Wohl noch nie hat Bischof Gmür in seiner nunmehr über 14 Jahre dauerenden Amtszeit so schweres Geschütz aufgefahren, ein biblischer «Heiliger Zorn» muss ihn ergriffen haben: «Nach Faktencheck bleiben Behauptungen und Verleumdungen: NZZ am Sonntag und Sonntagsblick betreiben unlauteren Journalismus», lautet die Überschrift einer ausführlichen Mitteilung, die das Generalvikariat des Bistums Basel am 8. Juni den Medien zustellte.
Es gehört mittlerweile in den säkularen Medien offenkundig zum unvermeidlichen Ritual, just an wichtigen christlichen Feiertagen kirchliche Vorgänge negativ zu beleuchten. So auch dieses Jahr. Am 8. Juni, dem Hochfest zu Pfingsten, veröffentlichte die «NZZ am Sonntag» einen Artikel von Stefanie Pauli mit dem Titel «Es werde…kein Licht». Gleich zu Beginn wird die Marschrichtung vorgegeben: «Über der katholischen Kirche liegt ein dunkler Schatten: ihre lange Geschichte der Missbräuche durch Kleriker.»
Interessant, schon lange nichts mehr zu diesem Thema gehört. Was gibt’s da Neues? Die Ausbeute fällt ausgesprochen dürftig aus, beschränkt sich diese doch im Wesentlichen auf ein neues Gutachten eines «renommierten Kirchenrechtlers, der aufgrund seiner Position innerhalb der katholischen Kirche anonym bleiben will». Dazu später mehr.
Warten auf Godot
Unsereiner hätte gerne Neues erfahren zu einem Sachverhalt, der dringend der Aufarbeitung bedürfte, sprich die Missbrauchsfälle in der Reformierten Kirche. Pro memoria: Am 11. Juni 2024 hatte das Parlament der Evangelisch-reformierten Kirche der Schweiz die Durchführung einer «Dunkelfeldstudie» in Form einer aktuellen Umfrage über sexuelle Verfehlungen abgelehnt. Der Plan, Missbrauchsfälle in der Vergangenheit durch Analysen der kirchlichen Personalakten aufzuarbeiten, war schon früher beerdigt worden. Das Vorhaben sei «zu teuer, zu wenig partizipativ, zu langsam und überambitioniert», würde der föderalistischen, basisdemokratischen und dezentralen Organisationsform der protestantischen Kirche nicht gerecht, wurde argumentiert.
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Im eingangs erwähnten «NZZ am Sonntag»-Beitrag wird gestützt auf das genannte anonyme Gutachten Bischof Gmür zur Hauptsache vorgeworfen, er habe nicht nur die Meldepflicht verletzt, sondern den Vatikan explizit geraten, auf ein kirchenrechtliches Verfahren zu verzichten. (Es geht in casu um einen im Bistum Basel tätig gewesenen nigerianischen Priester, der sich in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegenüber einem damals minderjährigen Mädchen sexuell übergriffig verhalten haben soll.)
Das Bistum Basel spricht in seiner Stellungnahme von einem «einseitigen Parteigutachten». Dessen Autor sei in «Interessenskonflikte mit einem seiner Arbeitgeber, der Schweizer Bischofskonferenz, verstrickt». Aus dieser Formulierung folgt, dass der Bischofskonferenz bzw. dem Bistum Basel der Name dieses Gutachters bekannt ist. Grotesk ist deshalb die Behauptung im «NZZ am Sonntag»-Artikel, der Gutachter wolle wegen «seiner Position innerhalb der katholischen Kirche anonym bleiben». Eine solche Geheimniskrämerei würde nur Sinn machen, wenn der hier angesprochene Arbeitgeber ihn nicht kennen würde, was offensichtlich nicht der Fall ist.
Die Formulierung ist zudem brisant, legt sie doch die Vermutung nahe, dass es sich dabei um Nicolas Betticher handelt, der sich den Auftrag zu diesem Parteigutachten selbst erteilt haben dürfte (der Gutachter ist zugleich der Rechtsvertreter der Betroffenen). Abbé Betticher ist Offizial des Interdiözesanen Schweizerischen Kirchlichen Gerichts der Bischofskonferenz. Sein direkter Vorgesetzter ist seit dem 1. Januar 2025 Bischof Charles Morerod, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Bettichers Intimfeind. Bereits früher hatte Betticher mehrere Mitglieder der Bischofskonferenz beim Vatikan angeschwärzt, war damit aber schlussendlich abgeblitzt (vgl. dazu unseren Beitrag «Reichen Sie Strafanzeige ein, Bischof Morerod!»).
