Erzbischof Mieczysław Mokrzycki. (Bild: Martin Grünewald)

Weltkirche

«Ver­gesst uns nicht»: Ukrai­ni­scher Erz­bi­schof Mokrzy­cki sen­det Hil­fe­ruf in den Westen

Mit einem ein­dring­li­chen Hil­fe­ruf hat sich Mieczysław Mokrzy­cki, der Erz­bi­schof von Lem­berg und zugleich Vor­sit­zen­der der ukrai­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, an die west­li­che Öffent­lich­keit gewandt. «Der Krieg dau­ert fort, und seine Opfer sind unschul­dige, ver­stüm­melte und vom Hass ver­letzte Men­schen», sagte er bei einem Got­tes­dienst in Aigen bei Linz im Drei­län­der­eck von Öster­reich, Deutsch­land und Tsche­chien. Erz­bi­schof Mokrzy­cki sprach dort in einem Inter­view mit «CNA Deutsch».

Interview von Martin Grünewald.

Warum sind Sie in Aigen?
Seit einigen Jahren bin ich regelmässig Teilnehmer und Referent bei der «Internationalen Theologischen Sommerakademie» in Aigen. Das ist der erste Grund.

Und der zweite?
Ich danke für die Hilfe aus Österreich und Deutschland. In diesem Jahr hat die Tagung die theologische Reflexion über die Ergründung und Auslegung der Wahrheit zum Ziel. Dabei geht es besonders um die Identität von Jesus Christus als die Wahrheit, die sich besonders in den Worten des Evangeliums, die Quelle der Wahrheit par excellence, offenbart.

Die Erfahrung lehrt uns, dass es manchmal Anstrengung kostet, um zur Wahrheit zu gelangen. Wie die Wahrheit der Grund für Gerechtigkeit und Frieden ist, so bringt die Lüge die Ungerechtigkeit. Sie schafft ein grosses Chaos unter den Menschen, das zum Kriege führt.

Was meinen Sie damit?
Die Erzdiözese Lemberg ist wie die ganze Ukraine von grossen Kriegsleiden betroffen, des Krieges, der entfacht worden ist, weil die Worte der Heiligen Schrift, die den Dekalog und das Gebot der Nächstenliebe lehren, in Vergessenheit geraten sind. Die Missachtung der grundsätzlichen Normen der Gesetze Gottes brachte zum wiederholten Male in der Weltgeschichte das Leid hervor. Die Früchte der Missachtung sind: Tod, Verstümmelung und Zorn.

Die theologische Reflexion über die Wahrheit reicht Ihnen nicht?
Es sollten Taten folgen. So bleibt die Reflexion nicht leer und unfruchtbar.

Sie haben in Ihrer Predigt die Verantwortung des Menschen angesprochen.
Menschen, die Gott verlassen haben, tragen die Verantwortung für diesen Krieg. Statt das Antlitz der Liebe haben sie das Antlitz des Hasses gewählt, statt das Antlitz des echten Friedens, das Antlitz des grausamen Krieges. Sie werden vor dem Schöpfer stehen und sich für die Vernichtung des Weges der Liebe und des Friedens verantworten müssen.

Worin besteht Ihr Anliegen?
Ich möchte meine Dankbarkeit für die grosse Hilfe und Solidarität zum Ausdruck bringen, die von den Katholiken in Österreich und Deutschland ausgeht. Und ich bitte weiterhin: Nehmt meine Stimme als den doppelten Schrei von den im Krieg betroffenen Menschen wahr. Nehmt ihre Worte der Dankbarkeit für die ununterbrochene geistige und materielle Hilfe entgegen, die aus euren Händen durch die Kirche zu den Bedürftigen kommt. Diese Haltung ist nicht nur Beweis der echten menschlichen Solidarität, sondern auch die lebendige Verkörperung der Worte von Gottes Sohn: «Wahrlich ich sage euch: Alles, was ihr den Geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan.»

Aber die Probleme sind längst nicht gelöst?
Deshalb lautet der zweite Ruf, den ich im Namen der vom Krieg Betroffenen richte: Bitte vergesst uns nicht! Möge dieser Krieg keinem von euch zur Normalität werden! Er dauert fort und seine Opfer sind unschuldige, verstümmelte und vom Hass verletzte Menschen. Daher bitte ich, damit das Böse in der Welt nicht siegt, dass wir nie tatenlos gegenüber dem Bösen bleiben.

Besonders möchte ich Msgr. Leon Sireisky, Präsident der Stiftung «Priester helfen Priestern», danken, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz Gelder aus Mess-Intentionen den ukrainischen Gemeinden zur Verfügung stellt. Sie tragen dazu bei, den ukrainischen Gemeinden ein Überleben zu ermöglichen.

Welche Hilfe kommt sonst noch von den Katholiken im Westen?
Wir erhalten keine Hilfe vom Staat. Von den kirchlichen Hilfswerken sind «Kirche in Not» und «Renovabis» beteiligt. Ich möchte auch meinen Dank an mehrere Bischöfe in Deutschland und in Österreich richten, zu denen wir persönliche Kontakte haben und die uns helfen.

Warum ist die Existenz der Gemeinden gefährdet?
Das kommunistische System hat die Kirche jahrzehntelang ruiniert. Das meine ich buchstäblich: Längst bevor der Krieg mit Russland begann, waren viele Kirchen und Gemeinderäume schon zu Ruinen verfallen. Aber der Krieg hat das Volk noch ärmer gemacht. Die eigene Not darf uns nicht davon abhalten, besonders den körperlich und seelisch schwer Verwundeten zu helfen.

Wie ist konkret die Situation?
Allein in Lemberg helfen unsere Gemeinden zehntausenden Vertriebenen, Familien von Gefallenen sowie invaliden und schwer traumatisierten Soldaten, die aus dem Osten zu uns geflüchtet sind. Wir bitten erneut um Solidarität und um das Gebet für den Frieden. Bitte vergesst uns nicht!
 

Originalbeitrag auf «CNA Deutsch»


CNA Deutsch


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