Kirchentür der Kirche Hohen Thekla, Leipizig. (Bild: Cookroach, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Kirche Schweiz

Refe­rat von Weih­bi­schof Marian Ele­ganti am Freundeskreis-​Treffen von «swiss​-cath​.ch»

Am Sams­tag, 11. Januar 2025, fand das erste Tref­fen des «Freun­des­krei­ses swiss​-cath​.ch» statt. Mit Weih­bi­schof em. Marian Ele­ganti konnte ein ebenso pro­fi­lier­ter wie qua­li­fi­zier­ter Refe­rent gewon­nen wer­den. Im Zen­trum der Dis­kus­sio­nen stand die um ihre Iden­ti­tät rin­gende Kir­che im Kon­text der heu­ti­gen Zeit.

«Um uns besser kennenzulernen und zu vernetzen, laden wir Sie zu einem ‹Cheminée-Gespräch› mit Weihbischof em. Marian Eleganti ein. Er hat sich spontan bereit erklärt, mit Ihnen über die aktuellen Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft zu diskutieren und Ihre Fragen zu beantworten.»

Am Samstagnachmittag, den 11. Januar 2025, war es so weit. Dreizehn in Kirche und Gesellschaft engagierte Katholikinnen und Katholiken waren der Einladung gefolgt und hatten sich im Pfarreizentrum St. Agatha in Dietikon eingefunden, um sich über die aktuellen Herausforderungen aus erster Hand zu informieren und sich in einem gegenseitig bereichernden Dialog darüber auszutauschen.

Als Basis für seine Ausführungen diente Weihbischof Eleganti sein kürzlich auf «swiss-cath.ch» publizierter Beitrag «Die nicht mehr verliebte Braut. Gedanken zum Heiligen Jahr 2025». Er diagnostizierte aktuell eine inklusive, in all ihren Positionen flexible und fluide Kirche, die ja niemanden vor den Kopf stossen, vor allem aber keinen Wahrheitsanspruch geltend machen will. Es könnte sich sonst jemand verletzt fühlen, so etwa «durch die Einforderung der zehn Gebote». Die Verabsolutierung der subjektiven Befindlichkeit (Reduktion der Religion auf die Gefühlsebene) macht auch vor objektiven Fakten keinen Halt (Stichwort «Transhumanismus»). Diese «Horizontalisierung des Glaubens» bringt es mit sich, dass Jesus Christus bis weit in den Kreis kirchlicher Mitarbeiter nicht mehr als Sohn Gottes geglaubt und verstanden, sondern auf sein Menschsein reduziert wird.

Weihbischof Marian verortete die Ursache dieser den Kern des Christentums beschlagenden Krise in den schon vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil wirksamen modernistischen Strömungen, von denen auch Letzteres nicht verschont blieb. Man wollte, so Weihbischof Eleganti, «keinen Gegenpol zur Welt» bilden, vielmehr sich der Welt öffnen. Das Stichwort «Aggiornamento» beschreibt treffend den damaligen, von einem naiven Fortschrittsglauben geprägten Zeitgeist. Es gibt klare, unmissverständliche Aussagen des Konzils (so etwa die Aussage, dass sich das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen sich nicht nur dem Grade, sondern dem Wesen nach vom Weihepriestertum unterscheidet und der geweihte Priester in der Person Christi das eucharistische Opfer darbringt, vgl. «Lumen Gentium» 10), aber eben auch schwammige, mehrdeutige Textstellen.

In der engagiert geführten Diskussion kam die Rede auch auf den neuen Ordo der Heiligen Messe. Ob nicht die Abschaffung des alten Ordo ursächlich für die heutige Glaubens- und Kirchenkrise sei? Weihbischof Eleganti verteidigte in diesem Punkt die Konzilsväter. Zwar hätten diese mit dem neuen Ordo die Heilige Messe dem Abendmahl anpassen wollen (Tisch des Wortes, Tisch des Brotes), doch erst die spätere, brachial umgesetzte, in wesentlichen Teilen letztlich nicht konzilskonforme Liturgiereform hat gemäss Einschätzung von Weihbischof Eleganti die Glaubenssubstanz unterhöhlt. Er erwähnte, zurzeit sei er dabei, die Feier des alten Ordo zu lernen. «Ich verstehe nicht, wie man die vielen Priestergebete streichen konnte, oder auch die Gebete bei der Gabenbereitung!» Gleichzeitig erlebt er den neuen Ordo als wertvoll, wenn dieser würdig und korrekt gefeiert wird. Das Ausspielen der beiden Riten gegeneinander bringe die Kirche nicht weiter.

