Im Jahr 858/859 gründete der Graf von Vienne ein Benediktinerinnenkloster, das 863 dem Heiligen Stuhl übergeben wurde. Um besser gegen die Plünderungen durch die Normannen (887) geschützt zu sein, wurde das Kloster auf eine Anhöhe verlegt und befestigt und gleichzeitig in ein Männerkloster umgewandelt.
Unter Abt Geoffroi (1037–1051) wurde Maria Magdalena die Schutzheilige von Vézelay (erstmals durch ein Privileg von Papst Leo IX. belegt).
Wundersame Reise nach Frankreich
Maria Magdalena, eine treue Begleiterin Jesu und die erste Zeugin seiner Auferstehung, soll der Legende nach zusammen mit Martha und ihrem Bruder Lazarus, Maximin, dem späteren Bischof von Aix-en-Provence, sowie Cedonius von christenfeindlichen Juden in einem Boot ohne Steuer und Segel ausgesetzt worden sein. Wie durch ein Wunder kam das Schiff bis nach Marseille. Maria Magdalena lebte als Einsiedlerin in einer Höhle nahe Saint-Maximin-la-Sainte-Baume, wo sie starb und begraben wurde.
Zufolge einer Überlieferung überführte der Benediktinermönch Badilo von Leuze ihre Gebeine nach 882 in die neu errichtete Klosterkirche von Vézelay, deren Krypta in der heutigen Basilika Sainte-Marie-Madeleine erhalten ist.
Eine andere Überlieferung besagt, dass Maria Magdalenas Gebeine in der Nähe von Aix-en-Provence ruhten, bis sie vor den einfallenden Mauren an einem geheimen Ort versteckt wurden. 1279/80 wurden die Gebeine entdeckt und nach Saint-Maximin-la-Sainte-Baume gebracht, wo sie noch heute in der Krypta der Basilika Ste-Marie-Madeleine verehrt werden. Diese unterschiedlichen Berichte sollten noch für Konflikte sorgen.
Vom unscheinbaren Dorf zur mächtigen Stadt
Zwischen 1050 und 1250 war Vézelay der grösste Magdalena-Wallfahrtsort Westeuropas. Davon profitierten auch die Einwohner und das Dorf entwickelte sich zu einer Kleinstadt. 1058 wurde das dortige Benediktinerkloster dem Reformverband von Cluny eingegliedert, behielt aber seinen Status als Abtei. Vézelay war gleichzeitig auch Ausgangspunkt eines der französischen Pilgerwege nach Santiago de Compostela.
1104 begann der Bau der heutigen Basilika Sainte Marie-Madeleine. Spätestens gegen 1140, vielleicht auch schon 1132 – für dieses Jahr ist die Weihe einer «ecclesia peregrinorum» in Anwesenheit des Papstes überliefert – waren die Arbeiten am Schiff und der Fassade beendet. In dieser Zeit entstand auch eine erste Fassung der Mirakelsammlung über die wundertätige Wirkung der Reliquien.
Neben dem wirtschaftlichen Aufschwung gewann der Ort auch politisch an Ansehen: 1146 rief Bernhard von Clairvaux in Vézelay zum zweiten Kreuzzug auf, hier trafen sich 1190 zu Beginn des dritten Kreuzzuges der französische König Philipp II und Richard Löwenherz zum Aufbruch ins Heilige Land, 1166 sprach hier der Erzbischof von Canterbury, Thomas Becket, im Exil Exkommunikationen über mehrere englische Bischöfe aus. Und der heilige Franziskus gründet 1217 in Vézelay seine erste Niederlassung in Frankreich.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Von enormem historischem Gewicht scheint mir hier der Hinweis auf das nach wie vor für Frankreich seit Jahrhunderten verehrte Heiligtum Saint Maximin und la Sainte Baume in Südfrankreich, wo der Legende gemäss die Heilige Maria Magdalena nahrungslos gelebt haben und täglich von Engeln auf den nahen Berg gehoben werden soll: die Designierung eines europäischen Tabor. Es gab bei der Franz. Revolution hier leider ebenfalls einen Bildersturm. Wenig bekannt ist die enorme Bedeutung des Magdalenenkultes von La Sainte Baume für Bruder Klaus, worüber er im Mai 1574 in seiner Einsiedelei durch den Pilger Hans von Waldheim aus Halle an der Saale tatsächlich unterrichtet wurde, was dokumentiert ist, siehe die Bruder-Klaus-Akten von Robert Durrer. Originaltext von 1474 von Hans von Waldheim, erstmals veröffentlicht vom Sohn des Bundesrates Welti und Schwiegersohn des Zürcher Wirtschaftspioniers Alfred Escher, Exmann der Lydia Escher-Welti: "Ich erzählte Bruder Klaus, wie ich aus fernen Landen zu ihm gekommen sei. Da sprach er (Bruder Klaus) zu mir: 'Ich habe meine Kapelle zu Ehren der heiligen Maria Magdalena weihen lassen.' Da erzählte ich ihm die ganze Geschichte der Maria Magdalena, wie sie in Marseille, übers Meer kommend, landete und wie sie in einer Höhle wohnte und da siebenmal des Tages zu den Kanonischen Stunden (Gebetstermine der Mönche, die Bruder Klaus ebenfalls einhielt) von den heiligen Engeln in die Luft gehoben wurde, und erzählte ihm davon so viel, dass ihm die Augen vor Weinen übergingen. Danach sagte er uns viele liebliche, göttliche Lehre." 1504 liess Kardinal Schiner als einer der wichtigsten Geldgeber und Einweiher die Untere Ranftkapelle errichten, wobei jedoch eine Marienerscheinung von Bruder Klaus jedoch als Erdichtung angesehen werden muss.
