Für besondere Schlagzeilen sorgte zuletzt das Verbot der FIFA, die sogenannte «One Love»-Kapitänsbinde zu tragen. Dieses Symbol, das sieben Spielführer tragen wollten – darunter auch der Schweizer Spielführer Xhaka –, soll die Solidarität mit Menschen zum Ausdruck bringen, die aufgrund unterschiedlicher Motive diskriminiert werden oder sich diskriminiert fühlen. Die «One Love»-Binde ist dabei eine Weiterentwicklung der Regenbogenfahne, die sich die LGBT-Lobby zu eigen gemacht hat. Für viele Menschen, die an traditionellen Familienbildern festhalten, ist die «One Love»-Binde daher ein Zeichen für die Gleichsetzung von heterosexueller Liebe mit der gleichgeschlechtlichen, was durch den Namen der Binde ja auch bewusst suggeriert wird.
Nüchterne Analyse
An dieser Stelle könnte nun ein langer theologischer und sozialphilosophischer Diskurs erfolgen, warum der Begriff «Liebe» von den Befürwortern der sexuellen Libertinage so inflationär propagiert wird, um das klassische Bild der christlichen Ehe zu relativieren, ja zu demontieren. Auf diesen Diskurs, der bereits von renommierten, der katholischen Lehre verpflichteten Theologen geführt wurde, wird zugunsten einer nüchternen Analyse verzichtet, die sich ihrerseits darüber Gedanken macht, welche Erkenntnisse ein Schweizer Katholik aus der Tatsache ziehen kann, dass die FIFA darauf bestand, ihr Verbot durchzusetzen.
Die erste Erkenntnis ist, dass die Werte, die momentan in vielen Mainstream-Medien im Westen propagiert werden, offenkundig von der Mehrheit der Weltbevölkerung nicht geteilt werden. Auch wenn es Millionen Menschen sind, die in West- und Nordeuropa, Ozeanien und Nordamerika die Exklusivität der Verbindung von Mann und Frau als eheliche Gemeinschaft infrage stellen, so gehören diese weltweit bei den acht Milliarden Menschen, welche die Welt bevölkern, zur Minderheit. Die katholische Position zur Geschlechtlichkeit des Menschen wird immer noch vom überwiegend grössten Teil der Menschheit vertreten, auch wenn dieser Teil oft gar nicht katholisch, nicht einmal christlich, sondern muslimisch oder hinduistisch ist.
Die zweite Erkenntnis ist, dass die meisten Menschen in unserer heutigen Gesellschaft sehr flexibel sind, was ihre Werte anbelangt, sobald dabei ihre materiellen Interessen tangiert werden. Ohne den FIFA-Verantwortlichen zu nahe treten zu wollen, lässt sich die Aussage wagen, dass sich die FIFA bei ihren Aktionen vor allem auch durch pekuniäre Motive leiten lässt. Die arabischen und viele asiatische Staaten sind potente Geldgeber und stellen für den Weltfussball zudem einen grossen Markt dar, der bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Die Propagierung von Werten, die von diesen Gesellschaften nicht geteilt werden, stellt ein finanzielles Risiko dar, das die FIFA scheut. Die FIFA agiert mit ihrem Verbot der «One love»-Kapitänsbinde durchaus rational und nutzenmaximierend – viele Akteure in der Schweizer Kirche tun dies ebenfalls.
Korruption des Herzens
Auch wenn Katholikinnen und Katholiken oft die idealistische Vorstellung aufrechterhalten möchten, dass die Personen, die in der Kirche wirken, eine hohe moralische Standfestigkeit besitzen, so ist es gerade in der jetzigen Zeit wichtig, eine realistischere Auffassung von Kirche zu entwickeln. Der alte Spruch, wonach das Schiff Petri von vielen Nieten zusammengehalten wird, trifft auf die Schweizer Kirche wohl mehr zu denn je. Und je mehr dem einfachen Katholiken oft aufgrund eigener leidvoller Erfahrungen die Erkenntnis dämmert, wie stark dieser Spruch zutrifft, desto grösser wird gleichzeitig aber auch sein Staunen darüber, dass der Heilige Geist es trotz seines Bodenpersonals nicht zulässt, dass diese Kirche zugrunde geht. Tatsächlich sind viele Funktionäre in den Kirchenräten, viele Bischofsvikare und leider auch einige Bischöfe selbst alles andere als Leuchttürme des standhaften Glaubens. Sie sind vielmehr Opfer dessen geworden, was Papst Franziskus die Korruption des Herzens nennt. Man orientiert sich nicht an der Lehre der Kirche, sondern an der gesellschaftlichen Mehrheitsmeinung und an monetären Interessen. Der glaubenstreue Katholik sollte in dieser Situation die Worte Jesu beherzigen, in denen er uns auffordert, klug wie die Schlangen zu sein. Ist – um es analog mit den Worten von Karl Marx zu sagen – der immaterielle Überbau des Führungspersonals der Kirche so stark durch den materiellen Unterbau verformt, gilt es, letzteren zu hinterfragen und daraus die Konsequenzen zu ziehen. Wenn beispielsweise Bischof Felix nach dem Entscheid der Glaubenskongregation, wonach die Segnung homosexueller Paare nicht erlaubt sei, seinen Missmut kundtut und eine «Weiterentwicklung» der Theologie in diesem Bereich fordert, stellt sich die Frage, ob der Basler Bischof dies ebenfalls getan hätte, wenn er postwendend eine monetäre Schmälerung seiner materiellen Basis zu gewärtigen gehabt hätte. Es besteht viel Grund zur Annahme, dass Bischof Felix wie andere Verantwortungsträger der Schweizer Kirche seine die kirchliche Lehre missachtenden An- und Absichten schnell revidieren würde, müsste er finanzielle Einbussen für sich und seine Mitarbeiter befürchten.
