Das Newsportal des Wochenblattes «Die Zeit» hat – es ist noch nicht allzu lange her – eine neue Rubrik aufgeschaltet. Sie erscheint jeden Samstag und nennt sich «Nur gute Nachrichten und Inspirierendes zum Wochenende». An sich ein durchaus löbliches Unterfangen. Doch fast scheint es so, als ob sich damit die Redaktion für die Flut von schlechten Nachrichten entschuldigen wollte, die sich an den vorausgegangenen Werktagen von Montag bis Freitag über die Leserinnen und Leser ergoss.
Eine der «Guten Nachrichten» in der Ausgabe vom 25. Oktober 2025 trägt den Titel: «Ein neuer ICE der Deutschen Bahn ermöglicht erstmals einen barrierefreien Einstieg.» Ja, die Deutschen sind bescheiden geworden. Denn der neue Zugs-Typ (ICE L) fährt gerade einmal auf der Strecke Köln – Berlin. Item: Eben dieser neue Zugs-Typ fährt statt der bisher üblichen 300 km pro Stunde nur noch maximal 230 km, bietet dafür aber mehr Komfort und Zuverlässigkeit sowie ein ruhigeres Fahrgefühl. Die Freude über diese «Gute Nachricht» dürfte sich bei den Fahrgästen der Deutschen Bahn in Grenzen halten – Geduld ist vorab infolge der Geschwindigkeitsbegrenzung angesagt.
Noch mehr Geduld wird den Fahrgästen auf der Strecke München – Zürich abverlangt. Denn ab dem 1. Januar 2026 soll auf Teilabschnitten das Tempo auf 160 km/h herunter gefahren werden. Die Deutsche Bahn rechtfertigt ihren Service-Abbau damit, dass es gelte, wegen hinausgezögerter Unterhaltsarbeiten grösseren Schäden vorzubeugen. Dabei ist die Strecke München – Zürich, wie die Neue Zürcher Zeitung vom 21. Oktober berichtet, gerade erst vor kurzem für 440 Millionen Euro totalsaniert worden – woran die Schweiz ein Darlehen von 50 Millionen beisteuern durfte. Die SBB reagierten auf dieses Fiasko mit der Devise «Bloss keine Unpünktlichkeit aus Deutschland einschleppen».
Ja, die Deutschen sind bescheiden geworden. Tatsächlich? Zumindest dann, wenn es um das Erbringen realer Leistungen geht. Weniger bescheiden gibt man sich im grossen Kanton, wenn es um verbale Kraftakte geht. Die Chefin der Deutschen Bahn, Evelyn Palla, kündigte anlässlich der medienwirksam inszenierten Vorstellung des neuen Zug-Typs in Berlin vollmundig an: «Wir wollen nicht nur befördern, wir wollen insbesondere begeistern.» Der Bundes-Verkehrsminister sekundierte, der Kunde müsse «auf der Schiene wieder (sic) König sein».
Gut gelaunt bei Kaffee und Gipfeli
Das Signal, nicht nur «bad news», sondern auch «good news» zu verbreiten, scheint inzwischen auch bei der römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich angekommen zu sein. In der neuesten Ausgabe ihres Newsletters «Grüss Gott Zürich» (24. Oktober 2025) berichtet Manuela Moser euphorisch vom Besuch des Zürcher Generalvikariates beim Churer Diözesanbischof, der die Truppe aus Zürich «wie immer gut gelaunt bei Kaffee und Gipfeli» empfing. Geradezu ins Schwärmen gerät Manuela Moser, als sie auf den Festvortrag von Klara Csiszar am Dies academicus der Theologischen Hochschule Chur zu sprechen kommt: «Durch Dialog, gegenseitiges Zuhören und gemeinsame Entscheidungen entstehen Räume, in denen Konflikte konstruktiv bearbeitet werden können», zitiert sie die Theologieprofessorin aus Linz. Letztere habe ein beeindruckendes Plädoyer für eine neue Kultur des Miteinanders, voller Respekt, Wertschätzung und Teilhabe gehalten. Ihr Wort, Frau Csiszar, in des Churer Diözesanbischofs Ohr! Der einzige Frust der vergangenen Woche, so Manuela Moser, sei eine Erkältung gewesen, der sie aber mit einer Tasse Tee erfolgreich zu Leibe gerückt sei. Jede Menge tatsächlicher oder vermeintlicher guter Nachrichten im Newsletter «Grüss Gott Zürich» also. Ganz scheint es so, als wolle man den bisherigen Kotzbrocken-Journalismus auf Eis legen.
Zur Erinnerung: In der Ausgabe vom 12. September 2025 speit Simon Spengler Gift und Galle gegen die Heiligsprechung von Carlo Acutis. Von einem «schwärmerisch-frommen Naivling» ist da die Rede, von einem «schrägen Personenkult» mit seinem «für moderne Geister kaum nachvollziehbaren Wunderglauben der katholischen Kirche». Doch damit nicht genug. In seinem teutonischen Furor kennt Spengler keine Grenzen: «Wie kann es die Kirche zulassen, dass 2025 das zentrale katholische Sakrament der Eucharistie wieder zu magischem Hokuspokus malträtiert und dieses Zerrbild als Vorbild angepriesen wird? Wenn ich meinen drei Söhnen den heiligen Carlo Acutis als Vorbild näherbringen wollte», nimmt Spengler deren Reaktion schon mal vorweg, «würde ich von ihnen höchstens ein mitleidiges Lächeln ernten. Und ich bin froh darüber!»
Unsereiner wäre froh, in Zukunft von solchen verbalen Entgleisungen aus der Zwinglistadt verschont zu bleiben. Bleibt abzuwarten, wie ernst die implizite Zusage eines auf gute Nachrichten fokussierten Journalismus tatsächlich gemeint ist.
Was swiss-cath.ch betrifft, so fühlen wir uns dem journalistischen Grundsatz «Sagen, was ist» verpflichtet. Dabei gebietet es das Gebot der Wahrhaftigkeit, ganz im Sinne des Apostelwortes «Ob gelegen oder ungelegen» über kirchliche und gesellschaftliche Ereignisse zu berichten. Dies stets getreu der Devise: So viele «bad news» wie nötig, so viele «Good News» wie möglich.
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