Vor wenigen Tagen wurde «swiss-cath.ch» von einem besorgten Familienvater aus dem Zürcher Oberland kontaktiert. Seine Tochter war traumatisiert aus der Schule gekommen. Was war geschehen? Für die 6. Klasse stand im Rahmen des obligatorischen Sexualkundeunterrichts ein Workshop der Organisation «Achtung Liebe» auf dem Programm. Die Lehrperson durfte nicht anwesend sein, so die Vorbedingung von «Achtung Liebe». Dies unter dem Vorwand, Schülerinnen und Schüler könnten dann unbefangener ihre Fragen stellen.
Die beiden Leiterinnen des Workshops – eine lesbische Frau und eine Frau, deren Freund transgender ist (müssen das die Schüler wissen?) – wurde den Kindern im Alter von 11 und 12 Jahren unter anderem folgende Aussagen zugemutet:
- Sex kann man mit jedem haben.
- Wenn Frauen sich gegenseitig lecken, ist das normal.
- Männer mögen es, wenn man an ihrem Penis lutscht.
- Pornos anschauen ist in Ordnung.
In diesem Workshop zeigte man den Kindern Dildos und bot ihnen am Ende des Workshops an, Kondome mitzunehmen.
Im Anschluss an diesen Workshop beschwerten sich Eltern bei der Schulleitung. In einer ersten Stellungnahme bedauerten das Unterrichtsteam und die Schulleitung, dass der Workshop bei einigen «Schüler:innen» und Eltern zu Unsicherheit oder Unwohlsein geführt habe. «Einzelne Eltern erwähnten Beispiele, welche die sachlich und fachlich professionellen Informationen, sowie eine neutrale Haltung der Aufklärenden anzweifeln lassen.» Trotzdem wollte die Schulleitung die Zusammenarbeit mit «Achtung Liebe» fortsetzen. «Wir stehen im Dialog mit ‹Achtung Liebe›, um sicherzustellen, dass zukünftige Workshops die Bedürfnisse unserer Schüler:innen noch besser erfüllen.» Die Formulierung «noch besser erfüllen» war in diesem Zusammenhang übrigens nicht ironisch gemeint.
Ob und in welcher Form die Schulleitung die Zusammenarbeit mit «Achtung Liebe» fortsetzt, ist zurzeit noch offen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Workshops von «Achtung Liebe» in der Kritik stehen. In seinem Beitrag «Bananen und Penisse» in der «Weltwoche» vom 8. Februar 2024 berichtete Philipp Gut von einem ähnlichen Fall im Kanton Zug. Dort wurden Schülerinnen und Schüler einer siebten Klasse gefragt, ob sie bereits Sex hätten und sie mussten vor der ganzen Klasse Kondome über Bananen stülpen.
«Motivierte» Studenten statt Fachleute
«Achtung Liebe ist eine schweizweite Non-Profit-Organisation von Student*innen, welche sich im Rahmen von selbst geleiteten Schuleinsätzen für eine zeitgemässe und altersgerechte Sexualaufklärung einsetzen», so die Selbstbeschreibung auf der Webseite von «Achtung Liebe». Die Organisation hat Lokalsektionen an den Universitäten Basel, Bern und Zürich und steht «motivierten Studierenden aller Fachrichtungen offen», welche an einer Schweizer Hochschule immatrikuliert sind.
Ausgebildet werden die «motivierten» Studierenden «von uns als auch von Expert*innen in den Bereichen der Sexualpädagogik, Infektiologie und Gynäkologie». Wie gross der Anteil der Experten an der Ausbildung ist, steht nirgends. Fachwissen allein genügt nicht; dieses muss auch altersgerecht vermittelt werden. Es muss angezweifelt werden, dass Studenten in einem Kurs in Rekordzeit die dafür notwendigen pädagogischen Voraussetzungen erlernen können – geschweige denn die nötige Erfahrung.
Interessant auch der Inhalt dieser Workshops im Rahmen der Sexualkunde: «Neben unseren Methoden zu den Themen Anatomie, Verhütungsmittel, sexuell übertragbaren Infektionen, Beziehungen, sexuelle Orientierung/Identität und Pornografie lernen die neuen Mitglieder, wie sie mit den Jugendlichen in unbefangenen Kontakt treten und über Themen rund um Sexualität, Gefühle und Beziehungen aufklären können.» Die Themenauswahl bei den Einsätzen in der Schule treffen die Studierenden und nicht etwa die Lehrer, welche die Kinder kennen.
Auf der Webseite ist weiter zu erfahren, dass sich «Achtung Liebe» aktiv für die Gleichstellung aller Geschlechter, für Rechte und Gesundheit von LGBTQIA+*-Menschen, gegen Sexismus, gegen Rassismus sowie jegliche Form von Diskriminierung einsetzt. «Achtung Liebe möchte durch Vermittlung von fundiertem und umfassendem Wissen über die Diversität von Menschen, Geschlechterrollen, Gender, Sex, Liebe, sexueller Orientierung und Beziehung zu einer Gesellschaft beitragen, die von zwischenmenschlichem Respekt geprägt ist.»
