und uns fordert und nötigenfalls auch straft oder anders ausgedrückt, der uns fördert, ist nicht mehr zumutbar. Ein Gott, der immer und überall im Zentrum steht, steht uns überall im Wege.
Ja, wir müssen wieder viel mehr auf Gott hören, uns fragen, was Gott will. So wie ich den synodalen Weg erlebe, müsste der Herr, wenn er heute kommen würde, auch uns sagen: «Ihr habt nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen!» (vgl. Mt 16,23).
Wir sind zur Heiligkeit berufen. Doch was ist Heiligkeit hier auf Eden? Die Schrift «Heiligkeit für Anfänger» definiert es so: «Heiligkeit ist die tiefe Beziehung zu Gott, ein wunderbares und unergründliches Zusammenspiel von Gott und Mensch, von Gnade und Bemühen.»
Wie gesagt, der Mensch von heute fürchtet sich vor einer solchen Beziehung. Wir sollten uns aber bewusst werden und verkünden, dass nur aus einer solchen Beziehung heraus wir in der Lage sind, schon hier und jetzt eine bessere Welt zu schaffen. Darum: «Kehrt um, ihr Söhne Israels, zu ihm, von dem ihr euch so weit entfernt habt» (vgl. Jes 31,6).
Gastkommentare spiegeln die Auffassungen ihrer Autorinnen und Autoren wider.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Zur Heiligkeit berufen: das wird zumeist pelagianisch verstanden, als müssten wir aus uns eine Leistung zu bringen, um moralisch gut zu werden.
Gemeint ist das Gegenteil: wir sollen Gottes Gnade annehmen um im Licht stehen zu können.
Wir sind zur Heiligkeit Gottes berufen, bei Ihm zu sein - wie die Zebedäusmutter für ihre Söhne erbeten hatte. Dafür muss man den Kelch (selber) trinken, aber die Gnade zu geben, ist Sache der Vorsehung (Vater) und nicht der Ausführung (Sohn).
DAs ganze Gnadenkonzept der Kirche steht seit dem Konzil auf dem Kopf, wo die Menschenwürde in den Mittelpunkt gerückt wurde. Aber Thomas von Aquin definiert die Menschenwürde im Naturrecht als Gottebenbildlichkeit. Diese wird vom Vater gegeben: Mein Sohn bist du.