Ein Teilnehmer nahm Bezug auf den oben erwähnten Beitrag, in dem Weihbischof Marian als ein Problem der Kirche den grassierenden Heilsautomatismus anprangerte: Jeder wird gerettet, egal wie er lebt, egal was er glaubt. Nicht einmal der Glaube an Jesus Christus ist heute noch heilsnotwendig, obwohl Christus klar sagt: «Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater ausser durch mich» (Joh 14,6). Solange diese dem Evangelium widersprechende Vorstellung dominiert, ist gemäss Weihbischof Eleganti keine Wende zum Besseren zu erwarten. Dies führte zur Frage nach der Neuevangelisierung. Eine Teilnehmerin verwies auf die Wichtigkeit, dem Mangel an authentischer Verkündigung aktiv entgegenzuwirken.

Doch selbst der Begriff der Neuevangelisierung unterliegt fehlgeleiteten Interpretationen. «Heute besteht das Evangelium oft nur noch aus der Bergpredigt», gab ein Teilnehmer zu bedenken.

Weihbischof Eleganti verortete diesbezüglich auch das Problem einer mangelnden Sachlichkeit. Alles wird sofort auf die personale Ebene projiziert. «Ich sage oft zu Leuten: ‹Du musst nicht mich bekämpfen. Sag mir, was an dieser Bibelstelle, dieser Aussage falsch ist›. Umgekehrt, wenn ich eine Aussage des Papstes kritisiere, geht es mir nicht um die Person des Papstes, sondern eben um diesen Satz, den er gesagt hat.»

Ein weiteres Problem betrifft die Semantik. «Es wird mit positiv besetzten Begriffen den Menschen Sand in die Augen gestreut. Wer kann schon etwas gegen Geschwisterlichkeit haben? Gegen eine offene Kirche oder gegen Toleranz?» Doch es geht eben nicht um die schönen Begriffe, sondern um die versteckte Agenda hinter dieser wohltönenden Nomenklatur. Selbstverständlich soll die Kirche offen sein, doch kann sie nicht hinter den Wahrheitsanspruch Christi zurückgehen.

Aber wieso überprüft die Kirche nicht, was die Wirkungen des Zweiten Vatikanums sind, wollte einer der Teilnehmer wissen. «Jeder Unternehmer überprüft, wie sein Produkt ankommt und zieht Konsequenzen. Die Kirche müsste doch einmal hinschauen und überprüfen, was sich bewährt hat und was nicht. Die Kirche konstatiert lediglich, dass die Leute nicht mehr in die Kirche kommen, sucht aber nicht nach den Gründen.»

Engagierten Menschen, die in der Kirche tätig sind und sich für den unverkürzten Glauben einsetzen, weht oft ein rauer Wind entgegen. Weihbischof Marian erinnerte daran, dass es zum Wesen des Christentums gehört, einen Gegenpol zu Welt zu bilden. Sobald sich die Kirche der Welt anpasst, ist sie kein Gegenpol mehr und verliert ihre geistliche Dimension. Es gibt zwei Möglichkeiten in der Begegnung mit der Welt: «Ich kann den mystischen Weg gehen, auf dem alles als unfassbar, nicht wirklich erklärbar gilt, oder den prophetischen Weg. Hier werden die Dinge klar benannt. Das ist natürlich unbequem und du landest wie Jeremias in der Zisterne.»

