Gemäss dem «Bericht Religionsfreiheit weltweit 2025» kam es im Berichtszeitraum (1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2024) in 62 Ländern zu schwerwiegenden Verletzungen der Religionsfreiheit: 24 Länder werden in die Kategorie «Verfolgung» eingestuft, 38 in die Kategorie «Diskriminierung». In diesen 62 Ländern leben rund 5,4 Milliarden Menschen, das sind 64,7 Prozent der Weltbevölkerung. Weitere 24 Länder stehen unter Beobachtung, weil dort erste Anzeichen für eine Bedrohung der Religionsfreiheit erkennbar sind. Nur in Kasachstan und Sri Lanka verbesserte sich die Lage im Berichtszeitraum.
Die Zahlen lassen gemäss «Kirche in Not» auf eine noch umfassendere Verletzung des in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbrieften Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit als in den vorausgegangenen Jahren schliessen. «Heute ist dieses grundlegende Menschenrecht nicht mehr nur gefährdet. Es wird inzwischen grossen Teilen der Menschheit vorenthalten.»
Verfolgung
Zu jenen Ländern, in denen Gläubige unter religiöser Verfolgung leiden, zählen auch bevölkerungsreiche Nationen wie China und Indien sowie konfliktbelastete oder autoritäre Staaten wie Afghanistan, Eritrea, Nigeria und Nordkorea. In diesen Ländern leben rund 4,1 Milliarden Menschen. «Damit ist mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung potenziell von schwerwiegenden Verstössen gegen die Religionsfreiheit betroffen», schreibt Chefredakteurin Marta Petrosillo im Bericht.
Der Bericht unterscheidet nach der Art der Verfolgung:
- In Afghanistan, Bangladesch, Libyen, Malediven, Nigeria, Pakistan, Sudan und Jemen ist die Verfolgung auf autoritäre Machtstrukturen in Verbindung mit religiösem Extremismus zurückzuführen.
- In China, Eritrea, Iran, Nicaragua, Nordkorea, Saudi-Arabien und Turkmenistan besteht sie als Folge von autoritärer staatlicher Kontrolle.
- In Burkina Faso, Kamerun, Mali, Niger, Somalia, Mosambik und der Demokratischen Republik Kongo liegt der Grund hauptsächlich in religiösem Extremismus.
- In Indien und Myanmar ist die Verfolgung auf eine Kombination aus Autoritarismus und ethnisch-religiösem Nationalismus zurückzuführen. In Indien wurden allein im Jahr 2024 834 Angriffe gegen Christen gezählt; die Zahl der Festnahmen wegen Verstössen gegen die Anti-Konversionsgesetze stieg deutlich an.
In 18 von den 24 Ländern hat sich die Situation verschlechtert.
Diskriminierung
Zu den 38 Ländern, in denen Menschen aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden, gehören unter anderem Ägypten, Äthiopien, Mexiko, die Türkei und Vietnam. In diesen Ländern leben insgesamt annähernd 1,3 Milliarden Menschen, d. h. rund 17,3 Prozent der Weltbevölkerung. Die Diskriminierung kann sich in verschiedenen Formen zeigen: Beispielsweise dürfen die Menschen ihren Glauben nicht öffentlich bekunden oder werden rechtlich anders behandelt als Angehörige anderer Glaubensrichtungen.
Gemäss dem Bericht von «Kirche in Not» ist die häufigste Ursache für Diskriminierung der herrschende Autoritarismus. Davon sind 24 Länder betroffen, unter anderem Algerien, Malaysia, Venezuela und die Türkei. Im Tschad ist die Diskriminierung auf religiösen Extremismus zurückzuführen, so der Bericht. In Haiti und Mexiko hängt sie mit der organisierten Kriminalität zusammen. Hier werden religiöse Führer von bewaffneten Gruppen ermordet oder entführt, während Pfarreien durch Erpressung unter Druck gesetzt werden, um die territoriale Kontrolle dieser Gruppen zu sichern.
In Ägypten, Jordanien, Irak, Kuwait, Oman, Syrien und Thailand liegt eine Mischung aus autoritärer Regierung und religiösem Extremismus vor. In Israel und Palästina wird die Religionsfreiheit von ethnisch-religiösem Nationalismus in Verbindung mit Extremismus untergraben.
Unter Beobachtung
In 24 Ländern wurden Anzeichen für eine Bedrohung der Religionsfreiheit festgestellt, so z. B. in Chile, Indonesien, Kenia und Weissrussland; 750 Millionen Menschen könnten von religiöser Diskriminierung bedroht sein. Hinweise sind unter anderem zunehmende Intoleranz, eine Aufweichung der rechtlichen Schutzmechanismen, religiöser Extremismus und eine zunehmende staatliche Einmischung in das religiöse Leben.
Autoritäre Kontrolle
Gemäss dem Bericht von «Kirche in Not» stellt Autoritarismus die grösste Bedrohung für die Religionsfreiheit dar. Ein auffälliges regionales Muster zeigt sich in Lateinamerika, wo viele Länder dem São Paulo Forum nahestehen, einem transnationalen Bündnis linker Parteien und Bewegungen. In solchen Kontexten besteht die Gefahr, dass Religion politisiert wird: «Regierungskritische Kirchen werden unter Druck gesetzt, der Handlungsspielraum von religiösen Organisationen, die sich für Bildung, Sozialwesen und Menschenrechte engagieren, wird eingeschränkt.»
China hat sein Sinisierungsprogramm weiter verschärft. Neue Vorschriften verlangen, dass sich alle religiösen Versammlungsorte ausdrücklich an sozialistischen Werten zu orientieren haben. Tibetische und muslimische Gemeinden müssen die Umbenennung von Dörfern sowie Festnahmen und die Zerstörung von Gebetsstätten erdulden. «Besonders besorgniserregend sind Gesetze, die den Religionsunterricht für Minderjährige verbieten und deren Teilnahme an Gottesdiensten einschränken.»
In Nordkorea ist jede Form von religiöser Äusserung streng verboten. In Vietnam und Laos werden christliche Minderheiten gezwungen, ihrem Glauben abzuschwören. Kirchen werden zerstört, Geistliche ermordet, so Chefredakteurin Marta Petrosillo. Auch im Iran oder Turkmenistan stehen Glaubensgemeinschaften unter ständiger staatlicher Überwachung.
Die Digitalisierung und die «Künstliche Intelligenz» besitzen ein besorgniserregendes Potenzial, wenn es um Überwachung, Manipulation und Unterdrückung geht.
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