Symbolbild. (Bild: Pete Alexopoulos/Unsplash)

Kirche Schweiz

Von oben dik­tierte «Synodalität»

In der «Kir­che Schweiz» wol­len Pres­sure Groups um jeden Preis den «Syn­oda­len Pro­zess» durch­bo­xen, um so ihre per­sön­li­che Reform­agenda durch­zu­set­zen. Das Kir­chen­volk inter­es­siert sich herz­lich wenig dafür, doch das ist den Ver­ant­wort­li­chen egal. Gemäss ihrer Kon­zep­tion einer syn­oda­len Kir­che wird das Kir­chen­volk zum blos­sen Befehls­emp­fän­ger degradiert.

«Im Wunsch nach mehr Partizipation und Gemeinschaft bei der Erfüllung ihres Auftrags will die katholische Kirche in der Schweiz eine «Synodalitätskommission» ins Leben rufen. Das neue Gremium wird für eine auf fünf Jahre befristete Probephase errichtet, in der es Formen der synodalen Entscheidungsfindung auf nationaler Ebene testen soll.» So informierte die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) am 10. April 2024 über die neue «Synodalitätskommission». An ihrer Ordentlichen Vollversammlung im September 2024 bestätigten sie die 31 Mitglieder der Kommission, die zusammen mit dem Geschäftsführer Fredy Bihler «in der Synodalen Erprobungsphase die Rolle eines ‹Werkstatt-Teams›» übernehmen.

Der Papst will es!
Zum Start dieser «Synodalen Erprobungsphase» fand am 3. Dezember der erste «Synodalitätstag» statt. A propos Transparenz, die von diesen Kreisen geradezu gebetsmühlenartig eingefordert wird: Wer zu den Auserwählten dieses «Synodalitätstages» gehörte, wird im Beitrag auf der Webseite der SBK verschwiegen. Gemäss früheren Berichten müsste es sich um die Mitglieder SBK, das Präsidium der Römisch-katholischen Zentralkonferenz (RKZ) und die Synodalitätskommission gehandelt haben.

Da Papst Franziskus den Schlussbericht der Weltsynode zur Synodalität als lehramtlich verbindlich erklärte, werde die Umsetzung der Impulse ausdrücklich erwartet, behauptet der Beitrag. Dies unterstrichen auch die drei Synodenteilnehmender aus der Schweiz: Bischof Felix Gmür, Helena Jeppesen und Claire Jonard. «Mit dem Schlussbericht der Synode liegt ein Auftrag und zugleich ein grosser Gestaltungsraum für dringende Veränderungen in der Kirche vor. Der deutliche Wille des Papstes, konkrete Umsetzungen zu gestalten, muss in der Schweiz zügig aufgenommen werden.»

Das Trio stellte noch weitere Forderungen (im Text wird beschwichtigend von «klaren Perspektiven» gesprochen). Stichworte sind kontinuierliche Weiterbildungen in Synodalität; Vielfalt anerkennen und Subsidiarität der Zuständigkeiten; geteilte Verantwortung; Thema der Rechenschaft und der Transparenz der Abläufe verstärkt bearbeiten, Potenzial der Ökumene besser nutzen.

Was natürlich auch nicht fehlen durfte: «Gerade in der Frage der Weihe von Frauen verhielt sich die Synode in Rom selbstbewusst. Sie forderte eine ernsthafte Bearbeitung des Themas ein und konnte sich durchsetzen und Rechenschaft verlangen. Die Bischofskonferenz der Schweiz ist nun aufgefordert, in der kommenden Zeit darauf hinzuwirken, dass die zuständige Kommission in Rom die offenen Themen ernsthaft und transparent bearbeitet.»
Wer sich bisher der Illusion hingegeben hat, dass an der Weltsynode ein echtes Hören aufeinander und auf den Heiligen Geist stattgefunden hat, ist damit eines Besseren belehrt.

Das Ganze ist auch insofern ziemlich verlogen, als der päpstliche Wille zwar umgesetzt werden soll, allerdings nur selektiv, sprich dann nicht, wenn er dem eigenen Willen nicht in den Kram passt: «Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken, dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben» («Ordinatio Sacerdotalis» 1994).

Weiter forderten die drei Synodenteilnehmer auch noch eine synodale Liturgie, denn diese soll «Spiegel der Kirche sein. Dazu müssen die Feierformen daraufhin überprüft werden, ob sie geeignet sind, den synodalen Charakter der Kirche darzustellen.»
Bisher war die Liturgie auf Jesus Christus ausgerichtet, doch das steht dem synodalen Bestreben anscheinend diametral entgegen.

