In der frühen Kirche wurden Leiden, Tod und Auferstehung des Herrn, was wir heute an drei Tagen, begehen, in einer einzigen Nachtwache gefeiert. Sie fand ihre Vollendung in der Feier der Eucharistie im Licht des anbrechenden Ostermorgens, denn gemäss dem Osterevangelium kamen die Frauen am Morgen des ersten Tages der Woche zum leeren Grab.
Nicht so im «Glaubensraum Brig Glis Naters Mund». Geht es nach dessen Seelsorgeteam, sollen in der Osternacht nur «Wort-Gottes-Feiern» stattfinden. Begründet wird dies ausgerechnet mit einem Verweis auf das Evangelium:
«Die Begegnung mit dem Auferstandenen – sprich, die leibhaftige Begegnung mit Jesus – erlebten die Jüngerinnen und Jünger damals erst am Ostersonntagabend … bis dahin wussten sie nur, dass Jesus am Kreuz gestorben [ist] und sein Leichnam nicht mehr im Grab gelegen hat.» Diesen Ursprungsgedanken unseres Osterglaubens» nimmt das Team nun auf und feiert in der Osternacht eine «Licht-Wort-Gottes-Feier».[1]
Die Verantwortlichen blenden dabei aber geflissentlich aus, dass das Paschamysterium untrennbar mit der Feier der Eucharistie verbunden ist – ja, das «eucharistische Opfer ist Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens» («Lumen Gentium» 11).
Die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils führt dazu weiter aus:
«Aus apostolischer Überlieferung, die ihren Ursprung auf den Auferstehungstag Christi zurückführt, feiert die Kirche Christi das Pascha-Mysterium jeweils am achten Tage, der deshalb mit Recht Tag des Herrn oder Herrentag genannt wird. An diesem Tag müssen die Christgläubigen zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken und Gott dankzusagen, der sie ‹wiedergeboren hat zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten› (1 Petr 1,3)» («Sacrosanctum Concilium» 106).
Ausgerechnet in der Osternacht – der Nacht aller Nächte – den Gläubigen vorsätzlich die Eucharistiefeier vorzuenthalten und damit den Kern des Paschamysteriums bedeutet, in letzter Konsequenz die Substanz des christlichen Glaubens zu negieren.
Fehlende theologische Basiskenntnisse
Das Seelsorgeteam bezeichnet die «Licht-Wort-Gottes-Feier» und die «Eucharistie der Auferstehung» als «Variationen» und schreibt: ««Vielleicht muss, um ‹seine eigene spirituelle Vorliebe zu erfüllen› auch ein Weg auf sich genommen werden, den auch die ersten Jüngerinnen und Jünger auf sich nahmen, als sie sich vom ‹sicheren› Abendmahlssaal hinausgingen und sich auf den Weg machten, ‹um den Auferstandenen zu treffen›».
In eine ähnliche Richtung geht der Satz im Pfarrblatt, dass Wortgottesfeiern, die in Naters und Mund bereits seit fünf Jahren bekannt sind, für Glis «ein neues Glaubenserlebnis» sein werden.
In der Feier der Osternacht geht es jedoch nicht um irgendwelche spirituelle Vorlieben oder um vermeintliche neue Glaubenserlebnisse, sondern um das gemeinsame Bekenntnis und gemeinsame Feiern unseres Glaubens. Die Feier der Osternacht ist auch keine normale Messe, sondern eine einmalige Liturgie mit Lichtfeier, Wortgottesdienst, Tauffeier und Eucharistie. Die «Licht-Wort-Gottes-Feier» als eine Variation davon zu bezeichnen, zeugt von erschreckender theologischer Ignoranz.
Auch sonst bekundet der Verfasser oder die Verfasserin des Artikels Mühe mit der Liturgie. So ist zu lesen: «An zwei Zelebrationsorten (Brig, Blatten) feiern wir die traditionellen Ostermessen mit Eucharistie und Kommunion.» Nur ist bekanntlich jede Messe eine Eucharistie und in jeder Messe/Eucharistiefeier gibt es die Kommunion. Hier wird also dreimal das Gleiche wiederholt. Es fällt weiter auf, dass im Artikel konsequent von «Jesus» die Rede ist; das Wort «Christus» wird nicht verwendet.
