Donald Trump. (Bild: Gage Skidmore/Flickr, CC BY-SA 2.0)

Mit spitzer Feder

Trump ist überall

«Trump ist über­all», so der Titel auf der Front­seite der «Neuen Zür­cher Zei­tung» vom ver­gan­ge­nen Sams­tag, 9. Novem­ber 2024. Die Omni­prä­senz des Donald Trump: das Horror-​Szenario schlecht­hin für viele Opinion-​Leader in Poli­tik, Gesell­schaft und Kul­tur gerade auch im alten Europa.

In eine besonders missliche Lage hat der Wahlsieg Trumps das linksliberale Blatt «Die Zeit» gebracht. Denn in ihrem Newsletter «ZEIT ONLINE» schaltet sie Samstag für Samstag eine Sonderausgabe auf. Deren Markenzeichen: Gemäss Selbstdeklaration enthält diese Sonderausgabe «Nur gute Nachrichten und Inspirierendes zum Wochenende.» Da ist guter Rat teuer, hätte man doch in der «Zeit»-Redaktion eine Niederlage Trumps nur allzu gern als «good news» verkauft. Entsprechend dürftig ist denn auch die Ausbeute an guten Nachrichten in der neuesten Ausgabe ausgefallen. Die Rede ist da unter anderem von einem «Neuen Ersatzverkehrskonzept der Deutschen Bahn, das bei den Fahrgästen gut ankommt.» Wie bescheiden die Deutschen doch mittlerweile geworden sind!

«Ich lag auf dem Küchenboden und schluchzte»
Andere spürten da keinerlei Hemmungen, vor allem Exponenten der Politik und des Showbusiness brannten alle Sicherungen durch, gerade auch in der Schweiz. So empörte sich der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried, weshalb ein «Antidemokrat, Staatsfeind und Landesverräter Präsident werden darf». Für Franz Hohler ist der Wahlsieg Trumps ein «erschütternder, beängstigender Entscheid und gleichsam ein Armutszeugnis der menschlichen Spezies». Ganz bös erwischte es die Schriftstellerin und Kolumnistin Milena Moser. Als sie die Nachricht vom Sieg Trumps heimsuchte, ist sie eigenen Worten zufolge «in die Knie gegangen. Ich bin zusammengebrochen.» Mehr noch: «Im nächsten Moment lag ich auf dem Küchenboden zusammengerollt und schluchzte», fasste Moser ihren emotionalen Overkill zusammen. Ihre Wahlheimat USA existiere nun nicht mehr, weil mit dem Sieg Trumps «das Ende der Realität» gekommen sei, resümierte Schriftstellerin Moser ihre Seelenpein.

Die absurdesten und zugleich ideologisch verbohrtesten Reaktionen zog das Thema «Abtreibung» auf sich. «Ich war erst mal sprachlos», gab Tamara Funiciello in einem «watson»-Interview zu Protokoll. Leider nur für kurze Zeit. Dann brach der SP-Radikalfeministin ihr hitziges Temperament umso ungehemmter durch: «Wegen dieser Wahl werden die Frauen sterben. Wegen Trump sterben Frauen schon heute.»

Das ist ein «Krieg gegen die Frauen», irrlichterte die Hollywood-Sängerin Billie Eilish. Mit dabei im Chor der von der Realität radikal emanzipierten Schreihälse: Lady Gaga und Julia Roberts. Geradezu revolutionär mutet in der modernen, nichts verschonenden Konsumgesellschaft der Aufruf US-amerikanischer Frauen zum Sex-Streik an. Auf TikTok haben sie angekündigt, ab Amtsantritt von Donald Trump zölibatär leben zu wollen. Auf dass diesem Vorsatz ein möglichst langes Leben beschieden sein möge.

