Pfingsten, Kunstwerk von Max Rüedi, Kloster Ilanz. Bild: Max Rüedi, CC BY-SA 3.0 CH via Wikimedia Commons)

Neuevangelisierung

Pfings­ten als Erfül­lung des Ostergeheimnisses

Mit dem Pfingst­fest endet die Oster­zeit, doch die­ser Abschluss ist gleich­zei­tig der Beginn von etwas Neuem. Der Hei­lige Geist durch­weht die Kir­che, durch­weht die Welt, damit «alle eins sind».

Die Apostelgeschichte berichtet uns von der Ausgiessung des Heiligen Geistes am fünfzigsten Tag nach Ostern. Doch schon vorher erlöste Christus durch seinen Tod am Kreuz die Menschen und übergab seinen Geist (vgl. Lk 23,46); nach seiner Auferstehung erschien er den Jüngern und schenkte ihnen den Heiligen Geist für ihre Sendung. Und später an Pfingsten sandte Christus den Heiligen Geist, um seine Kirche zu erneuern und ihr Kraft für ihre Mission zu geben.

Der Evangelist Lukas beschreibt das Pfingstereignis als ein akustisches und visuelles Geschehen: Nach der Himmelfahrt Christi verharrten die Jünger zusammen mit Maria, der Mutter Jesus, im Gebet. «Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt […] Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen liess sich eine nieder.» Diese Phänomene deutet Lukas theologisch aus: «Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt» (vgl. Apg 2,1f).

Wind kann man nicht sehen, man spürt nur seine Auswirkungen. Die erste Wirkung des Heiligen Geistes war, dass die Jünger beginnen, «in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab», um «Gottes grosse Taten» zu verkünden. Die gleichen Jünger, die bei der Verhaftung Jesu aus Angst geflüchtet waren und sich nun verborgen hielten, verkünden jetzt öffentlich die Botschaft von Jesus Christus. Und das in verschiedenen Sprachen, damit sie von möglichst vielen Menschen in Jerusalem gehört und verstanden wird. Petrus, der Jesus dreimal verleugnet hat, stellt sich hin, erhebt seine Stimme und konfrontiert die Juden mit dem, was an Karfreitag passiert: «Israeliten, hört diese Worte: Jesus, den Nazoräer, einen Mann, den Gott vor euch beglaubigt hat durch Machttaten, Wunder und Zeichen, die er durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst – ihn, der nach Gottes beschlossenem Willen und Vorauswissen hingegeben wurde, habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und umgebracht. Gott aber hat ihn von den Wehen des Todes befreit und auferweckt; denn es war unmöglich, dass er vom Tod festgehalten wurde.»

Die wortgewaltige Predigt traf die Menschen mitten ins Herz und «an diesem Tag wurden ihrer Gemeinschaft etwa dreitausend Menschen hinzugefügt».

Die kleine Gemeinschaft, die gemeinsam treu im Gebet und im Vertrauen auf Gott verharrte, wird auf einen Schlag zu einer grossen Schar – die Kirche entsteht. Lukas beschreibt ihr Leben wie folgt: «Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten.» Der Heilige Geist bewirkt Einheit, denn er selbst ist die Liebe, die in der Dreieinheit den Vater und den Sohn verbindet.

In seiner Abschiedsrede wandte sich Jesus an seinen himmlischen Vater und bat ihn für alle, die an ihn glauben: «Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast» Joh 17,21–23).

Die vom Heiligen Geist bewirkte Einheit ist nicht nur für die Kirche bestimmt, damit sie in sich eins ist und in Frieden lebt: Die Kirche soll in dieser Einheit die nötige Kraft finden, um die Welt nach dem Bild Christi zu erneuern. Die missionarische Aufgabe der Kirche besteht darin, Spaltungen zu überwinden, wo auch immer sie zu finden sind. Um sie für diesen Auftrag zu befähigen, schenkt der Heilige Geist seine Gaben: Weisheit, Verstand, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht.

Der Heilige Geist entzündet in den Herzen der ersten Jünger das Feuer der Liebe, das zu einem wahren «Feuersturm» werden sollte und aus der kleinen Schar eine weltweite – katholische – Gemeinschaft machte. Auch heute kann der Heilige Geist dieses Feuer wieder in uns entfachen, damit wir zu be-geist-erten und be-geist-ernden Christinnen und Christen werden.

Mit Pfingsten endet die Osterzeit und ist zugleich ihre Erfüllung. «Das Ostergeheimnis findet seine volle Dimension nur in der Fülle des Pfingstfestes, wo die Kirche die Erstlingsfrucht ihres Erbes empfängt (Eph 1,13-14) und ihr liturgisches Sein ausübt, indem sie unter der Bewegung des Geistes ‹die grossen Taten Gottes› (Apg 2,11) verkündet».[1] Doch dieses «Ende» ist gleichzeitig der Beginn unseres missionarischen Auftrages, für den uns Christus den Heiligen Geist gesandt hat.

 


[1] La Pentecôte, Dom Robert Le Gall, Dictionnaire de Liturgie


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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