Der Einstieg gleich neben der Bellvue-Tramstation beginnt verheissungsvoll: Da präsentiert der Stand «Santa Arepa» seine Spezialitäten aus Venezuela; gleich nebenan wird jemenitischer «Street Food» feilgeboten – garantiert «handmade & fresh». Nicht weit davon preist ein Häuschen mit dem Namen «King of Rolls» mit dem Slogan «Twist your senses» seine Produkte an. Gut und recht, aber je weiter ich auf meiner kulinarischen Weltreise voranschreite, desto drängender meldet sich in der Magengrube das diffuse Gefühl zu Wort: Irgendwie müsste doch ein Weihnachtsmarkt, wie es der Name sagt, auch etwas mit Weihnachten, sprich mit der Geburt von Jesus Christus im Stall von Bethlehem zu tun haben. Ob sich etwa ein Krippenstand mit Figuren der biblischen Weihnachtsgeschichte finden lässt – Ochs und Rind, Hirten und Engel vielleicht? Aber um Himmelswillen – doch nicht in der Zwinglistadt!

Bilder: Niklaus Herzog/swiss-cath.ch
Weihnachten in Zürich
Sie sind mächtig stolz auf ihre «Diversität», die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher: Bunt, vielfältig und schrill soll ihre Welt sein, Krethi und Plethi dazugehören. Was liegt da näher als ein Faktencheck gerade zu Beginn der Adventszeit im «Weihnachtsdörfli» auf dem weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Sechseläutenplatz?

Stattdessen lockt eine Berliner Bäckerei mit verschiedensten Sorten von Pfannkuchen, bietet ein waschechtes Duo aus Österreich gross plakatiert «Kaiserschmarrn» zum Kauf an, die kleine Portion zu neun, die grosse Portion zu 13 Franken. Wer jetzt immer noch ans Christkindli glaubt, wird bitter enttäuscht, denn da bittet ein Eichhörnchen, im «Elfendörfli» Platz zu nehmen. Ganz nach dem biblischen Prinzip «Hoffnung wider alle Hoffnung» versuche ich an den Aussenstationen doch noch mein Glück. Und immerhin: Da findet sich unverhofft noch ein bodenständiges Schweizer Angebot: «Hausgemachte Bündner Capuns – Traditional Swiss Food», und ganz speziell für die ach so ökobewussten Stadtzürcher: garantiert «vegan und glutenfree». Sollte sich irgendwer bei all der Qual der Wahl doch noch zu einem Kauf aus der kaum noch überschaubaren Produktepalette durchringen können, dann bitteschön «Cashless payment only».
Fazit: Das Wort aus der biblischen Weihnachtsgeschichte, wonach «Maria ihren Sohn in eine Krippe legte, weil in der Herberge kein Platz für sie war», hat 2000 Jahre nach ihrer Entstehung nichts von ihrer Aktualität eingebüsst – ganz im Gegenteil.

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