Karte mit Angabe der Bedrohungslage. (Screenshot «Bericht Religionsfreiheit weltweit 2025» von «Kirche in Not»)

Weltkirche

Reli­gi­ons­frei­heit welt­weit zuneh­mend bedroht

Ges­tern Diens­tag, 21. Okto­ber, wurde in Rom die neu­este Aus­gabe des «Bericht Reli­gi­ons­frei­heit welt­weit 2025» von «Kir­che in Not» vor­ge­stellt. Chef­re­dak­teu­rin Marta Petro­sillo musste von einer Ver­schlech­te­rung der Reli­gi­ons­frei­heit berich­ten. «Kir­che in Not» star­tete eine Peti­tion zuguns­ten der Anlie­gen der Religionsfreiheit.

Gemäss dem «Bericht Religionsfreiheit weltweit 2025» kam es im Berichtszeitraum (1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2024) in 62 Ländern zu schwerwiegenden Verletzungen der Religionsfreiheit: 24 Länder werden in die Kategorie «Verfolgung» eingestuft, 38 in die Kategorie «Diskriminierung». In diesen 62 Ländern leben rund 5,4 Milliarden Menschen, das sind 64,7 Prozent der Weltbevölkerung. Weitere 24 Länder stehen unter Beobachtung, weil dort erste Anzeichen für eine Bedrohung der Religionsfreiheit erkennbar sind. Nur in Kasachstan und Sri Lanka verbesserte sich die Lage im Berichtszeitraum.

Die Zahlen lassen gemäss «Kirche in Not» auf eine noch umfassendere Verletzung des in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbrieften Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit als in den vorausgegangenen Jahren schliessen. «Heute ist dieses grundlegende Menschenrecht nicht mehr nur gefährdet. Es wird inzwischen grossen Teilen der Menschheit vorenthalten.»

Verfolgung
Zu jenen Ländern, in denen Gläubige unter religiöser Verfolgung leiden, zählen auch bevölkerungsreiche Nationen wie China und Indien sowie konfliktbelastete oder autoritäre Staaten wie Afghanistan, Eritrea, Nigeria und Nordkorea. In diesen Ländern leben rund 4,1 Milliarden Menschen. «Damit ist mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung potenziell von schwerwiegenden Verstössen gegen die Religionsfreiheit betroffen», schreibt Chefredakteurin Marta Petrosillo im Bericht.

Der Bericht unterscheidet nach der Art der Verfolgung:

  • In Afghanistan, Bangladesch, Libyen, Malediven, Nigeria, Pakistan, Sudan und Jemen ist die Verfolgung auf autoritäre Machtstrukturen in Verbindung mit religiösem Extremismus zurückzuführen.
  • In China, Eritrea, Iran, Nicaragua, Nordkorea, Saudi-Arabien und Turkmenistan besteht sie als Folge von autoritärer staatlicher Kontrolle.
  • In Burkina Faso, Kamerun, Mali, Niger, Somalia, Mosambik und der Demokratischen Republik Kongo liegt der Grund hauptsächlich in religiösem Extremismus.
  • In Indien und Myanmar ist die Verfolgung auf eine Kombination aus Autoritarismus und ethnisch-religiösem Nationalismus zurückzuführen. In Indien wurden allein im Jahr 2024 834 Angriffe gegen Christen gezählt; die Zahl der Festnahmen wegen Verstössen gegen die Anti-Konversionsgesetze stieg deutlich an.

In 18 von den 24 Ländern hat sich die Situation verschlechtert.

Diskriminierung
Zu den 38 Ländern, in denen Menschen aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden, gehören unter anderem Ägypten, Äthiopien, Mexiko, die Türkei und Vietnam. In diesen Ländern leben insgesamt annähernd 1,3 Milliarden Menschen, d. h. rund 17,3 Prozent der Weltbevölkerung. Die Diskriminierung kann sich in verschiedenen Formen zeigen: Beispielsweise dürfen die Menschen ihren Glauben nicht öffentlich bekunden oder werden rechtlich anders behandelt als Angehörige anderer Glaubensrichtungen.

Gemäss dem Bericht von «Kirche in Not» ist die häufigste Ursache für Diskriminierung der herrschende Autoritarismus. Davon sind 24 Länder betroffen, unter anderem Algerien, Malaysia, Venezuela und die Türkei. Im Tschad ist die Diskriminierung auf religiösen Extremismus zurückzuführen, so der Bericht. In Haiti und Mexiko hängt sie mit der organisierten Kriminalität zusammen. Hier werden religiöse Führer von bewaffneten Gruppen ermordet oder entführt, während Pfarreien durch Erpressung unter Druck gesetzt werden, um die territoriale Kontrolle dieser Gruppen zu sichern.
In Ägypten, Jordanien, Irak, Kuwait, Oman, Syrien und Thailand liegt eine Mischung aus autoritärer Regierung und religiösem Extremismus vor. In Israel und Palästina wird die Religionsfreiheit von ethnisch-religiösem Nationalismus in Verbindung mit Extremismus untergraben.