Einen heilsamen finanziellen Druck aufbauen
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und viele Katholiken werden sich im Dezember wieder die Frage stellen, ob sie tatsächlich nächstes Jahr noch einmal Kirchensteuern zahlen wollen. Manche haben sich bereits seit Längerem von der Kirche distanziert. Einige praktizieren ihren Glauben rege, sind jedoch mit der institutionellen Ausrichtung der eigenen Ortskirche unzufrieden. Teilweise wird in den Kirchgemeinden für alles Mögliche und Unmögliche Geld ausgegeben, ausser für den Hauptauftrag der Kirche, nämlich für die Spendung und Feier der Sakramente. Auch wenn die wenigsten von uns über die finanziellen Mittel arabischer oder asiatischer Staaten verfügen, können wir doch über die Steuergelder kirchlichen Irrwegen die Rote Karte zeigen. Seit fast 15 Jahren haben die Schweizer Katholikinnen und Katholiken dank eines Bundesgerichtsentscheids die Möglichkeit, durch einen sogenannten partiellen Austritt ihre Kirchensteuern der Ortskirche vorzuenthalten, ohne dabei aus der katholischen Kirche als Glaubensgemeinschaft austreten zu müssen. Dieser partielle Kirchenaustritt bietet viele Chancen, einen heilsamen finanziellen Druck aufzubauen und nicht gezwungen zu sein, Aktivitäten zu finanzieren, die gegen die katholische Lehre gerichtet sind. Legten die glaubenstreuen Schweizer Katholikinnen und Katholiken in moralischen Fragen die gleiche Konsequenz wie einige nicht-westliche FIFA-Mitglieder an den Tag, würde sich die hiesige kirchliche Landschaft relativ rasch und nachhaltig verändern.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Der Umstand, dass die LGBT-Bewegung in vielen Ländern und Kulturen nicht geduldet und verfolgt wird, ist allerdings keineswegs ein Argument dafür, dass man nicht ein offenes Ohr für deren Anliegen haben sollte. Es gab und gibt keine Kultur und Gesellschaft, und wird wahrscheinlich nie eine geben, wo z.B. nicht ein gewisser Prozentsatz von gleichgeschlechtlich empfindende Menschen leben. Das gilt keineswegs nur für den Westen. Das gilt genauso für islamische oder fernöstliche Kulturen, auch wenn die zuständige Elite es nicht wahrhaben will. Und genauso galt das früher für die Antike. Nur wurde die normative Wertung dieser minderheitlichen Lebensformen nicht immer und in allen Kulturen gleich vorgenommen. Während die Antike diesbezüglich beispielsweise eher liberal und zum Teil offener, wenn auch nicht in allen Teilen im heutigen Sinn, sich gestaltete, zeigte sich z.B. das Christentum von Anfang an ablehnender, was ein Rückschritt bedeutete. Der "religiös-naturrechtliche" Argumentationsansatz, der bei der normativen Unterdrückung mancher Lebensformen gewählt wurde und wird, hat sich zum Teil als äusserst verhängnisvoll erwiesen.
Niemand will es hören. Aber Religionen sollten sich aus der Moral, insbesondre aus der Sexual-Moral der Menschen, konsequent heraushalten. Auch die Kirche hatte dabei noch nie eine glückliche Hand gezeigt. Das bedeutet im Übrigen in keiner Weise, dass die Menschen damit eher einer sittenlosen Lebensweise ausgeliefert wären. Wie schlimm Religion immer wieder im Hinblick auf Sexualmoral für andere Zwecke instrumentalisiert wird und bereits früher immer wieder instrumentalisiert wurde, zeigt teilweise die Begründungsweise, wie seitens der russisch-orthodoxen Kirche der brutale Angriffskrieg gegen die Ukraine auch theologisch legitimiert wird.
