Notre Dame de Paris. (Bild: Erzdiözese Paris)

Weltkirche

Notre Dame de Paris: Suc­cisa virescit

Am 15. April 2019 schaute die Welt geschockt nach Paris, als bei Reno­vie­rungs­ar­bei­ten auf dem Dach der Kathe­drale «Notre-​Dame de Paris» ein Feuer aus­brach. Es zer­störte Dächer und Dach­stuhl, Teile der Gewölbe sowie den Vie­rungs­turm. Prä­si­dent Macron kün­digte damals den Wie­der­auf­bau des goti­schen Got­tes­hau­ses innert fünf Jah­ren an. Es hat etwas län­ger gedau­ert: Am 7. und 8. Dezem­ber fin­det die fei­er­li­che Wie­der­öff­nung der Kathe­drale statt.

Die frühgotische Kathedrale auf der Seine-Insel «Île de la Cité» ist ein Wahrzeichen von Paris und bildet im wahrsten Sinne des Wortes die Mitte Frankreichs: Auf ihrem Vorplatz liegt der «Point Zéro»; vom offiziellen französischen Nullpunkt werden alle Entfernungen in andere französische Städte berechnet.

Der Vorgängerbau der Kathedrale stammt aus dem 6. Jahrhundert. Mit dem Bau der heutigen Kathedrale wurde 1163 begonnen. Das monumentale Kircheninnere mit fünf Schiffen ist 130 Meter lang und 35 Meter hoch. Die beiden Türme der Fassade erreichen 69 Meter Höhe.

Während der Französischen Revolution wurde «Notre Dame» entweiht und diente zunächst als «Tempel des Höchsten Wesens», später als Weinlager. 1802 erlaubte Napoleon wieder ihre Nutzung für Gottesdienste; im Dezember 1804 krönte er sich hier in Anwesenheit von Papst Pius VII. selbst zum Kaiser Frankreichs.

Wiederaufbau mit kritischen Stimmen
Bereits in der Brandnacht hat Präsident Macron Reiche und CEO von grossen Firmen um Hilfe gebeten. Als Erste sagte die Familie Pinault (Gucci) eine Spende von 100 Millionen Euro zu. Bernard Arnault folgte mit der 200-Millionen-Euro-Spende. Über 340 000 Spenderinnen und Spender aus 150 Ländern haben rund 850 Millionen Euro gegeben.

Das Erzbistum Paris musste einen eigenen Spendenaufruf starten, denn das Kirchengebäude gehört dem Staat, für die Inneneinrichtung ist die Diözese verantwortlich.

Am 9. Dezember 2021 wurde die Neugestaltung des Innenraumes von der zuständigen «Commission nationale du patrimoine et de l’architecture» abgesegnet. Medien benutzten für die vorgesehene Umgestaltung Wörter wie «Flughafen» oder «Disneyland». Die Vereinigung «Avenir de la Culture» appellierte in einem «Offenen Brief» an den Erzbischof von Paris, Mgr. Laurent Ulrich, das kulturelle und religiöse Erbe von «Notre Dame» zu erhalten. Ohne Erfolg.

Am 8. Dezember 2023 kündigte der französische Präsident Emmanuel Macron die Installation zeitgenössischer Glasfenster in der Notre-Dame an, dies, obwohl die ursprünglichen Fenster beim Brand nicht beschädigt worden waren. Eine Online-Petition zur Rettung der Kirchenfenster erreichte mehr als 200 000 Unterschriften. Im Juli 2024 sprach sich die Nationale Kommission für Kulturerbe und Architektur auf der Grundlage zweier technischer und historischer Gutachten einstimmig gegen den Einbau der neuen Kirchenfenster aus. Trotzdem berief die Kulturministerin Rachida Dati im September eine Sitzung ein, um «die verschiedenen Vorschläge für die modernen Ersatzstücke zu prüfen». Rund 110 Teams von Künstlern und Glasmachern hatten Projekte für moderne Glasfenster eingereicht. Nach der negativen Beurteilung durch die Kommission hatte einer der fünf Finalisten sein Projekt zurückgezogen.
 


Am 13. November 2024 wurde bekannt, dass die Erzdiözese Paris sieben zeitgenössische Wandteppiche der Künstler Miquel Barcelo und Michael Armitage für die Kathedrale in Auftrag gegeben hat. Die Wandteppiche werden im nächsten Jahr in den nationalen Fabriken von Gobelins und Beauvais sowie in einer privaten Werkstatt in Aubusson gewoben.

