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Pro Life

Spa­ni­ens Kul­tur­kampf um das Transgender-​Gesetz

In Spa­nien tobt die Debatte über eines der pro­gres­sivs­ten und umstrit­tens­ten Transgender-​Gesetze Euro­pas. Die katho­li­sche Kir­che des Lan­des zeigt sich mit Blick auf die Initia­tive der links-​sozialistischen Min­der­heits­re­gie­rung «besorgt» und warnt vor der «Per­ver­sion einer ideo­lo­gi­schen Gesetzgebung».

Erzbischof Luis Argüello, Generalsekretär der Spanischen Bischofskonferenz, nannte das geplante Gesetz ein «Attentat gegen die menschliche Würde». «Deshalb müssen wir unsere Stimme erheben und den Einsatz verfrühter und irreversibler Behandlungen umso mehr anprangern, wenn nicht gesichert ist, dass eine echte Geschlechtsdysphorie1 vorliegt.» So sollten medizinische Massnahmen bei Minderjährigen niemals irreversibel sein, meint der Erzbischof von Valladolid.

Auch Spaniens Mediziner- und Psychologenverbände betrachten das geplante Gesetz äusserst skeptisch. Vor allem kritisieren sie, dass demnach bereits 16-Jährige unbürokratisch, ohne Erlaubnis ihrer Erziehungsberechtigten sowie ohne ärztliche Betreuung und psychologische Gutachten ihre Geschlechtszugehörigkeit ändern können. Es entfallen die medizinische Diagnose und eine Hormonbehandlung, die bisher vorgeschrieben sind. Für Minderjährige zwischen 14 und 16 Jahren ist lediglich die Zustimmung beider Sorgeberechtigten notwendig, andernfalls werde das Familiengericht hinzugezogen. Bei Jugendlichen von 12 bis 14 Jahren bedarf es einer richterlichen Erlaubnis.

Uneinigkeit bei den politischen Parteien
Die Pläne gehen selbst vielen sozialistischen Parlamentariern zu weit. Am Mittwoch stimmte die sozialistische Parlamentsfraktion im Ausschuss zur Vorbereitung des zu debattierenden Gesetzestextes zusammen mit der konservativen und der rechtspopulistischen Opposition für eine Verlängerung für mögliche Änderungsanträge. Für den linken Regierungspartner Unidas Podemos kam das einem Verrat nahe. Die Sozialisten von Ministerpräsidenten Pedro Sanchez und der kleinere Koalitionspartner Unidas Podemos hatten sich im Kabinett bereits vor eineinhalb Jahren auf die Transgender-Reform geeinigt.

Die Initiative unter Führung von Gleichstellungsministerin Irene Montero ist gerade mit Blick auf die spanischen Regional- und Parlamentswahlen 2023 das Vorzeigeprojekt der Linkspopulisten. So stellte Montero auch klar, dass man «keinen Rückschritt für die Rechte von Trans-Menschen hinnehmen» werde. Von ihrem Koalitionspartner forderte sie, dass der Gesetzestext «ohne Einschränkungen» spätestens am 18. November dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt und noch vor Jahresende verabschiedet werden solle. Sanchez' Sozialisten sind jedoch tief gespalten über das Transgender-Selbstbestimmungsgesetz.

Die links-sozialistische Minderheitsregierung steht nun vor einer Zerreissprobe. Auch innerhalb der spanischen Frauenbewegung gibt es Kritik am geplanten Gesetz, weil es juristische Probleme bei der Behandlung beziehungsweise Gleichstellung von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt verursachen könnte. Unterdessen kündigten die konservative Volkspartei (PP), die liberalen Ciudadanos und die rechtspopulistische Vox-Partei an, gegen das Gesetz zu stimmen. Dieses würde aber mit den Stimmen der Sozialisten, der Linken und Kataloniens Linksrepublikanern über eine ausreichende Parlamentsmehrheit verfügen, sollten die Sozialisten nicht zurückrudern.

Spaniens konservativer Oppositionsführer Alberto Feijoo liess bereits durchblicken, dass er bei einem Machtwechsel als Erstes das von der Sanchez-Regierung gegründete Gleichstellungsministerium abschaffen wolle. Zudem werde er dessen Dekrete zu aktiver Sterbehilfe, Abtreibung sowie das Transgender-Gesetz rückgängig machen.
 


1 Geschlechtsdysphorie ist die überdauernde, tiefe innere Überzeugung, eigentlich dem anderen biologischen Geschlecht (m/w) anzugehören.


KNA Katholische Nachrichten-Agentur


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    Aurelius Gastmann 26.10.2022 um 22:18
    Die Besorgnis der katholischen Kirche Spaniens teile ich voll und ganz und hoffe, dass dieses Gesetz nicht beschlossen wird.
    Solche Eingriffe in einem so frühen Alter (16), in dem bei vielen Jugendlichen die Pubertät noch nicht abgeschlossen ist, ist weder ethisch noch medizinisch vertretbar, erst recht bei noch jüngeren Kindern.
    • user
      stadler karl 27.10.2022 um 23:27
      Ich stimme Ihnen voll zu!