Pinocchio. (Bild: Jametlene Reksp/Unsplash)

Kommentar

Ver­lo­gen­heit als Markenzeichen

Knall auf Fall trennte sich Rin­gier vom Chef­re­dak­tor des «Sonnn­tags­Blick», Gieri Cavelti. Die­ser hatte kath.ch-Redaktionsleiter Raphael Rauch einige Monate zuvor zwecks Ver­stär­kung des Wirt­schafts­res­sorts angestellt.

Arnold Landtwing, Mediensprecher der Zürcher Kantonalkirche, zeigte sich schwer beeindruckt. Als Ende November 2022 der Übertritt von kath.ch-Redaktionsleiter Raphael Rauch zum SonntagsBlick («SoBli») Freund und Feind überraschte, verschaffte er seinem Trennungsschmerz auf dem kirchensteuerfinanzierten Newsletter «Grüss Gott Zürich» mit folgenden Worten Erleichterung: Raphael Rauch sei dermassen qualifiziert, dass wir uns nicht wundern dürften, wenn ein Mann mit solchem Profil und Talent von der «meistgelesenen Sonntagszeitung» abgeworben werde. Ein Fake der Extraklasse! Denn wie die AG für Werbemedienforschung vor wenigen Wochen mitteilte, hat der «SoBli» seine Spitzenposition längst eingebüsst, ja ist 2022 regelrecht abgestürzt, um satte 10 Prozent – im Gegensatz zur Konkurrenz:

«Bei der Sonntagspresse halten sich ‹NZZ am Sonntag› und ‹SonntagsZeitung› stabil im Lesermarkt mit 319 000 respektive 465 000 Leserinnen und Lesern. Der Tamedia-Titel ist damit weiterhin das meistgelesene Sonntagsblatt. Deutliche Einbussen erlitt dagegen der ‹SonntagsBlick›, der zehn Prozent seines Publikums verloren hat und nur noch 325 000 Personen erreicht.»

Und da der Ringier-Konzern mit seiner calvinistischen DNA keine Gnade kennt, wenn es ums Geld geht, folgte die Konsequenz auf diese Hiobsbotschaft auf dem Fuss: «SoBli»-Chefredaktor Gieri Cavelti musste Knall auf Fall seinen Posten räumen. Pro memoria: Raphael Rauch hatte seinerzeit seinen abrupten Seitenwechsel wie folgt kommentiert: «Wer die Welt verstehen will, kommt um das Thema Geld nicht herum. Ich möchte komplizierte Zahlen in guten Geschichten erzählen und freue mich auf viele investigative Recherchen beim SonntagsBlick.» Sein zukünftiger Chef Cavelti hiess den neuen Kollegen wie folgt willkommen: «Ein Kollege von diesem Format und diesem Profil ist ein grosser Gewinn für unsere Wirtschaftsberichterstattung.»

Die Kolleginnen und Kollegen vom Wirtschaftsressort des «SoBli» dürften diese Personalie wie einen Schlag in die Magengrube empfunden haben. Denn damit wird nach aussen signalisiert, dass selbiges Wirtschaftsressort erstens der Verstärkung bedarf und zweitens eben diese «Verstärkung» durch einen Mann erfolgen soll, der soweit ersichtlich über keinerlei wirtschaftsspezifische Kompetenzen verfügt. Die Anstellung von Rauch erfolgte offensichtlich, weil ihm der gleiche ideologische Stallgeruch anhaftet wie seinem Chef Cavelti.

Dessen Stuhl wackelte allerdings schon seit Längerem bedenklich. Mit seinem forcierten Linkskurs schrieb er an der angestammten Leserschaft des «SoBli» vorbei – und Letzteren an die Wand. Höhepunkt dieses Kamikaze-Kurses war sein Editorial «Die Bewegung der Impfgegner zeigt totalitäre Züge», in dem er die Impfgegner in die Nähe von Hitler und Stalin rückte. Der absehbare Shitstorm blieb nicht aus, ebenso wenig die Reaktion der Ringier-Rennleitung: Das Schwesterblatt des «SoBli», der «Blick», entschuldigte sich in der Folge in aller Form für die Entgleisung ihres Kollegen und sorgte kurzerhand für die elektronische Löschung dieses Editorials: Eine in der Schweizer Mediengeschichte wohl einmalige Demütigung eines Chefredaktors.

Kaum jemand glaubt, dass Cavelti die Kommandobrücke des «SoBli» freiwillig verlassen hat. Für Klärung sorgte ausgerechnet sein Nachfolger Reza Rafi. Den Wechsel Caveltis zum zukünftigen Gymnasiallehrer für Geschichte kommentierte Rafi wie folgt: «Fast könnte man sich fragen, wer so wahnsinnig ist und beruflich ins Schulwesen wechselt.» Eines der letzten «SoBli»-Editorials Caveltis trug sinnigerweise den Titel: «Die verlogene Debatte um die Zuwanderung». Angesichts seines Mega-Fakes betreffend Verstärkung des Wirtschaftsressorts durch den ökonomischen Nobody Rauch war die Vokabel «verlogen» selbstredend pro domo gesprochen.

Ab und zu
Und sein ehemaliger Zögling Rauch? Bei der Berliner Zeitung «taz» hat er sich einen hagiographischen Nachruf für seine Tätigkeit bei kath.ch bestellt. Darin lässt er sich dahingehend vernehmen, dass er sich bei seinem zukünftigen Arbeitgeber «SoBli» wirtschaftsethischen Themen als auch «ab und zu» seinen bisherigen Kirchenthemen widmen werde. Von wegen «ab und zu»: Gleich zu Beginn seines vorzeitigen Stellenantritts anfangs April wartete er mit einer seiner üblichen Sex and Crime-Storys auf. Unter dem knalligen Titel «Sie wollte Seelsorge – er wollte Sex – Für meine Mandantin war es die Hölle» wärmte er tatsächliche und vermeintliche Vorgänge auf, die er bereits zuvor bei kath.ch publiziert hatte. Es folgte eine veritable Kaskade von Artikeln zu kirchlichen und kirchenpolitischen Themen, so u. a zum Tod von Kardinal Karl-Joseph Rauber und dessen Implikationen bei der Wegbeförderung des Churer Bischofs Wolfgang Haas nach Vaduz (mit dem Fake «Er stürzte den damaligen Bischof von Chur»), zum Besuch der Bundesräte Cassis und Amherd beim Papst, zum Tod von Papst Benedikt XVI. («Die unbekannte Seite von Benedikt XVI.») und und und. Nur von den von ihm selbst angekündigten «vielen (sic) investigativen Recherchen rund um komplizierte Zahlen» ist bis dato herzlich wenig zu spüren. Diese erschöpften sich im Wesentlichen in einer völlig missglückten Kurzfutterstory, in der er ausgerechnet als Deutscher über die SBB vom Leder zog («Die faulen Oster-Eier von SBB und Co»).

Einfach nur wahnsinnig oder schlicht verlogen? Ersteres nicht unbedingt, Zweiteres mit Sicherheit.

 

 


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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  • user
    Tobias Maier 18.05.2023 um 19:01
    Danke, wie immer mit spitzer Feder und den Finger in die Wunden legend!
  • user
    Anita 18.05.2023 um 06:49
    D a n k e... Niklaus Herzog... sehr interessant und äusserst spannend... der Krug geht zum Brunnen bis er bricht...