Ansicht der Klosteranlage Wonnenstein AI von Nordosten. (Bild: Schofför/Wikimedia)

Kirche Schweiz

Offe­ner Brief der GFI: Fra­gen zu Wonnenstein

Die Gruppe für Inner­rho­den (GFI) hat sich an ihrer letz­ten Ver­samm­lung u. a. mit den Vor­gän­gen im Zusam­men­hang mit dem Klos­ter Won­nen­stein befasst. Im Mit­tel­punkt stan­den dabei die staats­po­li­ti­schen Aspekte.

In den letzten Wochen ist verschiedentlich die Gestaltung der Zukunft des Klosters Wonnenstein bzw. der Exklave Innerrhodens umgeben von Ausserrhoder Hoheitsgebiet in den Blick der Öffentlichkeit gerückt, vor allem dank der wehrhaften Sr. Scolastica.
Unbemerkt bzw. ohne dass die ganze Tragweite realisiert worden wäre, sind im letzten Jahrzehnt i. S. Kloster Wonnenstein bei Teufen grundlegende Veränderungen vorgenommen worden, welche privat- und staatsrechtlich schwerwiegende Folgen haben. Diese dürfen nicht einfach hingenommen werden.

Es ist befremdend und inakzeptabel, dass der Kastenvogt und die Standeskommission angesichts der staatspolitischen Dimension die Öffentlichkeit nicht schon lange umfassend und offiziell informiert haben. Darum konnte bisher auch keine öffentliche Diskussion entstehen.

Spezielle Ausgangslage
Dass die Zukunft der Klöster allgemein wegen Nachwuchsmangel ungewiss ist und nach Anpassungen und neuen Lösungen ruft, ist seit Langem bekannt. Umso wichtiger ist es, dass dafür rechtzeitig Überlegungen angestellt werden. Dies ist grundsätzlich Angelegenheit der Klöster und ihrer Leitungen bzw. der zuständigen kirchlichen Behörden.

Beim Frauenkloster Wonnenstein ist die Ausgangslage wie für Grimmenstein bei Walzenhausen insofern speziell, als beide staatsrechtlich zu Innerrhoden gehören. Wenn diese aufgelöst werden, fällt das Territorium an Ausserrhoden. Stände- und Nationalrat haben dies 1870 im Rahmen der Bereinigung verschiedener Grenzstreitigkeiten so festgelegt. Dies alles blieb bisher ausgeblendet.  

Fataler «Rechtskleidwechsel»
Das Kloster Wonnenstein wird seit Längerem von Altherren, d. h. Ehemaligen, der Studentenvereinigung «Bodania» St. Gallen in verschiedener Hinsicht unterstützt.

2014 wurde ein sog. Rechtskleidwechsel vorgenommen. Die Klostergemeinschaft mit damals noch fünf Schwestern übertrug damit ihr Eigentum an der klösterlichen Liegenschaft (Gebäude, landwirtschaftliche Liegenschaft samt Scheune und Pächterhaus, bereits in Überbauung befindliches Gewerbeland) entschädigungslos an einen «Verein Kloster Maria Rosengarten Wonnenstein». Der Kanton Appenzell Ausserrhoden eröffnet ab kommendem Frühjahr in Gmünden eine Aushubdeponie mit einem Aufschüttvolumen von ca. 330 000 m3. Dazu wird auch ein Teil der landwirtschaftlichen Klosterliegenschaft beansprucht; die Vorarbeiten dazu werden diesen Frühling in Angriff genommen.

Im Vorstand des Vereins sitzen die Schwestern der Klostergemeinschaft, Vertreter der Altherrenvereinigung «Bodania» und ein Repräsentant des Bistums St. Gallen. Inzwischen lebt von den Schwestern nur noch Sr. Scolastica Schwizer. Diese hat offensichtlich inzwischen realisiert, dass der «Rechtskleidwechsel» für sie und das Kloster fatale Folgen hat. Sie wurde aufgefordert, ihre lebenslange Klosterheimat zu verlassen und an einem neuen Ort Zuflucht zu suchen und sich einer anderen Gemeinschaft anzuschliessen.

