Katholisch heisst allumfassend, ich würde sagen allumfassend im Vollsinn des Wortes. Um wahrhaft katholisch zu sein, muss zuerst einmal unser Glaube allumfassend sein. Was ich aber beobachte, ist, dass sich dieser Glaube immer mehr auf Jesus konzentriert. Vom Heiligen Geist ist verhältnismässig noch oft die Rede, besonders wenn es darum geht, die eigene Spiritualität zu verteidigen. Zu kurz aber kommt – immer nach meinen persönlichen Beobachtungen – der Vater und demzufolge die Trinität an sich. (Und dies im Jubiläumsjahr des gesamtchristlichen Glaubensbekenntnisses.) Daraus aber ergibt sich eine grosse Gefahr für die Einheit im Glauben, welche doch die Grundlage unserer Gemeinschaft sein sollte.
Allumfassend sollten auch die verschiedenen Ausdrucksformen unseres Glaubens behandelt werden. Wichtig ist hier, dass sich alle Vertreter unterschiedlicher Formen der Liturgie usw. bewusst bleiben, dass all diese Verschiedenheiten zu unserem Glauben gehören, solange sie nur die gleichen Glaubensinhalte verschieden ausdrücken. Die Gefahr aber, dass unterschiedlichen Formen und Sprechweisen zu unterschiedlichen Inhalten führen können, dürfen wir nie aus den Augen verlieren.
Allumfassend müsste auch unser Umgang mit unseren Mitmenschen sein. Die Welt von heute neigt immer mehr dazu, unterschiedliche Menschengruppen, seien es Völker oder politische Blöcke, Rassen oder Sprachen, aber auch unterschiedliche Glaubensüberzeugungen oder Ideologien usw., gegeneinander auszuspielen, wenn nicht sogar zu bekämpfen. Hier ist Toleranz gefragt, eine Toleranz im tiefen Sinn des Wortes, die in der Erduldung der Unterschiede besteht, ohne die eigene Erkenntnis der Wahrheit preiszugeben, eine Toleranz, die es dem anderen erlaubt, sich zu irren, so wie wir für uns selbst das Recht beanspruchen, uns irren zu können.
Um all das zu erreichen, müssten wir auch wieder mehr allumfassend denken. ‹Vernetztes Denken› wurde das in den Weiterbildungskursen meines Berufslebens gerne genannt. Die Welt von heute neigt zu einer Überspezialisierung. Jeder kennt sein eigenes Teilgebiet sehr gut, aber von den anderen Teilgebieten des gleichen Faches hat er immer weniger eine Ahnung, von den Schnittstellen dazwischen ganz zu schweigen. Die Informationsflut von heute überfordert das menschliche Hirn, sodass es sich immer mehr in sein Schneckenhaus zurückzieht. Das kann man bis hinein in die Theologie beobachten. Auch diese splittert sich immer mehr in verschiedene Fachrichtungen auf.
Wir Katholiken müssen wieder Allgemeinpraktiker werden, Menschen mit einem weiten Blick auf das Ganze, einem Rundumblick, der immer möglichst alles prüft, und das Gute behält, wie es Paulus uns rät (vgl. 1 Thess 5,21). Und dabei müssen wir immer auf dem festen Grund unseres Glaubens, des allumfassenden Glaubens, stehen. Dann können uns die Stürme des Lebens nicht aus der Ruhe bringen, dann bleibt unser Herz ruhig, weil es ruht in Gott (dem Allumfassenden), wie es der heilige Augustinus ausdrückte.
Gastkommentare spiegeln die Auffassungen ihrer Autorinnen und Autoren wider.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Es darf nicht sein, dass jemand einfach sagt: Die Kirche will Menschen, sie will also auch mich, und dabei darf ich glauben, was mir gerade in den Sinn kommt, und die anderen haben es gefälligst zu tolerieren.
Genau diese Irrlehre herrscht aber or. Rezept dagegen wäre, zu definieren, wer nicht katholisch sein kann.