Die Jesuitenkirche in Luzern. (Bild: «Kirche in Not (ACN)»)

Weltkirche

«Red­Week» – Eine Soli­da­ri­täts­wo­che für ver­folgte Christen

Gemein­sam ein­ste­hen für die ver­folg­ten Glau­bens­ge­schwis­ter: Mit einer Wan­der­aus­stel­lung und anschlies­sen­der Podi­ums­dis­kus­sion haben die Hilfs­werke «Kir­che in Not» und «Open Doors» in Wülflingen-​Winterthur ihre Soli­da­ri­tät bekundet.

Seit zehn Jahren führt das Hilfswerk «Kirche in Not» eine sogenannte «RedWeek» durch, so auch heuer vom 16. bis 23. November. Die Woche galt der Solidarität mit den verfolgten und bedrohten Christen auf der ganzen Welt. Ein besonders ausdrucksstarkes Symbol der Verbundenheit mit den Glaubensgeschwistern waren die allein in der Schweiz rund 100 rot angestrahlten Kirchen und Klöster.

Der vom Hilfswerk «Open Doors» alljährlich aktualisierte «Weltverfolgungsindex» ist ebenso eindrücklich wie erschütternd: Über 317 Millionen Menschen sind es allein in jenen Ländern, in denen Christinnen und Christen am meisten von Verfolgung und Unterdrückung betroffen sind.

Die Wanderausstellung «Verfolgte Christen weltweit» im Kirchgemeindehaus der reformierten Kirchgemeinde Wülflingen-Winterthur vermittelte anhand von Einzelschicksalen ein Bild dessen, welche ganz konkreten Folgen ein Leben in der Nachfolge Christi haben kann. Die kongeniale Ergänzung zur Wanderausstellung bildete die abschliessende Podiumsdiskussion mit Augenzeugen, gemeinsam organisiert von der katholischen Pfarrei St. Laurentius Wülflingen und der reformierten Kirchgemeinde Wülflingen.

«Westliche Bildung ist Sünde»
«Boko Haram» heisst auf Deutsch «Westliche Bildung ist Sünde». Mit diesem Stichwort führte Bischof Bruno Ateba in den aktuellen Konflikt in seiner Heimat Kamerun ein. Am 20. November 1964 im Süden seines Landes geboren, trat er in die Gemeinschaft der Pallottiner ein. Nach einem Master-Abschluss in Theologie an der Pallottiner-Hochschule in Deutschland und mehreren pastoralen Einsätzen wurde er am 5. April 2014 von Papst Franziskus zum Bischof der Diözese Maroua-Mokolo ernannt, rund 1500 Kilometer von seinem Geburtsort entfernt. Die Ernennung zum Bischof nahm Bruno Ateba zuerst mit gemischten Gefühlen auf. Denn die ihm anvertraute Diözese befindet sich im äussersten Norden Kameruns. Es ist just jene Gegend, welche unter den Überfällen der islamistischen «Boko Haram»-Terroristen aus dem benachbarten Nigeria am meisten zu leiden hat. Raubzüge, Brandschatzungen und Vergewaltigungen sind in dieser Region Kameruns an der Tagesordnung. Der Armee Kameruns sind bei der Bekämpfung gewissermassen die Hände gebunden, weil sich die «Boko Haram»-Banden nach ihren Raubzügen immer wieder ins grenznahe Nigeria zurückziehen können. Bischof Bruno Ateba: «Das kollektive Lebensgefühl der ansässigen Bevölkerung ist deshalb die allgegenwärtige Angst. Die Eltern leben in ständiger Angst, ob ihre Kinder vom Schulweg wieder heil nach Hause kommen; sie selbst haben Angst, in ihren eigenen Behausungen überfallen und verschleppt zu werden.»
 


Wenn «Boko Haram»-Exponenten arbeits- und perspektivlosen jungen Männern mit falschen Versprechungen eine Kalaschnikow in die Hand drücken, haben sie oft leichtes Spiel. Vordringliches Ziel muss es deshalb für Bischof Bruno sein, jungen Leuten, insbesondere Mädchen, eine adäquate Bildung und existenzsichernde Arbeitsplätze zu verschaffen. Denn dies ist die unabdingbare Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden – das Herzensanliegen von Bischof Bruno. Die Kirche ist vor Ort die einzige Institution, der die Bevölkerung zutraut, diese ambitionierten Ziele in die Tat umzusetzen. Dies gilt gerade auch für die ortsansässigen Muslime, welche die grosse Bevölkerungsmehrheit in dieser Region Kameruns bilden. Von der Kirche geleitete Spitäler, Schulen und Sozialeinrichtungen sind vorbildlich und werden von muslimischen Kindern und Jugendlichen oft besucht. Sie schliessen das Fach «Religionskunde» regelmässig mit Bestnoten ab.

«Die gelbe Gefahr»
Dieses ambitionierte Aufbauprogramm ist umso dringlicher, als nicht nur islamistische «Boko Haram»-Überfälle das gesellschaftliche Gefüge unterminieren, sondern auch der wachsende chinesische Einfluss immer bedrohlichere Ausmasse annimmt. Darauf verweist auch Gesprächspartner Samuel van der Maas von «Open Doors»: Die lukrativen Rohstoffvorkommen vor Ort haben die chinesische Regierung auf den Plan gerufen, die nicht davor zurückschreckt, weite Teile Afrikas einer von China beherrschten Weltordnung zu unterwerfen. A propos China: Samuel van der Mass bringt eine spezifische, kaum bekannte Konstellation zur Sprache, von der auch wiederum die Christen betroffen sind: Die Minderheit der muslimischen Uiguren wird von China grausam unterdrückt, was dazu führt, dass die Uiguren ihrerseits ebenso grausam die wenigen uigurischen Christen verfolgen – als Blitzableiter sozusagen. Andrerseits kann, so Samuel von der Maas, erlittenes Leid auch zum Segen werden. Als Beispiel nennt er die verschiedenen protestantischen Denominationen im Maghreb, die unter dem Druck permanenter Diskriminierungen durch die islamische Mehrheitsgesellschaft näher zusammengerückt sind und deren gegenseitiges Verständnis zunehmend wächst.

Bischof Bruno Ateba seinerseits äussert sich dankbar für die unverzichtbare materielle Unterstützung, die gerade «Kirche in Not» für die afrikanische Kirche leistet –getragen von einer kleinen, aber umso opferbereiteren Schar gläubiger Christen. Darüber hinaus ist für ihn der Brückenschlag zwischen Afrika und Europa auch für die Zukunft unverzichtbar. Denn «Europa», so der Bischof, ist «Liebe, ist Freiheit, ist Bildung».

Auf die Frage von «swiss-cath.ch», weshalb er der Gemeinschaft der Pallottiner beigetreten ist, gibt Bischof Bruno Ateba zur Antwort: «Die Pallottiner sind für uns die Väter des Glaubens und sie haben praktizierte Nächstenliebe vorgelebt, so durch den Bau von Spitälern, durch die Vermittlung von Bildung und Ausbildung.»


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

  • user
    Claudio Tessari 23.11.2024 um 10:02
    Das Blut der Märtyrer ist der Samen für die Kirche. Die Christen sind mit Abstand die meistverfolgte Religionsgemeinschaft. Bei Antisemitismus läuten alle Alarmglocken (es gibt 14 Mio. Juden). Bei der Christenverfolgung von 350 Mio. schweigen die Medien. Warum wohl?