Damit die Gläubigen sich auf dieses Neue einlassen, wird noch etwas moralischer Druck ausgeübt. «Doch wir bitten als Seelsorgeteam alle Mitfeiernden darum, sich auf diese Feiern ‹einzulassen› und sich ein klein wenig auch auf die ersten Jüngerinnen und Jünger einzulassen … die dem ‹leibhaftigen› Jesus nicht schon am Samstag, sondern erst am Ostersonntagabend begegnet sind.» Wer kann es da wagen, nicht dem Beispiel der ersten Jüngerinnen und Jünger zu folgen und die Feier der Osternacht zu verlangen?
Was das Ganze noch schlimmer macht: Die Einführung dieser «Licht-Wort-Gottes-Feiern» ist nicht auf einen Priestermangel zurückzuführen: Im «Glaubensraum» gibt es gemäss Pfarrblatt sechs Priester.
Die Mitteilung im Pfarrblatt weist darauf hin, dass die Entscheidung zu solchen Wortgottesdiensten vom Seelsorgeteam im Alleingang getroffen wurde. Das Kirchenvolk blieb dabei offensichtlich aussen vor: So sieht also die «Synodale Kirche von morgen aus».
Bistum: Wortgottesdienste haben einen eigenen theologischen Wert
Im aktuellen Mitteilungsblatt der Diözese Sitten wird darauf hingewiesen, dass die liturgische Praxis für die Zeit von Gründonnerstag bis Karsamstag keine Messen vorsieht, ausser der Chrisammesse und der Abendmahlsmesse am Gründonnerstagabend. Diese gelte auch für Beerdigungen. Damit hätte es sein Bewenden haben können, doch das Bistum nutzt den Hinweis, um sich für Wortgottesdienste stark zu machen: Manche hätten Mühe mit Wortgottesdiensten. «Dabei wird vergessen, dass das Wort Gottes für die Kirche von grundlegender Bedeutung ist. Liturgische Bücher verändern sich im Laufe der Zeit, doch die Bibel bleibt.» Dann verweist das Bistum auf eine «Spitzenaussage» aus «Dei Verbum»: «Die Kirche hat die Heiligen Schriften immer verehrt wie den Herrenleib selbst, weil sie, vor allem in der [heiligen] Liturgie, vom Tisch des Wortes Gottes wie des Leibes Christi ohne Unterlass das Brot des Lebens nimmt und den Gläubigen reicht» (Dei Verbum Nr. 6).
Die Bedeutung des Wortes Gottes für das christliche Leben könne nie hoch genug eingeschätzt werden. «Das zeigt sich schon darin, dass es nie einen Gottesdienst und auch keine Spendung eines Sakramentes gibt, in dem nicht auch das Wort Gottes verkündigt wird. Hingegen gibt es Gottesdienste ohne die Feier der Sakramente.»
So berechtigt der Hinweis ist, dass Wortgottesdienste einen eigenen theologischen Wert haben, so offensichtlich werden hier in unzulässiger Weise Wort Gottes und Sakramente gegeneinander ausgespielt. So ziemlich das pure Gegenteil dessen, was das katholische Glaubensverständnis in seinem Kern ausmacht.
Das Bistum Sitten hat auf die Nachfrage von «swiss-cath.ch» bis zum Erscheinen des Artikels nicht geantwortet.