Unter Beobachtung
In 24 Ländern wurden Anzeichen für eine Bedrohung der Religionsfreiheit festgestellt, so z. B. in Chile, Indonesien, Kenia und Weissrussland; 750 Millionen Menschen könnten von religiöser Diskriminierung bedroht sein. Hinweise sind unter anderem zunehmende Intoleranz, eine Aufweichung der rechtlichen Schutzmechanismen, religiöser Extremismus und eine zunehmende staatliche Einmischung in das religiöse Leben.

Autoritäre Kontrolle
Gemäss dem Bericht von «Kirche in Not» stellt Autoritarismus die grösste Bedrohung für die Religionsfreiheit dar. Ein auffälliges regionales Muster zeigt sich in Lateinamerika, wo viele Länder dem São Paulo Forum nahestehen, einem transnationalen Bündnis linker Parteien und Bewegungen. In solchen Kontexten besteht die Gefahr, dass Religion politisiert wird: «Regierungskritische Kirchen werden unter Druck gesetzt, der Handlungsspielraum von religiösen Organisationen, die sich für Bildung, Sozialwesen und Menschenrechte engagieren, wird eingeschränkt.»

China hat sein Sinisierungsprogramm weiter verschärft. Neue Vorschriften verlangen, dass sich alle religiösen Versammlungsorte ausdrücklich an sozialistischen Werten zu orientieren haben. Tibetische und muslimische Gemeinden müssen die Umbenennung von Dörfern sowie Festnahmen und die Zerstörung von Gebetsstätten erdulden. «Besonders besorgniserregend sind Gesetze, die den Religionsunterricht für Minderjährige verbieten und deren Teilnahme an Gottesdiensten einschränken.»

In Nordkorea ist jede Form von religiöser Äusserung streng verboten. In Vietnam und Laos werden christliche Minderheiten gezwungen, ihrem Glauben abzuschwören. Kirchen werden zerstört, Geistliche ermordet, so Chefredakteurin Marta Petrosillo. Auch im Iran oder Turkmenistan stehen Glaubensgemeinschaften unter ständiger staatlicher Überwachung.

Die Digitalisierung und die «Künstliche Intelligenz» besitzen ein besorgniserregendes Potenzial, wenn es um Überwachung, Manipulation und Unterdrückung geht.
 


Terrorismus und Krieg
Religiöser Extremismus ist nach wie vor weltweit eine der Hauptursachen für Verfolgung. Die Studie warnt davor, dass sich der islamistische Extremismus weiter ausbreitet, insbesondere in Afrika und Asien. Die Sahelzone ist zum Drehpunkt dschihadistischer Gewalt geworden, wo Gruppen wie der Islamische Staat – Provinz Sahel (ISSP) und JNIM den Tod von Hunderttausenden Menschen, die Vertreibung von Millionen und die Zerstörung hunderter christlicher Kirchen und Schulen verursacht haben.

Nigeria erlebt vor allem im Norden und im Middle Belt einen massiven Anstieg der religiös motivierten Gewalt. «Bewaffnete Gruppen wie Boko Haram, ISWAP und radikalisierte Fulani-Hirten greifen Dörfer, Kirchen, Gemeinden und Geistliche an, vertreiben die Bewohner und nehmen ihr Land in Besitz.»

In bewaffneten Konflikten, z. B. in Syrien, Myanmar oder der Ukraine sind Glaubensgemeinschaften oft Opfer gezielter Gewalt. Terrorgruppen benutzen die Religion als Vorwand für Gewalt, insbesondere gegen Christen und gegen Muslime, die extremistische Ideologien ablehnen.

Im Krieg zwischen Israel und der Hamas wurde gemäss dem Bericht die religiöse Infrastruktur in Gaza vollständig zerstört. «In Israel vertiefen sich die Risse in der Gesellschaft. Beiden Seiten werden Kriegsverbrechen vorgeworfen. Der religiöse Tourismus, der für das christliche Leben in der Region wichtig ist, kam zum Erliegen.»

In mehreren mehrheitlich muslimischen Ländern wird die Religionsfreiheit aufgrund der engen Auslegung und Durchsetzung des islamischen Rechts, der Scharia, rigoros eingeschränkt. So führen z. B. in Pakistan Blasphemievorwürfe, die sich häufig gegen Nichtmuslime richten, zu gewaltsamen Ausschreitungen und Strafverfolgung. In Afghanistan steht auf Apostasie die Todesstrafe.

Der Bericht macht auf die Situation von Frauen, die religiösen Minderheiten angehören, aufmerksam: In Ländern wie Pakistan, Ägypten und Mosambik wurden sie Opfer von Entführungen, Zwangskonvertierungen und Zwangsheirat.