Doch Weihbischof Marian Eleganti zeigte sich dieses ungeschönten Befundes gleichwohl zuversichtlich. Er erinnerte an das Beispiel von Papst Johannes Paul II. Dieser wurde zu Lebzeiten geschmäht und verunglimpft, was das Zeug hielt. Doch die Betroffenheit und Anteilnahme der Weltöffentlichkeit anlässlich seines Todes führte buchstäblich über Nacht zu einer bis anhin kaum für möglich gehaltenen Wertschätzung seines Pontifikates. Weihbischof Eleganti sieht auch heute zukunftsweisende, heilsame Reformkräfte am Werk.

Jeder muss Zeugnis geben in dem Rahmen, der ihm möglich ist. «Ich muss das Mass, das ich erhalte, annehmen. Heute habe ich den Raum erhalten, zu Euch zu sprechen. Ich bin gekommen und fülle den erhaltenen Raum aus.» Er vertraut auf das Wirken des Heiligen Geistes: «Von heute auf morgen kann er das Blatt wenden.»

Das anschliessende gemeinsame Nachtessen bot weitere Möglichkeiten, miteinander ins Gespräch zu kommen und zuvor angesprochene Themen zu vertiefen.

Das erste Treffen des «Freundeskreises» stiess auf ein rundum positives Echo. Das Feedback zeigt uns, dass solche Austauschtreffen für alle Beteiligten wichtig und ermutigend sind und wir mit unserem Internetportal auf dem richtigen Weg sind.
 

Haben Sie Interesse am Freundeskreis? Dann melden Sie sich über freundeskreis@swiss-cath.ch. Die Mitgliedschaft im «Freundeskreis swiss-cath.ch» ist kostenlos.


Redaktion


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Bemerkungen :

  • user
    Autor unbekannt 14.01.2025 um 22:52
    Die Wahrheit ist, dass jemand, der ein anderes Evangelium erzählt, zu keiner Sekunde der Papst gewesen sein kann.
  • user
    Schwyzerin 13.01.2025 um 19:28
    Gelegentlich hört man die historisch unhaltbare Behauptung, der sog. , Tritentinische Ritus` sei vor 450 Jahren von Papst Pius V. ,geschaffen` worden. In Wirklichkeit hat das Trienter Konziel lediglich den altehrwürdigen Römischen Ritus, der im Wesentlichen schon unter Papst Gregor dem Grossen im 6. Jahrhundert ausgereift war und dessen Kern ein Erbe aus apostolischer Zeit ist, als verbindlich vorgeschrieben. Die Ehrfurcht vor diesem heiligen Erbe ist in den Texten des Zweiten Vatikanums dort deutlich zu spüren, wo es heisst, dass die Mutter Kirche "alle rechtliche anerkannten Riten gleiches Recht und gleiche Ehre" zuerkenne und dass "diese Riten in Zukunft erhalten und in jeder Weise gefördert werden (SC 4) sollen. Als Richtschnur für das Konzil angestrebte Reform wird definiert: " Schliesslich sollen keine Neuerungen eingeführt werden, es sei denn, ein wirklicher und sicher zu erhofftender Nutzen der Kirche verlange es. Dabei ist Sorge zu tragen, dass die neuen Formen aus den schon bestehenden gewissermassen organisch herauswachsen." (SC 23). Aus dem ORDO MISSAE der Priesterbruderschaft St. Petrus, Thalwil 2024.
    Fakt ist, dass das ORDO MISSAE nie abgeschafft wurde. Der berühmte Satz von Papst Benedikt über den Reichtum der römischen Liturgie sagt: "Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und gross". Die römische Liturgie im Usus antiquior ist ein wertvoller Schatz, den es zu bewahren gilt. Ich bin von Weihbischof Marian Eleganti beeindruckt, dass Exzelenz den alten Ordo erlerne. Das ist wirklich vorbildlich. Ich hoffe, dass es noch mehr Bischöfe gibt, wie Weihbischof Marian Eleganti, die den ORDO MISSAE erlernen. Was Pfarreien brauchen sind Priester, die Hirten sind. Sonst verdunstet der Glaube.
  • user
    Claudio Tessari 13.01.2025 um 16:45
    Bischof Marian ist ein Segen für die Kirche in der Schweiz. Solche Hirten benötigen wir, beten wir mehr für fromme und heiligmässige Hirten