[1] Alle Zitate aus dem Pfarrblatt April 2025.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Zuerst einen grossen Dank an Frau Schärer für ihren Anfangsbericht - wie auch immer Sie zu dieser Info gelangt sind. Schön zu hören, dass es katholische Gläubige gibt, die sich für die eucharistische Wahrheit einsetzen und um sie kämpfen 🙏
Und Ihnen Herr Stefan Fleischer würde ich zu gerne einmal begegnen, um Ihnen die Hand zu reichen. Ihre Worte haben mich sehr beeindruckt. Grosses "Vergelt's Gott"
Allen gnadenvolle Osteroktav
Ich weiss nicht, was die genaue Motivation war, in der Osternacht Wort-Gottes-Feiern anzubieten. Als Gläubiger des Bistums Basel kann ich nur generell etwas zu dieser Art der Liturgie schreiben. Ich teile die Auffassung von Frau Schärer, dass Wortgottesdienste nicht grundsätzlich schlecht sind. Schlussendlich ist ja jeder Rosenkranz und jedes Gebet auch ein Wortgottesdienst. Ich glaube, in der heutigen Zeit, in der das Bibelwissen sehr spärlich vorhanden ist, hätten eigenständige Wort-Gottes-Feiern einen grossen Wert. Das Problem ist aber, dass die meisten Wortgottesdienste als Simulation der Heiligen Messe gestaltet werden und nur dazu dienen, Priester durch Laientheologen und ständige Diakone zu ersetzen. Im Bistum Basel, in dem fast jeder zweite Gottesdienst ein Wortgottesdienst ist, hat diese Praxis zu verheerenden Folgen geführt. Die Kirchen sind entleert und viele Menschen kennen nicht mehr den Unterschied zwischen einer Heiligen Messe und einem Wortgottesdienst. Zudem gibt es keine Priesterberufungen mehr und jetzige Priester verabschieden sich geistig aus den sogenannten Pastoralräumen, da sie das fünfte Rad am Wagen sind und an den Rand gedrängt werden. Wenn wir von Synodalität reden, dann müssen auch empirische Erkenntnisse berücksichtigt werden. Wenn man es nicht schafft, den Wortgottesdiensten einen eigenständigen Charakter zu geben, sondern sie als Ersatz für die Heilige Messe instrumentalisiert, scheitern sie. Das Beispiel des Bistums Basel zeigt dies deutlich. Daher hoffe ich, dass im Bistum Sitten nicht der gleiche Weg gegangen wird, sondern sich alle Verantwortlichen genau überlegen, wie man diese Liturgie segensreich für die Gläubigen einsetzen kann. Was ich mir wünschen würde: In allen Bistümern sollte es strikt verboten werden, Wortgottesdienste MIT Kommunionfeiern durchzuführen. Solange Kommunionfeiern erlaubt sind, werden Laientheologen immer in der Versuchung sein, die Wortgottesdienste als Simulation der Heiligen Messe zu gestalten.
Ich wünsche Ihnen, Pfarrer Brunner, und allen anderen ein frohes Osterfest.
Sie haben Recht. Da ist der Ärger über diese «zukunftsweisende» Kirche mit mir durchgegangen. Ich wollte niemanden beleidigen. Ich versuchte nur zu sagen, dass eine Kirche, in der «jeder macht/glaubt, was er will, keiner macht/glaubt, was er soll, aber alle machen/glauben mit nur einem gefallen kann, dem Lügner und Verwirrer von Anbeginn.
Beten wir, dass es dem zukünftigen Papst gelinge, in unserer Kirche Gehorsam und Friede wieder herzustellen. Denn: «Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern ein Gott des Friedens, wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist» (1.Kor 14,33)
Wer Katharina Emmerich gelesen hat versteht dass Jesus schon am Abend seiner Mutter erschienen ist. Was eigentlich ganz logisch ist.
Wenigstens gab es in Brig eine feierliche Osternachtsmesse. Ebenfalls bei den Piusbrüdern in Glis. Wer diesen vorwirft sie seien nicht Papsttreu, stelle ich fest dass unsere Kirche schon lange nicht mehr Papsttreu ist. Das sieht man auch am Priesternachwuchs. Orden mit klaren Richtlinien haben genügend Jungpriester. ( unsere Diözese = 0 )
Ich hoffe dass das in Glis ein einmaliger Versuch war.
Trotzdem allen gesegnete Ostertage
Die Osternacht am Sonntagmorgen ist eine (erste) Abirrung aus den 50er Jahren.
Die Auferstehung geschah nach einem lesenswerten Buch eines Archeologen nach Dämmerungseinfall am Samstag abend (automatisches Anzünden der Lichter in der Grabeskirche), was eben vom Freitag her den 3. Tag gibt.
