Bild: Notre-Dame en feu - GodefroyParis, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Weltkirche

Pro­test gegen die spi­ri­tu­elle Ver­stüm­me­lung der Kathe­drale Notre Dame von Paris

Mit einem «Offe­nen Brief» pro­tes­tiert die katho­li­sche Lai­en­be­we­gung «Ave­nir de la Cul­ture» gegen die dro­hende Umfunk­tio­nie­rung der Innen­räume der am 16. April 2019 durch einen Gross­brand teil­weise zer­stör­ten Kathe­drale Notre Dame von Paris. Der Pro­test rich­tet sich an den neu ernann­ten Erz­bi­schof von Paris, Mgr. Lau­rent Ulrich.

Die Kathedrale Notre Dame von Paris gehört seit 1991 zum Weltkulturerbe gemäss UNESCO-Liste und verkörpert wie kein anderes Bauwerk die Geschichte und das kulturelle Erbe Frankreichs. Die Bilder der lichterloh brennenden Kathedrale gingen rund um die Welt und lösen noch heute Trauer und Bestürzung aus. Dem Grossbrand fielen der Dachstuhl sowie der hölzerne Vierungsturm, auch Spitzturm bzw. französisch «Flèche» genannt, zum Opfer. Immerhin gelang es der Pariser Feuerwehr, die Westfassade mit den berühmten Haupttürmen als Wahrzeichen, die Wände des Mittelschiffs und das äussere Strebewerk zu retten.

Der verheerende Brand traf Frankreich weit über die konfessionellen Grenzen hinaus mitten ins Herz und löste eine Welle von Betroffenheits- und finanziellen Unterstützungsbekundungen aus. Doch schon kurze Zeit später entbrannte ein Streit darüber, welche kulturellen und religiösen Konzeptionen für den Wiederaufbau massgebend sein sollten. Unlängst wurden Pläne ruchbar, denen zufolge das Innere der Kathedrale in eine Art Disneyland bzw. esoterischen Themenpark umfunktioniert werden soll. Die Vereinigung «Avenir de la Culture» bezieht sich in ihrem «Offenen Brief» auf einen Artikel der Zeitung «Le Figaro», demzufolge eine Gruppe von fünf Künstlern ihre Pläne für eine Neugestaltung der Innenräume der Kathedrale am 23. Mai 2023 dem Erzbistum Paris unterbreiten soll. Wiederum gemäss der Zeitung «Le Figaro» handle es sich dabei um Personen, die dem christlichen Glauben mehr oder weniger fern stehen und durch verschrobene und hässliche Werke auf sich aufmerksam gemacht hatten.

Der Rektor und Erzpriester der Kathedrale Notre Dame, Mgr. Olivier Dumas, soll darauf mit frivolem Unterton geantwortet haben: «Wir stellen den Künstlern keine Fragen zu ihrem spirituellen Leben und ihrer religiösen Praxis.» Daraufhin reagierte die Vereinigung «Avenir de la Culture» ihrerseits mit einem Schreiben an den seinerzeitigen Apostolischen Administrator der Erzdiözese Paris, Mgr. Georges Pontier. Dieser verweigerte eine Antwort und foutierte sich damit zugleich um die hochgelobten Prinzipien der Synodalität und Inklusion.

Mit vereinten Kräften, darunter mit der Unterstützung von über 100 Persönlichkeiten aus Politik und Kultur wie dem Philosophen Alain Finkielkraut, konnte die Verunstaltung der Aussenwand der Kathedrale abgewendet werden.

Am 9. Dezember 2021 wurde andrerseits die Neugestaltung des Innenraumes von der zuständigen «Commission nationale du patrimoine et de l’architecture» abgesegnet. Der für die liturgische Neugestaltung verantwortliche Pater Gilles Drouin rechtfertigte die Umpolung mit einem Verweis auf das 2. Vatikanische Konzil. Gemäss der Vereinigung «Avenir de la Culture» gehe es ihm zufolge darum, aus «Notre Dame eine konziliare Kirche» zu machen, die nicht mehr Gott, sondern den Menschen verehre. Dies sei, so die Vereinigung, nichts weniger als ein Anschlag auf die christliche Identität Frankreichs als der «Ältesten Tochter der Kirche» und ruft in diesem Zusammenhang ein Wort von Papst Paul VI. in Erinnerung, demzufolge der Rauch Satans in die Kirche eingedrungen sei.

Die inzwischen mehr als 120 000 Unterzeichner des «Offenen Briefes» appellieren deshalb an den jüngst ernannten neuen Erzbischof von Paris, Mgr. Laurent Ulrich, das kulturelle und religiöse Erbe dessen, was die vom verheerenden Brand verschont gebliebenen Teile der Kathedrale verkörpern, für die Nachwelt zu schützen, bevor es dazu zu spät sei. Die Vereinigung «Avenir de la Culture» erinnert dabei an die Frage, welche Papst Johannes Paul II. anlässlich seines ersten Besuchs im Jahre 1980 gestellt hatte: «Frankreich, das du den Ehrentitel ‹Älteste Tochter der Kirche› trägst, bleibst du deiner Taufe treu?» Die Frage ist aktueller und brennender denn je.

Hoffnung ganz im Sinne des paulinischen Dictums «Hoffnung wider alle Hoffnung» ist jedoch durchaus berechtigt. Josef Jung hat sie so formuliert: «Es gibt einen Prinzen, der Frankreich aus Schlaf und Leid wachküsst: die Tradition. Frankreichs katholische Seele war nie tot, sie ist nur in den Trümmern der Moderne verschüttet worden. Die frohe Botschaft ist: Jedes Jahr wird die katholische Tradition mehr ans Licht gehoben und lässt Frankreich erneut im Glanz erstrahlen.» Möge sich diese Hoffnung erfüllen!

Den Offenen Brief «Lettre ouverte à Mgr Laurent Ulrich, archevêque de Paris : Excellence, épargnez Notre-Dame !» im Original-Wortlaut (Französisch) lesen Sie auf dieser Website: www.avenirdelaculture.info


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Bemerkungen :

  • user
    Rey 20.04.2023 um 23:13
    Ja