Die Umwandlung des Ranftheiligtums von einem Magdalenenheiligtum, der Heiligen der Einsiedler, in ein Marienheiligtum erfolgte 1504, 17 Jahre nach dem Tod von Klaus, durch Kardinal Schiner, der damals zu den eifrigen Förderern der Lehre von der Unbefleckten Empfängnis gehörte, ein Mysterium, das in jenen Jahren leider in Bern durch eine betrügerisch Wunder-Inszenierung, den sog. Jetzer-Handel, befördert wurde, wobei jedoch die Domiikaner von Bern im Gegensatz zu den Franziskanern noch im Gegensatz zum Heiligen Bonaventura die befleckte Empfängnis befürworteten, d.h. die Begnadigung von Maria erst einige Wochen nach der Empfängnis der Gottesmutter durch ihre Mutter Anna, womit die Teilhabe der Muttergottes am Los der sündigen Menschheit betont wurde, wiewohl sie von Geburt an frei von Sünde war. Dies war ein enormer dogmatischer Streit über das Mtteialter bis 1855, als Papst Pius IX, diese Frage dogmatisch für die Katholische Kirche endgültig entschied. Für den Wunderbetrug wurden der Prior der Dominikaner, der Lesemeister und zwei weitere Mönche am 31. Mai 1509 nach einem dreijährigen Prozess durch den definitiven Urteilsspruch u.a. v. Kardinal Schiner und dem Bischof von Lausanne auf dem Schwellenmätteli in Bern verbrannt, auch auf den Wunsch der Berner Regierung. Die Hinrichtungen mussten von Papst Julius II. bewilligt werden, wofür Bern dann aber 20 000 Mann für die Befreiung einst päpstlicher italienischer Städte zur Verfügung stellen musste, eine Bedingung der späteren Mailänder Kriege, an denen Schiners Günstling Ulrich Zwingli als Pfarrer von Glarus anfänglich noch begeistert teilnahm, 1512 in Pavia die per Bulle vom 8. Januar 1513 zugestandenen Schweizer Pfarrwahl-Privilegien erstritt. Zwingli war und blieb lebenslang ein grosser Bruder-Klaus- und Marienverehrer, jedoch jenseits des hochkomplexen Streites umd die Befleckte oder Unbefleckte Empfängnis. An Tag der Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis wurde übrigens die heilige Marguerite Bays aus Siviriez bei Romont auf wunderbare Weise, Spontanheilung, von einem inneren Krebs befreit. Heute nachmittag um 15 Uhr findet in Siviriez wie immer am 27. des Monats, Todestag der Heiligen, ein feierlicher Gottesdienst mit Krankensegung durch ein Reliquienbehältnis statt. Ich besuche diesen Gottesdienst regelmässig. Siviriez ist heute nebst Einsiedeln und Mariastein das wohl bedeutendste Marienheiligtum in der Schweiz in jenem Teil der französischen Schweiz, wo heute Bruder Klaus nach wie vor im höchsten Ansehen steht. Am stärksten dafür verwendet sich seit Jahren der Abbé Rime, Bruder-Klaus-Forscher und einer der besten Kenner der Volksfrömmigkeit in der Romandie.
PS. Im oben erwähnten Heiligtum La Sainte Baume dankte im Spätherbst 1515 Frankreichs König Franz I. der heiligen Maria Magdalena und der Muttergottes für seinen Sieg gegen die bis anhin als unbesiegbar eingeschätzten Eidgenossen in der Schlacht bei Marignano. Die Berner und Freiburger, ursprünglich von Kardinal Schiner angeworben, hatten sich von dort übrigens vorzeitig verzogen. Zwingli wurde erst nach dieser Geschichtslektion bedingungsloser Gegner der fremden Kriegsdienste mit Ausnahme der Unterstützung von Reformierten im süddeutschen Raum. Weil freilich der grösste Teil der Schweiz, zumal Zürich, die Ost- und Zentralschweiz innerhalb des Reiches zum Herzogtum Oberschwaben gehörte, waren dies für Zwingli keine fremden Kriegsdienste!
PS. An Kritiker meiner Ausführlichkeit: Die Ausführungen oben sind keine herkömmliche Meinungsbekundung, sondern beruhen auf 60 Jahren ununterbrochener Forschung. Die Urkunde vom 8. Januar 1513 ist in der offiziellen Ausgabe der "Sammlung schweizerischer Rechtsquellen, VII. Abteilung", Kanton Glarus, Aarau 1987, sinnentstellend falsch datiert, weil der Bearbeiter, Alt Ständerat Fritz Stucki, mit dem komplizierten vatikanischen Datierungssystem gemäss dem "Calculus florentinus" als braver Protestant nicht klarkam, was mir unterdessen auch Prof. Markus Ries, Uni LU, bestätigt hat.