Ich bin auch nicht mehr in der Kirche. Aber die finanziellen Mittel ausgerechnet der Kirche vor Ort vorzuenthalten, genau dort, wo Seelsorgerinnen und Seelsorger täglich sich an der Front abarbeiten und Konchenarbeit leisten, indem gerade sie am ehesten noch den Menschen etwas an Hoffnung zu vermitteln vermögen, fände ich gar keine gute Idee.
Und zu ihrer letzten Aussage, wonach man die Mittel nicht den Seelsorgern vorenthalten soll, die hoffnungsstiftend an der Front arbeiten, möchte ich nur anmerken, dass der Grossteil der Kirchengelder eben nicht an die Front, sondern in die Bürokratie geht. Zudem frage ich mich, welche Hoffnung vermittelt werden kann, wenn viele der Seelsorger, hier sind vor allem die Laienseelsorger gemeint, grosse Teile der katholischen Lehre, inklusive den Glauben an die Auferstehung, ablehnen?
Persönlich hänge ich, was das klassische Griechentum und den späteren Hellenismus anbelangt, nicht einfach Narrativen an. Aber sowohl das Griechentum als auch der Hellenismus vertraten diesbezüglich eine offenere Haltung als das frühe Christentum. Dabei gilt es zu beachten, dass die Denkrichtungen, die im damaligen Heidentum grossen Einfluss ausübten, teilweise ja übrigens auch im Christentum von Kirchenvätern und -lehrern rezipiert wurden, das sokratische Denken, der Platonismus und Aristotelismus, nicht zuletzt aber auch die etwas spätere Stoa etc. alles Schulen waren, die um die zentrale Bedeutung und Sinnhaftigkeit menschlichen Daseins bemüht waren und soweit es ihnen möglich erschien, deren Aufklärung und Einsichtigkeit anstrebten. Es ging schlichtweg allen Denkschulen um eine Bewältigung menschlicher Existenz. Bereits in der älteren Stoa (Zenon, Chrysippos), also gut zweihundert Jahre vor Christus, wurden Denkansätze entwickelt, auf die sich die Wurzeln von Begriffen wie Kosmopolitismus oder Menschenwürde, wichtige Begriffe im Kontext moderner Menschenrechts-Diskurse, zurückführen lassen. Gedanken also, die nicht erst mit Paulus in Galater 3,28 vorgetragen wurden. Aber im Gegensatz zu ihm wurden in all diesen Denkrichtungen Fragen der sexuellen Präferenz bei weitem nicht eine derartige Bedeutung zugemessen. Den Menschen im Griechentum wie im Hellenismus war bewusst, dass es sich um anthropologische Phänomene handelt, die überall zu beobachten sind und denen im Gesamtkontext menschlichen Daseins eine eher akzidentelle Bedeutung zukommt. Darum wurde ihnen auch kaum Gewicht beigemessen.
Herr Ric, ich wünsche Ihnen ein gutes Wochenende.
"Es besteht viel Grund zur Annahme, dass Bischof Felix wie andere Verantwortungsträger der Schweizer Kirche seine die kirchliche Lehre missachtenden An- und Absichten schnell revidieren würde, müsste er finanzielle Einbussen für sich und seine Mitarbeiter befürchten". Die dialektische Theorie kennt dieses Vorgehen: Hypothetische Frage stellen und gewünschte Antwort als wahrscheinlich zu beschreiben. Weit unter Deinem Niveau, Daniel!
Der Satz "Es besteht viel Grund zur Annahme, dass Bischof Felix wie andere Verantwortungsträger der Schweizer Kirche seine die kirchliche Lehre missachtenden An- und Absichten schnell revidieren würde, müsste er finanzielle Einbussen für sich und seine Mitarbeiter befürchten", ist m.E. unsachlich und beleidigend und eine reine Behauptung ohne Begründung, die allein ich in meinem ersten Kommentar als "perfiden Angriff" und als "in inakzeptabler Weise bezeichnet hatte. Und dabei bleibe ich.
Ein unternehmerisches Talent, das die durch den Bundesgerichtsentscheid ermöglichte Option zu einem Weg für viele macht.
Heute ist Gender, LGBT, Klimaaktivismus, Sozialismus, Humanismus etc die neue Götze. Die gesunde geoffenbarte Lehre will man als überholt ansehen. Der Heilige Papst Pius X sagte vor hundert Jahren bereits: DER MODERNISMUS IST DAS SAMMELBECKEN ALLER HÄRESIEN.