Die Methoden der Aufklärung-Workshops richten sich nach den «Standards der ganzheitlichen Sexualaufklärung in Europa» der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und den Richtlinien der «International Planned Parenthood Federation».
Diese Standards der WHO empfehlen, bereits mit Kindern von 0 bis 4 Jahren über das «Vergnügen und Lust, den eigenen Körper zu berühren» und «frühkindliche Masturbation» zu sprechen. Im Alter von 4 bis 6 Jahren sollen gleichgeschlechtliche Beziehungen sowie die unterschiedlichen Arten von (Familien-)Beziehungen Thema sein. 6- bis 9-Jährigen sollen erfahren, wie sie mit «Sex in den Medien umgehen können, welche Krankheiten in Verbindung mit Sexualität vorkommen sowie über sexuelle Gewalt und Aggression informiert werden. Kinder von 9 bis 12 Jahren sollen wissen, wie man «wirksam Kondome und andere Verhütungsmittel» anwendet. Ausserdem soll mit ihnen über ihre ersten sexuellen Erfahrungen gesprochen werden. 12- bis 15-Jährige sollen in der Lage sein, Anzeichen und Symptome einer Schwangerschaft zu erkennen und Verhütungsmittel auf angemessene Weise zu beschaffen.
Gleichzeitig enthalten die Standards auch Hinweise zur Prävention: «Man muss nicht jedem Wunsch und jeder Anforderung nachkommen, vor allem, wenn sich etwas nicht gut anfühlt.»
Lukas Steinwandter, Chefredakteur von «Corrigenda», befasste sich im Zusammenhang mit einem Anlass einer katholischen KITA mit dem bezeichnenden Titel «Doktorspiele – sexuelle Entwicklung von Geburt an» mit den WHO-Standards. «Er liest sich tatsächlich wie eine Mischung aus Frühsexualisierung und missbrauchspräventiven Versatzstücken – so, als ob Prävention nur dann möglich wäre, wenn man die Kinder vorher zu Doktorspielen und Masturbation animiert hätte. Was aber, wenn dieses Animieren im Grunde genommen schon selbst Schamgrenzen verletzt und deshalb bereits psychischer Missbrauch ist?»[1]
Nachdem man weiss, dass sich «Achtung Liebe» an den Richtlinien der «International Planned Parenthood Federation» orientiert, überrascht es nicht, dass sie sich für «sichere Verhütungsmittel» und «das Recht jeder schwangeren Person (sic) auf eine ärztlich durchgeführte, sichere Abtreibung» vertreten. Von einer Fristenlösung wird hier nicht gesprochen; Abtreibungen bis zur Geburt werden offenbar als selbstverständlich vorausgesetzt.
Interessant: Unter «Partner*innen» führt die Webseite «ceylor» auf. «Die Marke ceylor steht für ein verantwortungsbewusstes, sinnliches und abwechslungsreiches Liebesleben der Schweizer Bevölkerung. […] Wir danken ceylor für die jahrelange Partnerschaft und die grosszügige Unterstützung mit Kondomen.»
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Die Muttergottes sagte Schwester Lucia, der Endkampf des Teufels findet in der Familie statt. Man will die normale von gottgewollte Familie zerstören.
Die von der kath. Kirche im Katechismus festgelegten Regeln zur Sexuallehre sind dazu auch nicht sehr hilfreich.
Liebe Annelies
Zu deinem Anliegen gebe ich dir nach Rücksprache mit dem Amt für Volksschule gerne folgende Rückmeldung:
Grundsätzlich verantworten die Schulen und Lehrpersonen vor Ort die Umsetzung des Lehrplans Volksschule Thurgau (Lehrplan 21). Dazu gehören auch alle im Lehrplan formulierten Kompetenzen zur Sexualität. Wie in anderen Bereichen auch können die Lehrpersonen für die Erfüllung der Lehrplanzeile externe Unterstützung beiziehen. Im Bereich Sexualkunde bietet die Perspektive Thurgau entsprechende sexualpädagogische Schuleinsätze an. Bis jetzt sind im Amt für Volksschule keine kritischen Rückmeldungen zu diesem Thema eingegangen, weder schul- noch elternseitig. Ich gehe daher davon aus, dass die Organisation "Achtung Liebe" im Thurgau nicht aktiv ist. Ich werde meine Ohren aber offen halten und im Kontakt mit den Volksschulen auch nachfragen, ob ihnen die Organisation bekannt ist.
Ich danke dir, dass du mich auf diesen Bericht aufmerksam gemacht hast und hoffe, dein Anliegen mit dieser Antwort klären zu können