Keine leichte Aufgabe für den neuen Papst Leo XIV.: Laut einem Bericht der Zeitung «Corriere della Sera» (Montag) hat ihm sein Vorgänger Franziskus ein Finanzloch im Vatikan von rund zwei Milliarden Euro hinterlassen. Dies betreffe besonders den Pensionsfonds. Franziskus hat es laut dem Zeitungsbericht in seiner zwölfjährigen Amtszeit nicht geschafft, die stark defizitären Finanzen des Heiligen Stuhls und des Vatikanstaats zu sanieren.
Franziskus sei zwar in seiner Hinwendung zu den Armen und einem bescheidenen Lebensstil vorbildlich gewesen, seine Analysen wirtschaftlicher und sozialer Fragen hätten aber nur teilweise überzeugt, äusserte sich Clemens Fuest, Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, in einem Gastkommentar. So habe der verstorbene Papst das Gewinnstreben grundsätzlich verteufelt. Das zeuge «von mangelndem Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge».
Er ist überzeugt, dass Papst Leo XIV. die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen nicht nur aus theologischer Perspektive betrachtet, sondern als Mathematiker und Philosoph auch sehr analytisch denkt. Mit seiner Namenswahl stelle sich der neue Papst in die Tradition der von Papst Leo XIII. grundgelegten katholischen Soziallehre. «Die katholische Soziallehre vertritt sehr differenzierte Positionen zur Ordnung der Wirtschaft», so Fuest. Sie kritisiere zum einen Missstände in Unternehmen wie Ausbeutung und Kinderarbeit. Zugleich verteidige sie das Privateigentum und wende sich gegen zu hohe Steuern.
Papst Franziskus hatte in seinem letzten Pontifikatsjahr wiederholt auf das dramatische Defizit des Vatikans hingewiesen. Im September 2024 rief er die Kardinäle in einem Brandbrief zu mehr Sparsamkeit und zu neuen Finanzierungsideen auf. Noch von der Gemelli-Klinik aus ordnete er am 26. Februar die Gründung einer neuen Kommission an, die sich verstärkt um Fundraising für den Vatikan kümmern solle.
Die schwierige finanzielle Lage des Vatikans war auch Anfang Mai in den Tagen vor dem Konklave ein wichtiges Thema in den Kardinalsversammlungen im Vatikan. Kardinal Christoph leitet die Kardinalskommission, die der Vatikanbank IOR die Leitlinien vorgibt. Das IOR hatte in den vergangenen Jahren stets eine niedrige zweistellige Millionensumme als Dividende an den Heiligen Stuhl überwiesen. Das Institut gilt derzeit als solide, erwirtschaftet aber nicht genug, um die Gehaltskosten und die Pensionskassen für die knapp 5000 Vatikangestellten zu decken. Ausserdem vergibt sie keine Kredite. Im letzten Bericht des IOR wurde ein Nettogewinn von 30,6 Millionen Euro ausgewiesen, 2012 waren es noch 86,6 Millionen.[1]
Der Vatikan hat seit mehr als zwei Jahren keinen ordentlichen Haushalt mehr veröffentlicht. Anders als andere Staaten hat der Vatikan seit dem 20. Jahrhundert keinen Zugang mehr zum internationalen Kapitalmarkt, um sich dort über Staatsanleihen zu finanzieren.
Eines der grossen Sorgenkinder ist die Pensionskasse. Diese erhielt bereits 2015 ein neues Statut durch Papst Franziskus, im März 2024 verfügte er mit einem Dekret weitere Änderungen. Im November 2024 erklärte Papst Franziskus in einem Schreiben an das Kardinalskollegium und die Leiter der Vatikanämter, dass der Pensionsfonds für die Mitarbeitenden ein erhebliches, tendenziell zunehmendes Defizit aufweise. «Konkret bedeutet dies, dass das derzeitige System nicht in der Lage ist, mittelfristig die Erfüllung der Rentenverpflichtung für künftige Generationen zu gewährleisten», so Franziskus weiter. Darum müssten dringend strukturelle Massnahmen ergriffen werden, um die Nachhaltigkeit der Rentenkasse zu sichern.
Zum alleinigen Verwalter des Pensionsfonds ernannte Franziskus den US-amerikanischen Kurienkardinal Kevin Farrell. Der 77-Jährige leitet unter anderem das Vatikan-Komitee für Investitionen, ein Finanzkontrollgremium.
Im April 2021 kürzte Papst Franziskus die Gehälter der Kardinäle an der römischen Kurie um zehn Prozent. Die Löhne von weiteren Angestellten wurden ebenfalls um drei bis acht Prozent gekürzt. Insgesamt waren gemäss Medienangaben rund 4000 Angestellte von diesen Lohnkürzungen betroffen. Er forderte die Kardinäle auf zu sparen und verlangte, dass sie für ihre Dienstwohnungen den marktüblichen Mietpreis bezahlen müssen.
Während Papst Franziskus von anderen erwartete, dass sie Einsparungen vornehmen, war er selbst alles andere als konsequent. Nach seiner Wahl zog er nicht in die päpstliche Wohnung im Apostolischen Palast, sondern ins Gästehaus Santa Marta. Dies, weil er nicht gern allein ist. Dort lebte er aber nicht etwa in einem Zimmer, sondern beanspruchte zusammen mit seiner Entourage einen ganzen Flügel. Dies führte zu monatlichen grossen Mehrkosten. Ausserdem fielen so im Gästehaus Zimmer weg, die man hätte vermieten können, während die päpstliche Wohnung ungenutzt leer stand. Auch der Umbau und das neue Sicherheitskonzept schlugen teuer zu Buche. Daneben verlangte Franziskus für sich und alle Zelebranten die Anschaffung liturgischer, schlichter Gewänder, was das päpstliche Budget ebenfalls erheblich belastete. Ein Insider meinte trocken: «Einen so bescheidenen Papst wird sich die Kirche zukünftig nicht mehr leisten können.»
Höchst fragwürdig ist auch die Zurückweisung einer Millionenspende zugunsten des vatikaneigenen Kinderspitals einzig deswegen, weil sie von einem Waffenproduzenten stammte.
Auch der sogenannte Peterspfennig erlebt seit Jahren einen Rückgang. Zwischen 2015 und 2020 ging er um 23 Prozent zurück; im Jahr 2020 verringerte er sich aufgrund der Pandemie um weitere 18 Prozent auf 44 Millionen. 2023 brachte der Peterspfennig 48 Millionen. Doch trotz des leichten Anstiegs bleibt die finanzielle Lage des Vatikans prekär.
Unklar ist, wie sich die Wahl eines US-Amerikaners zum Papst auf die Spendenbereitschaft der Katholiken in seiner Heimat auswirken wird. Unter den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gehörten katholische Bistümer und Laien-Vereinigungen wie die «Knights of Columbus» zu den wichtigsten Finanzquellen des Vatikans. Unter Franziskus gingen die Beiträge aus den USA spürbar zurück. Zum Vergleich: 2011 ergab der Peterspfennig noch 65,8 Millionen.
[1] www.omnesmag.com/de/nachrichten/zusammenfassung-der-finanziellen-lage-des-vatikans/
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