Auch in Europa
In der Rechtsprechung und Politik einiger demokratischer Länder gerät die Religionsfreiheit zunehmend in ein Spannungsverhältnis mit anderen Grundrechten oder vermeintlichen Rechten, so ein weiteres Ergebnis des Berichts. «Selbst in Gesellschaften mit unumstösslichen verfassungsmässigen Garantien – wie in den OSZE-Staaten – gerät das Recht auf Gewissensfreiheit zunehmend unter Druck, besonders im Zusammenhang mit der Verweigerung des Militärdienstes und der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen. Rechtsvorschriften und kulturelle Erwartungen stellen immer häufiger tatsächliche oder vermeintliche Rechte über die Religionsfreiheit.»

Die Verschlechterung der Religionsfreiheit macht auch vor Europa und Nordamerika nicht halt. Im Jahr 2023 wurden in Frankreich nahezu 1000 Angriffe auf Kirchen und in Griechenland über 600 Fälle von Vandalismus registriert. Ähnliche Höchstwerte verzeichneten Spanien, Italien und die Vereinigten Staaten – darunter Schändungen von Kultstätten, körperliche Übergriffe auf Geistliche sowie Störungen von Gottesdiensten. Nach Einschätzung von «Kirche in Not (ACN)» spiegeln diese Vorfälle ein Klima ideologischer Feindseligkeit gegenüber der Religion wider.

Der Bericht dokumentiert, dass es mit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem Ausbruch des Gaza-Kriegs in Europa, Nordamerika und Lateinamerika zu einer Welle antisemitischer und antimuslimischer Vorfälle kam. In Frankreich stieg die Zahl antisemitischer Übergriffe um 1000 Prozent, während Hassverbrechen gegen Muslime um 29 Prozent zunahmen. In Deutschland wurden im Zusammenhang mit dem Israel-Hamas-Konflikt im Jahr 2023 insgesamt 4369 Vorfälle registriert – im Vergleich zu lediglich 61 Fällen im Vorjahr. Die zum Teil unzureichenden Reaktionen der staatlichen Behörden führten unter den Anhängern der Glaubensgemeinschaften zu Angst und Verunsicherung.

Der Bericht weist darauf hin, dass in den westlichen OSZE-Ländern Anfeindungen gegen Christen nicht hinreichend dokumentiert und öffentlich gemacht werden. «Das bedeutet auch, dass die Politik keinen Anlass zum Handeln sieht, Feindseligkeiten zum Alltag werden, die Ungleichbehandlung gefördert wird und christliche Gemeinden verwundbarer werden.»

Eine weltweite Petition für Religionsfreiheit
Zum ersten Mal in seiner Geschichte startete «Kirche in Not (ACN)» bei der Veranstaltung eine weltweite Petition, um Regierungen und internationale Organisationen zum wirksamen Schutz von Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aufzufordern, der jedem Menschen das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit garantiert.

«Warum diese Petition? Weil das Recht zu glauben – oder nach den eigenen Überzeugungen zu leben – in 62 Ländern auf dem Rückzug ist und dies Milliarden von Menschen betrifft. In den letzten 25 Jahren hat ‹Kirche in Not (ACN)› dokumentiert, wie religiöse Verfolgung Gemeinschaften zerstört, Konflikte schürt und Millionen von Menschen zur Flucht zwingt. Jetzt mehr denn je muss die Religionsfreiheit weltweit verteidigt und geschützt werden», erklärte Regina Lynch, Geschäftsführende Präsidentin von «Kirche in Not (ACN)» International und lud alle ein, die Petition zu unterzeichnen, wobei sie das Motto der Initiative hervorhob: «Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, kein Privileg.» Link zur Petition

Trotz dieser trostlosen Lage unterstreicht der Bericht von «Kirche in Not (ACN)» die Stärke religiöser Gemeinschaften, die trotz Verfolgung weiterhin humanitäre Hilfe leisten sowie Bildung und Hoffnung vermitteln. In Mosambik und Burkina Faso haben interreligiöse Projekte gezeigt, dass der Glaube ein Motor für Versöhnung und sozialen Zusammenhalt sein kann. «Religionsfreiheit ist der Gradmesser für alle anderen Menschenrechte. Ihre Einschränkung kündigt einen umfassenderen Zusammenbruch der Grundfreiheiten an», schloss Regina Lynch.
 

Bericht Religionsfreiheit weltweit 2025 online

Der Bericht kann auch als gedruckte Ausgabe bezogen werden Link


Redaktion


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Bemerkungen :

  • user
    Joseph Laurentin 23.10.2025 um 12:20
    Der Bericht von Kirche in Not zeigt, wie Christen weltweit verfolgt und unterdrückt werden – ein deutliches Zeichen, dass der Teufel die wahre Kirche Christi bekämpft. Doch das ist kein neues Phänomen: Schon Jesus und die Apostel wurden verfolgt. Auch heute geschieht es, selbst innerhalb der Kirche, wo treue Katholiken ausgegrenzt werden. Verfolgung gehört zum wahren Glauben – sie ist Prüfstein der Treue zu Christus.