Neuausrichtung der Kirche ohne Beteiligung des Volkes
«Die Anwesenden am Synodalitätstag nahmen sich Zeit, um die Hauptthemen der Kirche zu benennen, die eine grundlegende Neuausrichtung bzw. Umkehr der Kirche verlangen», heisst es im Beitrag weiter. Woher sie wussten, welches diese Hauptthemen sind, wird nicht gesagt. Vermutlich stützen sie sich auf die Umfrage «wir-sind-ohr.ch» aus dem Jahr 2021, bei der gerade einmal 0,5 Prozent aller Schweizer Katholikinnen und Katholiken mitgemacht haben.

Doch welches sind nun diese Hauptthemen? Glaubwürdigkeit und Relevanz von Kirche und Glaube; strukturelle Reformen, Vereinfachungen und konkrete Lösungen für die Bewältigung rückläufiger Finanzen; das in den letzten Jahren gewachsene Verständnis der gleichen Taufwürde aller in der Kirche muss zu einem grundsätzlichen Verständnis werden. «Avanti: Eine zügige Umsetzung von Veränderung und von Reformen wird mit Nachdruck erwartet.»

Am Nachmittag ergab ein synodales Gespräch, dass die verschiedenen Etappen und Arbeitsschritte differenziert bearbeitet und erprobt werden sollen und dass die Synodalitätskommission zu Beginn ihrer Arbeit zentrale Themen definieren und konkrete prozedurale Bausteine entwickeln müsse, «damit Synodalität gelingt und fruchtbar wird.»
Zum Schluss verstieg man sich gar zur Aussage, dass «Synodalität» zur DNA der Kirche gehöre. Nur seltsam, dass in den nunmehr 2000 Jahren ihres Bestehens das Wort «Synodalität» nicht zum Vokabular der Kirche gehörte.
 


Nichts Neues unter der Sonne
Der erste Synodalitätstag bringt nichts Neues. Es zeigt die übliche Vorgehensweise: Irgendwelche auserwählte Personen entscheiden, wie es in der Kirche weitergehen soll, und flechten immer wieder das Wort «synodal» ein, damit es nach echter Synodalität klingt. So ist es zum Beispiel nicht möglich, dass an einem Nachmittag mit über 40 Personen ein synodales Gespräch stattgefunden haben soll: In der Synodalität gibt es keine Mehrheitsentscheide (Demokratie), sondern nur «Konsens». Dass so viele Personen innerhalb so kurzer Zeit gleich in mehreren Punkten Konsense gefunden haben sollen, ist nicht glaubhaft – ausser natürlich, sie waren sich zum Vornherein über das Ziel einig – damit hätten sie aber nicht die Kirche Schweiz abgebildet.

Geradezu entlarvend für die ideologische Stossrichtung dieser selbsternannten Avantgarde ist der Link, der am Ende des Beitrages angegeben wird: «Daniel Kosch: Veränderungen, für die es keine Zustimmung aus Rom braucht». Der Link führt zu einem Gastbeitrag des ehemaligen Generalsekretärs der RKZ im Berner Pfarrblatt vom 29. November 2024.

Daniel Kosch geht in seinem Beitrag davon aus, dass die Umfrageergebnisse von «wir-sind-ohr.ch» die «Wunschliste der Schweizer Katholik:innen» darstellen, die an der Weltsynode deponiert wurde. Jetzt habe der Papst den Ball zurück an die Ortskirchen gespielt. «Es sind nicht mehr die ‹übergriffigen› Landeskirchen oder ‹bischofskritische› Reformkräfte, die solches fordern. Die Weltsynode und der Papst wollen es so.» Er führt nun fünf «Bälle» auf, die aufgenommen und weitergespielt werden sollen.

  • Die Bischofskonferenz soll durch einen synodalen Rat ergänzt werden. Dieser soll in die Beratungen und Entscheidungen einbezogen werden. «Mit einer synodalen Kirche ist die «black-box» Bischofskonferenz nicht mehr zu vereinbaren. Es soll nicht mehr so sein, dass ein Dutzend Männer unter sich und ohne Begründungspflicht Dinge entscheiden, die Hunderte von Seelsorgenden betreffen und das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit prägen.»
  • Das aktuelle duale System reisse auseinander, was zusammengehöre: «Die Bischöfe und für die Seelsorge Verantwortlichen entscheiden hierarchisch über die pastoralen Fragen – die staatskirchenrechtlichen Behörden entscheiden demokratisch über die Finanzen.» Diese Rollenzuteilung reduziere die Behördenmitglieder auf «Financiers», «als ob nicht auch sie Getaufte und Gefirmte wären, die für das Leben der Kirche auch inhaltlich Mitverantwortung tragen».
  • Statt zusätzlich synodale Räte zu schaffen, sollen die Gremienlandschaft und Traktandenlisten entrümpelt werden.
  • Es werde immer weniger funktionieren, die Weitergabe des Glaubens den pastoralen Mitarbeitenden zu überlassen und quasi als «Gegenleistung» Kirchensteuern zu bezahlen. Es werde vermehrt ganz «gewöhnliche Menschen» brauchen, die den Glauben so ins Spiel bringen, «dass er dem Leben dient, die Hoffnung stärkt und die Menschen berührt».
  • Um verlorenes Vertrauen wieder zu gewinnen, Transparenz zu schaffen und «aufzuzeigen, dass die Beiträge der Körperschaften an die Bistümer effizient eingesetzt werden», sollen die Bistümer, Domkapitel und kirchlichen Stiftungen ihre finanziellen Verhältnisse offenlegen.
     