Der Modedesigner Jean-Charles de Castelbajac hat für die Eröffnung die liturgischen Gewänder entworfen. Diese sollen später für alle grossen gemeinsamen Gottesdienste wie z. B. die Chrisammesse genutzt werden. Nach Abschluss der Eröffnungsfeierlichkeiten – diese dauern bis Pfingsten 2025 – erhält jede Pariser Pfarrei ein Messgewand.

Die Gesamtkosten für den Wiederaufbau der Kathedrale Notre Dame beliefen sich laut Elysee auf rund 700 Millionen Euro, an der sich rund 250 Unternehmen und Ateliers beteiligten. Rund um die Kathedrale sind weitere Arbeiten geplant, so soll zum Beispiel das Aussengelände neu gestaltet werden.

Am 29. November wird Präsident Macron die Baustelle ein letztes Mal besuchen, um sich bei all jenen bedanken, die zum Gelingen des Projektes beigetragen haben. Mit dem Besuch Macrons schliesst die Grossbaustelle offiziell.

Grosse Eröffnungsfeierlichkeiten
Die Vorfreude auf die Wiedereröffnung der Kathedrale steige, sagte der Erzbischof von Paris, Laurent Ulrich. Am Samstag, 7. Dezember, beginnen die Feierlichkeiten am späten Nachmittag mit der offiziellen Zeremonie und der Rede des Staatspräsidenten. Der Präsident wird auf dem Vorplatz der Kathedrale – die strikte Trennung von Kirche und Staat in Frankreich erlaubt es Macron nicht, seine Rede in der Kirche zu halten – vor zahlreichen ausländischen Staats- und Regierungschefs sprechen.

Im Anschluss wird Erzbischof Laurent Ulrich mit seinem Bischofsstab an die geschlossene Tür von Notre Dame klopfen. Darauf erklingt in der Kathedrale dreimal der Psalm 121, danach öffnen sich die Türen der Kathedrale. Der Eröffnungsgottesdienst besteht aus drei Teilen: dem Erwachen der grossen Orgel, deren 8.000 Pfeifen gereinigt beziehungsweise restauriert wurden, dem Singen des Offiziums und dem Schlusssegen durch den Erzbischof.
Im Anschluss ist auf dem Vorplatz der Kathedrale eine Aufführung mit Schauspielern, Tänzern und Musikern geplant.

An der Eröffnungsmesse am Sonntag, 8. Dezember, dem Hochfest Maria Empfängnis, werden um 10.30 Uhr fast 170 Bischöfe aus Frankreich und der ganzen Welt teilnehmen. Die 106 Pfarreien der Diözese Paris sind jeweils durch einen Priester und fünf Gläubige vertreten. Auch Priester und Gläubige der sieben katholischen Kirchen des östlichen Ritus werden die Messe mitfeiern. Erzbischof Ulrich wird den Altar und weitere liturgische Gegenstände weihen.

Die erste öffentliche Messe findet am Sonntagabend um 18.30 Uhr statt.
 


Am 15. November kehrte bereits die berühmte Marienstatue «Vierge à l’Enfant» in die Kathedrale zurück. Diese war nach dem Brand unversehrt mitten in den Trümmern gefunden worden. Mehrere Tausend Menschen nahmen an der Lichterprozession von Saint-Germain l'Auxerrois nach «Notre-Dame de Paris» teil. Dort wurde die Statue von Erzbischof Laurent Ulrich gesegnet und an die Kathedrale übergeben. «Sie ist die erste, die wieder zurückkehrt», so der Erzbischof. Die Menge verabschiedete sich von der Muttergottes mit dem «Salve Regina».

Kurz vor der Eröffnung hatte der Vorstoss der französischen Kulturministerin Rachida Dati für Unmut gesorgt, Eintrittsgeld für jeden touristischen Besuch der Kathedrale zu erheben. Die Erzdiözese lehnte diesen Vorschlag entschieden ab. Der Zugang zu «Notre Dame de Paris» bleibt kostenlos, es wird aber eine Online-Anmeldung eingeführt. Eine Besichtigung ist auch ohne Voranmeldung möglich, dazu muss man sich in die Warteschlange einreihen.


Redaktion


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