Prozession der Bruderschaften mit dem Apostolischen Administrator von Lugano, Weihbischof Alain de Raemy. (Bild: Kathrin Benz)

Kirche Schweiz

Schwei­zer Bru­der­schaf­ten tref­fen sich in Lugano zur Jubiläumsfeier

In Lugano haben sich die Schwei­zer Bru­der­schaf­ten am Sonn­tag, 12. Okto­ber, ver­sam­melt, um das Hei­lige Jahr zu fei­ern. Höhe­punkt waren eine Ves­per mit dem Apos­to­li­schen Admi­nis­tra­tor Alain de Raemy in der Kathe­drale und eine Pro­zes­sion durch die Innenstadt.

Begleitet von den Klängen der Philharmonie von Stabio und den Trommelwirbeln der napoleonischen Milizien von Aquila haben Vertreterinnen und Vertreter von rund 50 Schweizer und einiger ausländischer Bruderschaften am Sonntag mit einer eucharistischen Prozession durch die Innenstadt Luganos das Heilige Jahr gefeiert. Mit dabei waren acht Bruderschaften aus der Deutschschweiz.

Bruderschaften sind ein verborgener Schatz der Kirche. Sie pflegen Riten, die den Sinn für das Heilige und die Schönheit der Liturgie vermitteln, unterstützen Pfarreien und Bedürftige und fördern ihre Mitglieder im Bestreben, den Glauben in alltägliche gute Taten umzusetzen. Ein Spezialist für die Bruderschaften der Schweiz ist der Tessiner Historiker und Theologe Davide Adamoli, der den Anlass in Lugano unter dem Patronat der Schweizerischen Bischofskonferenz mitorganisierte.

Laut Davide Adamoli gibt es in der Schweiz etwa 200 aktive Bruderschaften, viele stehen inzwischen auch Frauen offen. Die meisten finden sich im Tessin, in der Innerschweiz sowie in Solothurn, Aargau, Freiburg und im Oberwallis. Es gibt sie aber in fast allen Kantonen. Die älteste (noch aktive) ist die Bruderschaft der Unbefleckten Empfängnis in Romont FR, die 1336 gegründet wurde. Die jüngsten sind die Bruderschaften der peruanischen Diaspora in Zürich, Genf und Lausanne, die dem Señor de los Milagros gewidmet sind und zu deren weltweiten Mitgliedern auch Papst Leo XIV. gehört.

Verschiedene Aufgaben
Historisch gesehen war und ist die Haupttätigkeit der Bruderschaften mit dem öffentlichen Kult oder dem Gebet für die Verstorbenen verbunden, wie Davide Adamoli erklärt. Viele haben aber auch andere Aufgaben wie z B. die beiden Männer-Bruderschaften aus Bremgarten AG, die Liebfrauenbruderschaft (aktuell 120 Mitglieder) und die Crispini-Bruderschaft (158 Mitglieder), die nur am Vorprogramm von Samstag dabei sein konnten. Sie existieren seit dem 15. Jahrhundert und haben neben dem Unterhalt einer Muttergotteskapelle namentlich die Aufgabe, die Ausbildung der Söhne (Crispini) und Töchter (Liebfrauen) der Mitglieder finanziell zu unterstützen.

Aus der deutschen Schweiz waren noch weitere sieben Bruderschaften vertreten. Die Männerkongregation Mariä Himmelfahrt Solothurn (gegründet 1563), die sich stark auf das Patriziat und die Geistlichkeit auswirkte und Bedürftige unterstützte. Der weltweite Zusammenschluss dieser Kongregationen heisst heute «Gemeinschaft christlichen Lebens» (GCL). Die Männerkongregation von Solothurn zählt rund 120 Mitglieder. Sie pflegt die ignatianische Spiritualität und das Rosenkranzgebet, das Studium der Bibel und die Feier der Sakramente. Die Mitglieder bemühen sich, im Alltag als Christen zu leben und Verantwortung in Kirche und Welt wahrzunehmen.

In Lugano ebenfalls vertreten waren die «Herrgottskanoniere» oder besser die Bruderschaft des heiligen Fronleichnams aus Luzern, die auf 1580 zurückgeht. Immer zu Fronleichnam feuern sie aus historischen Kanonen zwölf Böllerschüsse ab. Die Kanoniere treffen sich das Jahr über zweimal zu einem Gottesdienst – jeweils in der Fastenzeit und zu Allerheiligen im Andenken an ehemalige Mitglieder.

Aus Stans war die Remigianerbruderschaft vertreten. Sie entstand 1661 und ist dem Nidwaldner Landespatron und Katakombenheiligen Remigius gewidmet. Die Remigianer treffen sich an Anniversarien und den Begräbnissen ihrer Mitglieder.
 

 


Aus Uri reisten zwei Gruppen ins Tessin. Altdorf war mit der Bruderschaft zur Förderung guter Werke, genannt «Barmherzige Brüder», vertreten, mit Gründungsjahr 1754. Ihr Motto lautet: «Bestand hat nur, was wir aus Liebe und Barmherzigkeit tun». Neben guten Werken und Wohltätigkeit nehmen sie an den Prozessionen zu Fronleichnam und dem Karfreitag teil und treffen sich mehrmals pro Jahr zur Anbetung und zu Gottesdiensten für die verstorbenen Mitglieder.

Die gemischte Officibruderschaft Ursern (Hospenthal) geht auf das Jahr 1718 zurück und verpflichtet sich zum Erhalt der christlichen ethischen Werte in Wirtschaft und Gesellschaft und der Pflege historischer Bräuche und organisiert kulturelle Aktivitäten für das Gemeinwohl.

Der Walliser Kerzenbruderschaft Leuk aus dem Jahr 1791 gehören aktuell 160 Männer an. Ihre Aufgabe besteht in einer würdevollen Beerdigung der Mitglieder sowie in der Unterstützung sozialer Projekte in der Region wie aktuell das Kinderdorf Leuk.

Die Peruaner in der Schweiz gründeten 2005 in Zürich die Hermandad del Señor de los Milagros und organisieren jährlich zu Allerheiligen eine grosse Prozession in der Limmatstadt. In Lima wird der «Herr der Wunder» jedes Jahr in einer der grössten Prozessionen der Welt gefeiert. 1651 malte ein Sklave das Bild eines dunkelhäutigen Christus, mit dem sich die Ureinwohner und Sklaven identifizierten Die Behörden wagten es nicht, das Bild zu entfernen und den Kult zu unterdrücken.

Impulse für Europa
Im Bistum Lugano existieren noch immer rund 70 Bruderschaften. Im Unterschied zu anderen Kantonen sind sie in einem Dachverband (UCDL) zusammengeschlossen. Von der Schweiz gingen bisher wichtige Impulse aus. So wurde 2020 in Lugano das Paneuropäische Forum der Bruderschaften gegründet, das vom vatikanischen Dikasterium für Evangelisierung und vom Rat der Europäischen Bischofskonferenzen unterstützt wird. Jedes Jahr nehmen Vertreter aus verschiedenen Ländern (Schweiz, Italien, Malta, Frankreich, Monaco, Spanien, Portugal, Belgien, England, Polen) daran teil, und es umfasst über 26 000 Bruderschaften, die etwa 6 Millionen Menschen umfassen (www.confraternitas.eu).

Die Bruderschaften sind also alles andere als ein Relikt alter Zeiten, sondern sie beleben und verschönern vielmehr noch immer das Leben der Pfarreien auf der ganzen Welt und tragen die Kreuze und das Allerheiligste durch die Strassen als Zeugnis für die Gegenwart Gottes.


Kathrin Benz


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