Von der Kirche als «Leib Christi» mit ihrer hierarchisch-sakramental verfassten Struktur, wie sie im Evangelium grundgelegt und in den Dokumenten der Konzilien, zuletzt im Zweiten Vaticanum, ausgefaltet und konkretisiert wurde, ist da nirgends die Rede. Stattdessen heisst es, dass die Leitungsaufgabe nicht mehr Aufgabe der Bischöfe sein soll, sondern diese nur als «Exekutive» ausführen dürfen, was Laien als «Legislative» beschlossen haben. Fürstlich bezahlte Funktionäre der RKZ, die nur in der Sicherstellung der materiellen Voraussetzungen für die Seelsorge eine Existenzberechtigung hat, spielten jetzt Lehramt, spielten Parahierarchie – was sich bekanntlich gewisse Kantonalkirchen schon seit Längerem anmassen. Unsinnig ist auch die Formulierung, dass Menschen «den Glauben so ins Spiel bringen sollen, dass er dem Leben dient, die Hoffnung stärkt und die Menschen berührt». Authentischer Glaube dient seit jeher dem Leben und stärkt die Hoffnung und berührt so den Menschen.

Von der «Weltbischofssynode zur Synodalität» sprechen im Kirchenvolk nur noch wenige; für die meisten Gläubigen ist dieses Kapitel abgeschlossen. Eigentlich war dieser ganze «Synodale Prozess» ein grosser Flop, haben sich weltweit doch nur gerade ein Prozent aller Katholikinnen und Katholiken daran beteiligt.
Anstatt von oben herab eine «Synodalitätskommission» einzusetzen und eine fünfjährige Erprobungsphase einzuführen, an der das Kirchenvolk nur marginal beteiligt wird, täte die Schweizer Bischofskonferenz besser daran, sich für eine Neuevangelisierung der Kirche einzusetzen. Menschen, die sich für Jesus Christus begeistern, werden sich mit Überzeugung für das Reich Gottes einsetzen und so der Katholischen Kirche zu neuer Glaubwürdigkeit verhelfen – ohne langes Reden, ohne viele Papiere, dafür mit ansteckender Freude.

 


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


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Bemerkungen :

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    Hans Peter Flückiger 13.12.2024 um 17:07
    Einzig vernünftiges: Adieu!
  • user
    T.L.D 11.12.2024 um 09:32
    Was reden die wieder über die Frauen"weihe"? Sogar Bonnemain sagt, dass es nicht möglich ist. (und das heisst was)
  • user
    Claudio Tessari 11.12.2024 um 08:09
    Das ist nicht mehr die katholische Kirche und wird somit wie jede Häresie irgendwann enden. Wichtig ist, dass wir dem unveränderten Glauben treu sind und das auch nicht einfach so hinnehmen. Dort wo die Liturgie nicht nach dem Messbuch gefeiert wird, sowie sie Weltweit gefeiert wird, dort soll der Katholik nicht hingehen. Das duale System und die liberalen Kirchenbesucher werden aussterben, der wahre katholische Glaube, die würdig gefeierte Liturgie wird bestehen, den dort ist JESUS im Zentrum. Dort wo der Mensch im Zentrum ist, hat es kein Platz mehr für Gott. Viva Cristo Rey!
    • user
      Stefan Fleischer 11.12.2024 um 10:28
      Ja, Viva Cristo Rey!
      Solange Er nicht mehr herrschen darf in dieser Welt und besonders in unserer Kirche, kann alles nur noch schlimmer kommen. Nicht umsonst verleitet der Widersacher so viele Geistliche, auf die Formel zu verzichten: "der mit die lebt und HERRSCHT". Ich weiss, das ist meist sehr gut gemeint. Aber mit einer "besseren" Formulierung riskiert man meist, etwas ganz anderes zu sagen.
      • user
        Claudio Tessari 11.12.2024 um 15:39
        Das ist ja leider heute das Problem zumindest im deutschsprachigen Raum, die wenigsten Priester halten sich an das Messbuch. Jeder denkt er weiss es besser als die Mutter Kirche. Dieser "liberale" Geist, man kann frei wählen zerstört im Grunde die Schönheit der Liturgie. Und wenn man es zu ende denkt, ist es dämonisch, denn wer es besser weiss als die Kirche, weiss es auch besser als Jesus, der ja zu den Apostel sagt: Wer euch hört, der hört mich.....