Ideologische Verbohrtheit sondergleichen
Tatsächlich sind solche Reaktionen an ideologischer Verbohrtheit und Irrationalität kaum noch zu überbieten. Denn zum einen hat der «Supreme Court» der USA (nicht Trump!) beileibe kein Abtreibungsverbot ausgesprochen, sondern die Regelung darüber den einzelnen Bundesstaaten anheimgestellt. Und zum andern haben zeitgleich zur Präsidentenwahl in zehn Bundesstaaten Abstimmungen zur Normierung der Abtreibung stattgefunden: In sieben von zehn Fällen hat die Wählerschaft entschieden, das Recht auf Abtreibung in den Verfassungen der jeweiligen Bundesstaaten festzuschreiben. Item: Völlig ignoriert haben die Anti-Trumpisten die Tatsache, dass die Republikaner im Vorfeld der Wahlen die Forderung nach einem nationalen Gesetz zum Schutz des ungeborenen Lebens im Juli 2024 aus ihrem Parteiprogramm gestrichen haben – ein ebenso opportunistisches wie unnötiges Wahlmanöver, mit dem sie Lebensschützer schwer enttäuscht haben (vgl. «swiss-cath.ch»-Interview mit Erzbischof Thomas Gullickson).

Die Hoffnung der «Neuen Zürcher Zeitung», die «Konflikte um Abtreibung und Verhütung könnten den Wahlkampf in den USA entscheiden» (Ausgabe vom 25. Juni 2024), haben sich als Wunschdenken erwiesen.

Was die woke-feministische Szene besonders frustrieren muss: Wie jüngste Wahlanalysen ergeben haben, verdankt Donald Trump seinen Wahlerfolg nicht zuletzt der Tatsache, dass ihm signifikant mehr junge Frauen die Stimme gaben als noch vier Jahre zuvor.

Und wie ebenfalls jüngst bekannt wurde, hat die «SP Schweiz» in den letzten Tagen als Reaktion auf den Sieg Trumps über 1000 neue Mitglieder bekommen. Wow! Hätte «Zeit ONLINE» über den deutschen Tellerrand hinausgeschaut, hätte sie ihre spärlichen «Good news»-Meldungen um ein schlagendes Beispiel bereichern können.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

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    Treier Stefan 19.11.2024 um 19:02

    Es ist bedenklich, dass die Republikaner in den USA keine integren Persönlichkeiten mehr zur Präsidentenwahl vorschlagen können. Trump mit seinen düsteren Geschichten, u. a. als Frauenheld in dubiosen Kreisen, und mit seinen zahlreichen Gerichtsverfahren ist nicht die integre Person, welche an der Spitze dieser Grossmacht notwendig wäre. Dazu dient auch sein selbstherrlicher Hang zu diktatorischen Eigenschaften nicht.

  • user
    Thomas Wallimann 15.11.2024 um 00:24
    Grüezi Herr Herzog
    Beim Lesen Ihres Kommentars bestätigt sich der Titel: Auch Ihre Zeilen atmen den gleichen Geist, wie ihn Herr Trump verbreitet, und wie Sie ihn jeweils bei anderen Journalisten und Journalistinnen aufs Schärfste kritisieren: pauschal, wenig differenzierend und immer mit einem kleinen Seitenhieb verbunden.

    Ich hätte erwartet, dass Sie als Jurist und Theologe die Wahl von Donald Trump so betrachten, dass deutlich wird, was aus einer informierten und fundierten katholischen Sicht zu sagen wäre. Wo bleibt ein Gedanke (aus juristischer Sicht) zu einem Präsidenten, der die rule of law - immerhin zentral für eine Demokratie und einen modernen Staat - immer wieder ins Lächerliche zog oder ignorierte?
    Wo bleibt ein Gedanke (aus theologischer Sicht) zu einem Regierungsprogramm, das in vielen Punkten in krassem Gegensatz zur Katholischen Soziallehre steht?
    Und wo bleiben Gedanken darüber, welche Kräfte geweckt und gestärkt werden, die Intoleranz (und tatsächlich Ideologie) verbreiten, die den fundamentalen Grundsätzen einer christlichen Ethik widersprechen (nicht lediglich auf Schwangerschaftsabbrüche fixiert)?
    Solches hätte ich von Ihnen erwartet!
    Denn dazu, wie wir Sorge tragen zu einer Welt und Schöpfung, wie sie auch Papst Franziskus immer wieder anmahnt, erwarte ich von einem Kommentar zur Wahl von Donald Trump.
    Besten Dank für Ihr Verständnis.
    Thomas Wallimann
  • user
    Stefan Fleischer 11.11.2024 um 10:30

    Wo Gott überall nicht mehr ist, wird er eben überall durch irgend etwas anderes ersetzt.