Die «Aufnahme Marias in den Himmel» feiert die Kirche als Hochfest – obwohl wir noch nicht einmal wissen, wann und wie die Mutter Gottes gestorben ist.
«Sei es, dass die heilige Jungfrau starb und begraben ist; in Ehre ist ihre Grabesruhe und in Reinheit ihr Ende und die Jungfräulichkeit ihr Kranz. Oder sei es, dass sie getötet wurde, wie geschrieben steht: ‹Und ihre Seele wird ein Schwert durchdringen› (Lk 2,35). Unter den Märtyrern ist ihr Ruhm und in seligen Wonnen ihr heiliger Leib. Durch sie ist ja der Welt das Licht aufgegangen. Oder sei es, dass sie [am Leben] blieb; denn es ist ja Gott nicht unmöglich, alles zu tun, was er nur will. Über ihr Ende weiss niemand Bescheid» Epiphanios v. Salamis, Panárion 78,24.
Es gibt eine Sammlung legendarischer Schriften über das Sterben und die Aufnahme Mariens in den Himmel, «Transitus sanctae Mariae apocryphus» genannt, aus dem 4. bis 6. Jahrhundert, deren verschiedenen Varianten jedoch inhaltlich stark voneinander abweichen, sodass ihr Wert als historische Quelle für den Tod Mariens nur gering ist.
Nach einer Legende soll der Apostel Johannes zusammen mit seinem Bruder Jakobus ein Haus auf dem Berg Zion bei Jerusalem gekauft haben. Dort habe er Maria nach dem Tod und der Auferstehung Jesu aufgenommen, und dort soll die Gottesmutter auch entschlafen sein. Heute stehen an dieser Stelle die «Dormitio»-Basilika und die «Dormitio»-Abtei (Dormitio = Entschlafung).
Die Darstellung der «Entschlafung Mariens» ist die typische Darstellung in der Ostkirche. Ihr entspricht in der Westkirche in Analogie zur Himmelfahrt Christi die Aufnahme Mariens in den Himmel. Im Gefolge der Reformation war vor allem die triumphierende Darstellung der zum Himmel auffahrenden Maria – meist mit Engelsgeleit – verbreitet.
Wieso waren bereits die Christinnen und Christen der ersten Jahrhunderte überzeugt, dass Maria in den Himmel aufgenommen wurde?
Die Antwort liegt in ihrer engen Beziehung zu Jesus Christus: Durch ihr Ja wurde Maria die Mutter Jesu Christi, unseres Erlösers, und durch ihre Mutterschaft bleibt sie für immer ihrem Sohn verbunden. Maria ist ganz und ungeteilt bei Christus.
In der Heiligen Schrift heisst es: «Die Gott aber vorausbestimmt hat, die hat er auch berufen, und die er berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht» (Röm 8,30; vgl. Eph 1,3–6). Und an anderer Stelle: «Gott hat uns mit Christus Jesus auferweckt und uns zusammen mit ihm einen Platz in den himmlischen Sphären gegeben» (Eph 2,6). Unsere irdische Christusverbundenheit findet ihre Vollendung in der ewigen Gottesschau. Für die Christen war schon früh klar, dass dies in besonderer und erster Weise auf die Mutter Jesu Christi zutrifft. So ist bereits im 3. Jahrhundert das Mariengebet «Unter deinen Schutz und Schirm» bekannt, in dem Maria als Fürsprecherin angerufen wird; das setzt voraus, dass sie bei Christus ist..
Ihre enge Christusverbundenheit leuchtet in den Worten Elisabets auf, mit denen sie vom Heiligen Geist erfüllt Maria begrüsste: «Selig, die geglaubt hat, dass in Erfüllung geht, was ihr vom Herrn gesagt wurde» (Lk 1,45). Maria führt diesen Gedanken – ebenfalls vom Heiligen Geist erfüllt – fort, indem sie antwortet: «Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter» (Lk 1,48).
Papst Benedikt XVI. merkt in seiner Predigt zum Hochfest aus dem Jahr 2006 dazu an: «‹Von nun an preisen dich selig alle Geschlechter›: Das bedeutet, dass die Zukunft, das, was vor uns liegt, Gott gehört, in seinen Händen liegt, dass Gott siegen wird. Und es ist nicht der Drache, der siegen wird, der starke Drache, von dem heute die Erste Lesung spricht, der Drache, der alle gewalttätigen Mächte der Welt verkörpert. […] Die Frau – so zeigen uns die Erste Lesung und das Evangelium – ist stärker, weil Gott stärker ist. Sicher, dem so mächtigen und bedrohlichen Drachen gegenüber erscheint die Frau, die Maria ist und auch die Kirche, schutzlos und verwundbar. Und tatsächlich ist Gott in der Welt verwundbar, denn er ist die Liebe, und Liebe ist verwundbar. Dennoch hat er die Zukunft in der Hand; die Liebe und nicht der Hass wird siegen, der Frieden wird schliesslich den Sieg erringen.»
Am heutigen Hochfest feiern wir den Glauben, dass auch wir wie Maria einst von Christus in seine Herrlichkeit aufgenommen werden. Dies setzt den Glauben an Jesus Christus voraus, den Maria uns vorgelebt hat und durch den sie zum grossen Vorbild aller Gläubigen geworden ist. Denn es ist allein der Glaube an Christus, der uns in diesem Leben Orientierung gibt, wie wir leben sollen, und es ist allein der Glaube an Christus, der uns den Weg nach Hause – in die ewige Heimat – zeigt.
Erste Lesung: Offb 11,19a; 12,1–6a.10ab
Zweite Lesung: 1 Kor 15,20–27a
Evangelium: Lk 1,39–56
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Allmacht: Es ist unvorstellbar, dass Gott sein leiblicher Körper von einer Frau weben lässt, die an sich das Zeichen des Drachen trägt (Sündenmal) Das bedingt, dass Maria frei sein muss sowohl von der Erbsünde wie auch von der individuellen Sünde.
Da der Tod durch die Sünde zum Menschen fand ist es eine Frage der Gerechtigkeit, dass die Sündenlose ihn nicht sah, sondern mit Körper und Seele auffuhr.