Perfide Unterstellung
Einen perfiden Link setzt die «NZZ am Sonntag»-Redaktorin, indem sie einen Zusammenhang konstruiert zwischen diesem schon vor längerer Zeit breitgetretenen Fall und der vor kurzem erfolgten Entlassung der Chefredaktorin des Berner Pfarrblattes, Annalena Müller. Denn diese habe «den Fall Nussbaumer eng begleitet»: Eine schönfärberische, grob irreführende Formulierung. Bei der deutschen Annalena Müller handelt es sich um die ehemalige Redaktorin und gescheiterte Kandidatin für den Direktorenposten von «kath.ch». Bereits als Redaktorin von «kath.ch» hatte sie durch ihre penetranten Schulmeistereien und Belehrungen regelmässig für negative Schlagzeilen gesorgt. So forderte sie beispielsweise, dass alle in die kanonische Voruntersuchung involvierten Mitglieder der Bischofskonferenz bis zum Abschluss des Verfahrens ihr Amt ruhen lassen müssten. Was Wunder, dass die verantwortlichen Herausgeber des Berner Pfarrblattes von der Duftnote dieser Dame bald einmal die Nase voll hatten.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Ich finde die Reaktion des Bistums auf die in den Printmedien erschienen Artikel unwürdig. Von einer "niederträchtigen Art und Weise" zu sprechen, wie über das Verhalten des Bischofs geschrieben wird, zeugt von einer völlig falschen Kommunikationsstrategie und auch eines falschen Verständnisses über die Stellung, die ein Bischof heutzutage in der säkularisierten Welt hat. Wenn Bischof Felix inhaltlich nicht einverstanden ist mit Aussagen, die über ihn geschrieben werden, dann muss er diese richtigstellen, ohne der halben Welt vorzuwerfen, ihn zu desavouieren. Was im NZZ-Artikel sicherlich der Wahrheit entspricht, ist die Tatsache, dass katholische Journalisten, die sich erlauben, das Bistum zu kritisieren, abgesägt werden. Ich habe dies selbst im Aargauer Pfarrblatt "Horizonte" gesehen, als der Chefredaktor und der stellvertretende Chefredaktor gehen mussten, weil sie sich erlaubt haben, kritisch über den Bischof zu schreiben. Man möge bitte den neuen Kommentar des jetzigen Chefredaktors von kath.ch lesen, um zu verstehen, welche Aufgabe ihm zukommt. Katholischer Journalismus, der durch Steuergelder bezahlt wird, soll nun vor allem das Sprachrohr der Bischöfe sein. So wird in diesem Artikel die "Systemfrage" betont, die wichtiger sei als die Schuldfrage einzelner Personen. Durch die Pilotstudie, die nie darüber Auskunft gab, um was für Übergriffe es sich genau handelte bei diesen vermeintlich "1000" Fällen, wurde der Priesterstand auf niederträchtige Art und Weise (um die gleiche Formulierung zu verwenden) verunglimpft - und dies mit Unterstützung der Schweizer Bischöfe. Dass nun ein Oberhirte wie Bischof Felix peinlich berührt ist, wenn er nun angegriffen wird, zeugt von einer unausgereiften Denkweise. Die Geister, die man gerufen hat, loszuwerden, ist nicht einfach. Ich bin überzeugt, dass auch der "Medienstar" Bonnemain bald zur Zielscheibe der Medien wird, wenn diese feststellen, dass er als Offizial über Jahrzehnte hinweg wohl sehr reiche Kenntnisse über viele Missbrauchsfälle hatte. Wenn es den Schweizer Bischöfen, so wie die Mitteilung des Bistums Basel es suggeriert, wirklich um die katholische Kirche geht, dann sollten diese die persönliche Schuld benennen und klarmachen, dass die Missbräuche nichts mit der fehlenden Frauenordination oder dem Zölibat zu tun haben, also nichts mit dem "System", sondern mit der persönlichen Schuld von Einzelnen.
Ohne lückenlose Aufklärung der Missbrauchstaten wird in den Medien immer wieder etwas aufpoppen. Da hilft es auch nicht, immer wieder zu schreiben, dass die ref. Kirche nicht besser da steht.
Folgen Sie bitte dem obigen Link, dann wird alles klar.