Die Formulierung valde mane prima sabbatorum heisst "am Anfang des neuen Sabbat" welches der Sonntag ist. Er geht liturgisch vom Samtag abend, dieser ist der Gipfel der Fastenzeit, mit dem Ewigen Licht vor Augen.
Was das Wort Gottes anbelangt, geschieht hier eine Verunehrung, weil ja das Ewige Wort sich im Menschen Christus gezeigt und durch Seinen Tod zurück zum vater führt - was liturgisch in der Messe geschieht.
Es ist ein Widerspruch, von "Glaubensraum" zu reden und die Messe auszuschliessen. Was soll der Unsinn Wort-Licht-Feier, als eine pyschologische Konstruktion, um das Sakrament abzuschaffen.
Pfarrer Brunner ist leider ganz auf der neuen Ideologie, die nun auch im Bistum Sitten flächenbrandig ausgewalzt wird. Seit 30 Jahren Priester, muss man sagen "verzeih ihm, er weiss nicht was er tut". Die ganze Priesterausbildung und neuerdings deren Cancelierung in den psychologischen Assessments zielt in Richtung Abschaffung des Christus; der Mensch kann sich mit eigener Produktion erlösen.
Nur ist das keine Liturgie, welche Gott mit Seinem Werk rühmt.
Rosmarie Schärer darf sich gern bei mir für Informationen melden ... bevor sie einen Artikel verfasst. Ein wenig Recherche täte hier sicherlich gut und tut auch Not.
Allen ein gesegnetes Osterfest.
Pfarrer Brunner Jean-Pierre, Glaubensraum Brig-Glis-Naters-Mund
Sehr geehrter Pfarrer Brunner
In unserem Beitrag ging es nicht um die Viefalt der Gottesdienste im "Glaubensraum Brig-Glis-Naters-Mund", sondern einzig um die Tatsache, dass Sie ausgerechnet in der Osternacht, dem höchsten Fest für uns Katholiken, an einigen Orten keine Eucharistie feiern. Wenn Sie meinen Beitrag aufmerksam gelesen haben, werden Sie bemerkt haben, dass ich keineswegs etwas gegen Wortgottesdienste habe, nur ist die Osternacht klar der falsche Ort. In diesem Sinn ist Ihr Vorwurf der mangelnden Recherche haltlos.
Ich möchte wiederholen: An Ostern geht es nicht um liturgische Vielfalt, sondern um die Feier unseres Glaubens, der in der Eucharistie seine Quelle und seinen Höhepunkt findet.
Ich wünsche auch Ihnen ein frohes Fest der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus.
Rosmarie Schärer
Ich nehme an, dass Sie bereits orientiert sind. Ich kann es trotzdem nicht lassen Sie eindringlich zu bitten, in unserem Bistum (wo Ähnliches auch vorkommt, und via Bischofskonferenz in der ganzen Schweiz) diesem Betrug an uns einfachen Gläubigen einen Riegel zu schieben. Haben wir nicht das Recht, dass uns nicht diese Quelle und Höhepunkt unseres Glaubens ohne absolut zwingenden Grund vorenthalten und durch irgendeinen Wortgottesdienst oder sonst etwas ersetzt wird? Müssen wir es uns wirklich gefallen lassen, dass Postoralraum- und/oder Pfarreiverantwortliche uns eine neue, andere Lehre als jene unserer Heiligen, universellen Kirche in Wort und Tat aufzuzwingen versuchen? Dass solches sicher nicht die Stimme des Heiligen Geistes sein kann, dürfte wohl klar sein. Zu befürchten ist, dass die Heilige Eucharistie, ja die ganze katholische Liturgie langsam aber sicher abgeschafft und der Fantasie der einzelnen Vorstehenden überlassen werden soll. Dass auch solche Tendenzen sich immer mehr ausbreiten, vielfach in bester Absicht, aber immer mehr auch ganz bewusst, sollte auch Ihnen bekannt sein. Die Frage ist, ob das nicht deutlich die Handschrift des Antichristen ist.