Widerspruchslose und schweigende Innerrhoder Aufsicht
Die Klöster in Innerrhoden unterstehen gemäss Verfassung der Aufsicht und dem Schutz des Staates. In der Kantonsverfassung heisst es in Art. 5 Abs. 1 «Der Staat gewährleistet die Sicherheit des korporativen geistlichen Vermögens und dessen stiftungsgemässe Besorgung und Verwendung» und in Abs. 2 «Die Verwaltung des den Klöstern zustehenden Vermögens steht nach bisheriger Weise unter Schutz des Staates». Ergänzend hält Art. 30 in Abs. 7 fest: «Sie [die Standeskommission] überwacht insbesondere das Kirchenwesen sowie die Verwaltung der genossenschaftlichen Nutzungsgüter.»

Dafür zuständig ist in erster Linie der sog. Kastenvogt, zusammen mit der Standeskommission. Diese haben der Eigentumsübertragung offensichtlich zugestimmt. Das Sagen haben damit faktisch die Mitglieder des Vereins bzw. die Altherren der «Bodania». Die Handänderung wurde im 1. Quartal 2015 publiziert; über die Änderungen und die Überlegungen dahinter hat die Öffentlichkeit unserer Kenntnis nach seitens Kastenvogt bzw. Standeskommission nie offiziell etwas erfahren.   

Es stellen sich daher u. a. folgende Fragen:

  • Hat die Standeskommission an die Umwandlung des Klosters von einer kirchlichen Körperschaft in einen Verein bzw. an die Übertragung des Eigentums Bedingungen geknüpft? Wenn ja, welche?
  • Wieso wurde nicht wie z. B. beim Kloster Maria der Engel Appenzell eine Stiftung errichtet? In einem Gutachten hat offenbar Dr. iur. Urs Cavelti vorgeschlagen, das Kloster in eine Stiftung zu überführen, wie dies beim Kloster Maria der Engel geschehen ist. Warum wurde diese Empfehlung nicht aufgenommen?
  • Welche weiteren Alternativen wurden geprüft? Warum wurde nicht ein Förder- oder Gönnerverein gegründet, mit welchem das Kloster ebenso gut breit und wirkungsvoll durch die «Bodaner» und weitere Gönnerinnen und Gönner unterstützt werden könnte?
  • Wie stellt sich die Standeskommission zum drohenden Verlust von Innerrhoder Territorium?
  • Welche Vorkehrungen wurden und werden zur Verhinderung von Gebietsverlust getroffen?
  • Wie ist es möglich, dass ein nicht als Selbstbewirtschafter tätiger Verein landwirtschaftlichen Boden rechtmässig erwerben kann, ist dies doch nach bäuerlichem Bodenrecht jedem Nichtlandwirt untersagt, wenn er nicht Erbe innerhalb der Familie ist?
  • Ist sich die Standeskommission bewusst, dass sie mit der Gutheissung der Eigentumsübertragung an den Verein jede Mitbestimmung Innerrhodens über Kloster und Territorium aus der Hand gegeben hat?

Im Sinne von Transparenz erwarten wir eine vollumfängliche öffentliche Information über die Vorgänge im Zusammenhang mit der Auflösung bzw. Umwandlung des Klosters Wonnenstein und die Rolle des Kantons dabei. Wir verlangen, dass die allfällige Abtretung von Innerrhoder Hoheitsgebiet an Ausserrhoden dem Grossen Rat und der Landsgemeinde vorgelegt wird.

GRUPPE FÜR INNERRHODEN (GFI)

 

Kantonsverfassung für den Eidgenössischen Stand Appenzell I. Rh. vom
24. Wintermonat 1872


Art. 5
Abs. 1 Der Staat gewährleistet die Sicherheit des korporativen geistlichen Vermögens und dessen stiftungsgemässe Besorgung und Verwendung.
Abs. 2 Die Verwaltung des den Klöstern zustehenden Vermögens steht nach bisheriger Weise unter Schutz des Staates.

Art. 30
Abs. 7 Sie [die Standeskommission] überwacht insbesondere das Kirchenwesen sowie die Verwaltung der genossenschaftlichen Nutzungsgüter.


GRUPPE FÜR INNERRHODEN (GFI)


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Bemerkungen :

  • user
    Ferdi23 07.02.2023 um 14:10
    Endlich tut sich ein Licht für diese dunkle Geschichte auf. Ein grosses Lob für diesen Artikel!