Christinnen in Nigeria. (Bild: Adeyemi Emmanuel Abebayo/Unsplash)

Weltkirche

Nige­ria­ni­scher Kar­di­nal ver­rät, warum das Glau­bens­le­ben sei­ner Lands­leute so leben­dig ist

Nach­dem Nige­ria als Land mit dem welt­weit höchs­ten Anteil an Mes­se­be­su­che­rin­nen und Mess­be­su­chern ein­ge­stuft wurde, hat der jüngste Kar­di­nal des afri­ka­ni­schen Lan­des einige der Geheim­nisse für das leben­dige sakra­men­tale Leben in sei­nem Land verraten.

Eine kürzlich durchgeführte Studie ergab, dass 94 Prozent der 30 Millionen Katholikinnen und Katholiken in Nigeria angeben, mindestens einmal pro Woche oder öfter die Messe zu besuchen. In Deutschland liegt der Anteil bei etwa fünf Prozent.

Kardinal Peter Ebere Okpaleke, 59, der die südnigerianische Diözese Ekwulobia leitet, sieht drei Schlüsselfaktoren für die aktive Teilnahme der Katholiken in Nigeria.

In einem Interview mit CNA, der englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch, sagte Okpaleke, er glaube, dass die traditionelle Weltanschauung Nigerias, die Rolle der Familie und das Gemeinschaftsgefühl in den Pfarreien die Nigerianer Generation für Generation an die Sakramente gebunden hätten.

Bewusstsein für Gottes Gegenwart
Die nigerianische Gesellschaft als Ganzes habe eine «traditionelle Weltanschauung», die die Gegenwart Gottes im Leben und in der Gesellschaft anerkennt, so Okpaleke. Die Nigerianer haben nicht aus den Augen verloren, wie die geistliche Welt das tägliche Leben durchdringt. «Es gibt ein allgemeines Bewusstsein für die Rolle des Göttlichen im menschlichen Leben. Dieses Bewusstsein führt dazu, dass die Katholikinnen und Katholiken die Messe besuchen, um Christus in der Eucharistie zu begegnen», sagte der Kardinal.

Er wies darauf hin, dass die hohe Zahl der Messbesucher «quer durch die Einkommensschichten» gehe, wobei Arme und Reiche, Ungebildete und Gebildete alle durch eine gemeinsame Sehnsucht nach Gott zu den Sakramenten hingezogen würden.

In anderen Teilen der Welt, wo die Säkularisierung den Sinn für das Göttliche verkümmert hat, kann die Kirche davon profitieren, indem sie betont, dass sie ein «Tor» ist, das den «inneren Hunger des Menschen nach einer Beziehung zum Göttlichen» stillt, sagte er.

Die Familie als «Hauskirche»
In Nigeria gebe es ein ausgeprägtes Gefühl dafür, dass «die Familie die Hauskirche» ist, ein Begriff, der von den frühen Kirchenvätern verwendet und von Johannes Paul II. in «Familiaris consortio» hervorgehoben wurde. Die Familie wird als der wichtigste Ort angesehen, an dem der «Glaube an die nächste Generation weitergegeben wird», so Okpaleke.

Der Kardinal wies darauf hin, dass die Familie zwar «aufgrund der sozioökonomischen und kulturellen Situation in Nigeria unter grossem Druck steht», die meisten Familien diesem Druck jedoch standgehalten und «aus dem Glauben geschöpft haben, um die ihnen gestellten Herausforderungen zu meistern».

Er empfahl den Katholikinnen und Katholiken auf der ganzen Welt, «der Familie als Hauskirche pastorale Aufmerksamkeit zu schenken, denn dort wird die Glaubenserfahrung eines jeden Menschen geformt».

Sinn für Gemeinschaft
Die katholischen Pfarreien und Diözesen in Nigeria vermittelten den Menschen ein starkes Gefühl von «Gemeinschaft und Zugehörigkeit».

«Im Grossen und Ganzen fühlen die Menschen ein Gefühl der Gemeinschaft in der Kirche», sagte Okpaleke. Der Kardinal hat dies in seiner eigenen Diözese, die erst drei Jahre alt ist, aus erster Hand erfahren, wo sich die Diskussionen der Diözesansynode zur Synodalität wie «traditionelle Sitzungen auf Dorfplätzen anfühlten, bei denen Angelegenheiten, die für die Gemeinschaft von Interesse sind, diskutiert wurden».

Okpaleke leitet die südnigerianische Diözese Ekwulobia, eine neue Diözese, die im Jahr 2020 gegründet wurde. Bei der Gründung der Diözese inmitten der COVID-19-Pandemie und der darauf folgenden wirtschaftlichen Herausforderungen war der Kardinal berührt, wie die Katholikinnen und Katholiken in seiner Diözese «mit Freude Opfer für das Wachstum unserer Diözese gebracht haben und weiterhin bringen».
Er arbeitet nun daran, ein diözesanes Exerzitienzentrum zu errichten, das auch als Zentrum für die ständige Weiterbildung von Priestern und katholischen Laien dienen kann.
«Die Gründung der Diözese hat sowohl bei den Priestern als auch bei den Laien so viel Freude und Energie freigesetzt. Die neue Diözese wurde von allen als ihr Projekt aufgegriffen», sagte er.

Was die Welt von Nigeria lernen kann
Der Kardinal sieht die hohe Zahl der Gottesdienstbesucher in Nigeria als «Anlass zur Freude und als Herausforderung», sich für den Erhalt «dieses unschätzbaren Geschenkes Gottes» einzusetzen.

Okaleke attestiert, dass der lebendige Glaube in Nigeria zum Teil das Ergebnis von Missionaren ist, die das Evangelium in das Land gebracht haben. «Es gab eine Zeit, in der der Prozentsatz der Gottesdienstbesucher in einigen Teilen der Welt bei fast 100 Prozent lag. Das hat sich an vielen Orten geändert», sagte er. «Es ist daher wichtig, dass die Kirche in diesen Gebieten darüber nachdenkt, was den Wandel in der Weltanschauung verursacht hat, der zum Rückgang des Gottesdienstbesuchs geführt hat.»

Heute entsendet Nigeria Priester in den Dienst der Kirche in Europa und den Vereinigten Staaten, wo die Zahl der Priester zwischen 1970 und 2020 um 70 Prozent zurückgegangen ist.

Okpaleke, der 2022 von Papst Franziskus zum Kardinal ernannt wurde, betonte die wichtige Rolle der Familie und der Pfarrgemeinden, die einen lebendigen Glauben pflegen. «Die Kirche als Gemeinschaft muss auch danach streben, die Sehnsucht der Menschen nach Liebe, Gemeinschaft und Zugehörigkeit zu verkörpern, um Jesus wirksam zu verkünden», sagte er.


Originalbeitrag auf CNA Deutsch


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