Weisser Rauch von der Sixtinischen Kapelle am Konklave 1963. (Bild: David Lees, Public domain via Wikimedia Commons)

Weltkirche

Papst Fran­zis­kus: Ein Rück­tritt mit Komplikationen?

«Papst setzt Erho­lung fort – Gesund­heits­zu­stand bleibt sta­bil.» Das teilte der Vati­kan am Don­ners­tag­abend mit. Das an kom­ple­xen Atem­wegsin­fek­ten mit Lun­gen­ent­zün­dung erkrankte Kir­chen­ober­haupt habe im Tages­ver­lauf keine wei­tere Atemnot-​Attacke erlit­ten, hiess es im ärzt­li­chen Bul­le­tin wei­ter. Ange­sichts der nicht abseh­ba­ren Dauer des Kli­nik­auf­ent­halts des Paps­tes wer­den der­zeit rund um den Vati­kan meh­rere Sze­na­rien für die nahe Zukunft an der Kir­chen­spitze diskutiert.

Kardinäle und Kirchenrechtler erwägen mögliche Szenarien rund um den erkrankten Papst. Ein Überblick:

Variante 1: Der Papst stirbt
Das ist der Fall, der am klarsten geregelt ist: Der Papst stirbt, sein Tod wird rechtmässig festgestellt, die Sedisvakanz verkündet. Der Pontifex wird feierlich zu Grabe getragen, das weltweite Kardinalskollegium einberufen. Zwei Wochen später beginnt das Konklave, also die Wahl eines neuen Kirchenoberhaupts. All das ist genau geregelt; die letzten drei Päpste haben manche Bestimmungen noch einmal geändert, doch man muss sich nur daranhalten.

Variante 2: Der Papst erklärt seinen Amtsverzicht selbst
Auch diese zweite Variante für die Sedisvakanz ist klar geregelt: Wenn der Papst seinen Rücktritt verkündet, läuft ab dem von ihm festgelegten Datum alles nach demselben Schema wie beim Tod – selbstverständlich jedoch ohne Begräbnis und Totenmessen. Eine kleine Unsicherheit gibt es aber wegen des äusseren Rahmens der Bekanntgabe. Seit Gregor XII. im Jahr 1415 und Benedikt XVI. im Jahr 2013 ihren jeweiligen Rücktritt im Rahmen eines «Konsistoriums» den dort versammelten Kardinälen kundtaten, gilt dies als der Königsweg für einen solchen Schritt.

Das Kirchenrecht schreibt lediglich vor, dass der Amtsverzicht «frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch, dass er von irgendwem angenommen wird» (vgl. can. 332 § 2 CIC). Das klingt einfach, ist es aber nicht in jedem Fall. Wäre es «hinreichend», wenn der Papst auf dem Krankenbett seinen Rücktrittswillen mit leiser Stimme einem Kardinal anvertrauen würde? Oder genügt es, wenn er den entsprechenden Satz auf einem Blatt Papier unterzeichnet? Müsste ein Notar Zeuge dieser Handlung sein? Hingegen wäre eine Bekanntgabe bei einer Kardinalsversammlung über jeden Zweifel erhaben.

Variante 3: Der bedingte Rücktritt wird ausgerufen
Noch mehr Probleme bringt die «bedingte Rücktrittserklärung» mit sich, die Franziskus nach eigenem Bekunden schon früh in seinem Pontifikat unterzeichnet hat. Unter Kardinälen und anderen Fachleuten wird derzeit gerätselt, ob er sich dabei wohl am Vorbild von Papst Paul VI. aus dem Jahr 1965 orientiert hat. Dessen Schreiben hat unlängst ein italienischer Historiker veröffentlicht. Darin heisst es:

«Wir, Paul VI. [...] erklären, dass wir im Fall einer schweren Krankheit, die als nicht heilbar oder von langer Dauer gilt [...] oder im Fall einer anderen schweren und lang anhaltenden Behinderung [...] auf unser Amt verzichten.»

Auch hier ist ein Verfahren, das zunächst einfach klingt, voller Fallstricke. So wurde nie bestätigt, dass dieses Schreiben wirklich beim Kardinalstaatssekretär hinterlegt ist. Es wird aber allgemein vermutet, dass es so ist – weil der Papst selbst es einmal gegenüber Journalisten so gesagt hat. Ferner ist unklar, ab wann der Verwahrer des Schreibens dieses aus der Schublade ziehen sollte. Dann, wenn der Papst nicht mehr sprechen kann? Wenn er nicht mehr ansprechbar oder geistig verwirrt ist? Oder erst, wenn er ins Koma fällt?

Offen ist auch die Frage, wen der Hüter des Papst-Schreibens vorher zurate ziehen sollte. Nach Auffassung führender Theologen müsste dies das Kardinalskollegium sein. Fiele der Papst in ein stabiles Koma, würde demnach zuerst die Einberufung der Kardinäle zu einem Konsistorium erfolgen. Diese würden dann den Fall der Verhinderung des Papstes für eingetreten und im selben Atemzug den Beginn der Sedisvakanz erklären – und könnten bald darauf mit dem Konklave beginnen.

Soweit überblickbar ist die kniffligste Konstellation von den Theologen und Kirchenrechtlern nicht ins Visier genommen worden. Der Fall nämlich, dass der Papst allen medizinischen Prognosen zum Trotz gleichwohl wieder aus dem stabilen Koma erwacht – zu einem Zeitpunkt, in dem sein Nachfolger bereits gewählt ist. So unwahrscheinlich es ist, dass dieser Fall eintritt, völlig ausgeschlossen ist er nicht, auch wenn gerade die vermeintlich allmächtigen «Götter in Weiss» Spontanheilungen verständlicherweise nur ungern zur Kenntnis nehmen. Und schliesslich haben Wunder in der Geschichte der Kirche seit jeher ihren festen Platz.

Variante 4: Der Papst kommt zurück
Sollte Papst Franziskus so weit genesen, dass er wieder in den Vatikan zurückkehren kann, würde sich sein Pontifikat wohl stark von dem bisherigen unterscheiden, denn der «status quo ante» seines Gesundheitszustandes ist unrealistisch. Die Zahl der öffentlichen Auftritte, Audienzen und Reisen müssten drastisch reduziert, vieles seiner chronischen Atemwegserkrankung angepasst werden. Er wäre nicht mehr der spontane, kommunikative Papst Franziskus, wie man ihn kennt – aber er bliebe weiterhin der Papst.

Beim Verlesen seiner Texte und bei manchen Reisen könnte er sich vertreten lassen. Wahrscheinlich würden die noch auf seiner Linie liegenden Kardinäle wie sein Landsmann Victor Fernández in der Glaubensbehörde oder die beiden Synoden-Vordenker Mario Grech und Jean-Claude Hollerich die Gunst der Stunde nutzen, um ihre je eigene Agenda voranzutreiben.


KNA/Redaktion


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Bemerkungen :

  • user
    Niklas Stocker 09.03.2025 um 14:28
    In der Abtei Fontgombault hat es die Verehrung zur Muttergottes als Notre-Dame du Bien-Mourir, Unsere Liebe Frau vom Guten Sterben. Das ist eine katholische Haltung. Vor diesem Hintergrund wirft die Öffentlichkeitsarbeit des Vatikans grosse Fragezeichen auf. "Papst ist auf dem Weg der Besserung." Selbstverständlich, er wird wieder gesund und fit wie ein Turnschuh!