Gutgelaunte Teilnehmerinnen am WJT Chur. Nina Iten (2.v.l.) (Bild: Rosmarie Schärer/swiss-cath.ch)

Kirche Schweiz

Welt­ju­gend­tag in Chur: Die Kir­che lebt

Die­ses Wochen­ende war der Deutsch­schwei­zer Welt­ju­gend­tag (WJT) nach zwan­zig Jah­ren wie­der in Grau­bün­den zu Besuch. In und rund um die Kathe­drale zeigte sich die Kir­che jung und lebendig.

Über 500 Jugendliche fanden den Weg in die Alpenstadt, um gemeinsam zu beten, singen, auszutauschen und zu feiern. Jozef Lushi, innerhalb des Organisationskomitees verantwortlich für das Marketing, zeigt sich begeistert, dass so ein Treffen in der Schweiz möglich ist, dass praktizierende und nicht praktizierende Katholiken zusammenkommen, um Gott zu loben.

Am WJT herrscht eine echte Willkommenskultur: Schnell kommen die Jugendlichen und jungen Menschen miteinander ins Gespräch, helfen weiter, wenn jemand den Weg zum Ort des nächsten Programmpunktes sucht. Auf dem ganzen Gelände trifft man immer wieder auf schwarze Platten, auf denen in weisser Schrift ein Bibelvers steht, der einen Aspekt des Glaubens verdeutlicht.

Neben der gemeinsamen Liturgie werden verschiedenste Workshops angeboten. Auch hier steht der Glaube im Vordergrund. «Zu den beliebtesten Workshops zählen die Führung durch die Kirche St. Stephan, das Rosenkranzknüpfen, das Bischofskaffi und ‹Glaube und Vernunft›», erzählt Jozef Lushi.

Die Organisatoren profitieren vom Wetterglück. Dass das Wetter mitspielt, finden auch Enie und Yara toll. Sie sind aus dem Toggenburg, genauer aus Bütschwil respektive Bazenheid angereist. Der Kreuzweg am Freitagabend hat beide beeindruckt, aber auch die Heilige Messe am Samstagmorgen. Die Auswahl der Workshops überliess Enie ihrer Kollegin Yara. Diese entschied sich für «Mitten in der Welt ganz Gott gehören», einen Workshop des Säkularinstituts «Servi della Sofferenza» über die Berufung des geweihten Lebens in der Welt.

Das Säkularinstitut hat auch einen Stand auf dem Festgelände. Unter den vielen Angeboten findet man z. B. einen Stand von «Mary’s Meals» oder der Priesterbruderschaft St. Petrus. Gleich daneben befindet sich das Angebot von «TeenSTAR», ein Verein, der ein sexualpädagogisches Programm für Jugendliche anbietet. Ihre Präsenz an Weltjugendtagen habe mit Johannes Paul II. begonnen, erzählt Katharina von Däniken, die während vieler Jahre Präsidentin des Vereins war. «Wir wurden von den Schweizer Bischöfen eingeladen, an einen Stand zu kommen. Seitdem waren wir auch mehrfach an Weltjugendtagen im Ausland.» Aktuell konzentrieren sie sich jedoch auf die Schweiz, da der Aufwand für die Präsenz an internationalen Weltjugendtagen sehr gross ist. Die jüngeren Teilnehmerinnen und Teilnehmer des WJT in Chur interessieren sich vor allem für das Quiz, bei dem es Preise zu gewinnen gibt. Die Fragen drehen sich u. a. um Digitale Medien, Verhütung, Schwangerschaft oder den weiblichen Zyklus. Ein Jugendlicher hatte beim Quiz fast alles gewusst. «Kurz darauf kam er mit zwei Kollegen zurück und sie haben alle Preise abgeräumt», erzählt Katharina von Däniken lachend.

Die älteren WJT-Teilnehmenden machen sie auf ihre Kurse aufmerksam. Sie suchen auch dringend Leiterinnen und Leiter, die vor Ort «teenSTAR»-Kurse geben, denn die Nachfrage ist gross. «Die Jugendlichen merken in unseren Kursen, dass wir sie und ihre Fragen ernst nehmen. Von uns erhalten sie Antworten in einer angemessenen, anständigen Sprache, die ihr Intimgefühl wahrt.»
 


Der WJT Chur ist ein grosser Event, der eine entsprechende Vorbereitung benötigt. Nina Iten ist von der Leistung des OK beeindruckt, denn alles wird ehrenamtlich geleistet. Sie selbst nahm vor ihrer Firmung zum ersten Mal an einem WJT teil – der WJT Chur ist inzwischen der dreizehnte WJT, den sie besucht (internationale Weltjugendtage eingerechnet). Ihre Begeisterung für dieses Format ist ungebrochen. «Es ist immer wieder einmalig, zu erleben, wie lebendig die Kirche ist, wie sich alle eingeben und von ihren Erfahrungen mit Gott in ihrem Alltag erzählen.» Da jeder Mensch an einem anderen Ort seines Glaubensweges steht, ist für jeden aktuell gerade ein anderer Aspekt wichtig.

Die Kritik, dass solche Weltjugendtage nur Events seien und die Jugendlichen danach trotzdem nicht in den Pfarreien anzutreffen seien, kann sie nur bedingt nachvollziehen. «Vermutlich fällt es in den einzelnen Pfarreien nicht auf, wenn jemand am WJT dabei war, doch man kommt verändert nach Hause.» An den Weltjugendtagen entstehen neue Freundschaften respektive werden bestehende Freundschaften vertieft. Durch die Workshops und Stände lernen die Jugendlichen Vereine, Gruppierungen, Organisationen kennen. «Seit dem WJT in Lissabon letztes Jahr kommen viel mehr Leute ins Adoray Gossau», bringt sie ein praktisches Beispiel. «Die einen kommen wegen der am WJT gemachten Erfahrungen, andere werden von ihren Freunden mitgenommen.»

Vielleicht sind die Jugendlichen danach nicht in der eigenen Pfarrei anzutreffen, dafür an anderen Orten wie z. B. bei Angeboten von Adoray. Doch natürlich gibt es auch andere Beispiele: Nina Iten studierte in Bern. Durch die Teilnahme an einem WJT fand sich eine Gruppe junger Erwachsener zum gemeinsamen Rosenkranzbeten zusammen. «Wir haben uns in der Pfarrei der bestehenden Rosenkranzgruppe angeschlossen, die mehrheitlich aus ‹älteren Damen› bestand.» Sie ist überzeugt, dass durch den WJT überall Früchte entstehen.
 


Davon ist auch Vikar Michael Fent überzeugt, der innerhalb des OK für die geistliche Begleitung zuständig ist. «Der WJT ist eine Möglichkeit, dass Jugendliche und junge Menschen, die in ihrem Umfeld von einem eher nicht praktizierten Glaubensleben geprägt sind, hier eine lebendige Kirche kennenlernen können. Ich mache die Erfahrung, dass mit dem WJT der Glaube in ihrem Alltag erst richtig anfängt.»

Für Michael Fent war bereits der Kreuzweg am Freitagabend ein Höhepunkt. «Von A bis Z genial! Alle waren sehr still, es herrschte einfach ein guter Geist. Man merkte, die Leute sind dabei, sind im Gebet. Es stimmte einfach!»

Was ihn persönlich im Zusammenhang mit dem WJT sehr berührte: Das OK hatte Wunsch, dass vor dem WJT 1000 Rosenkränze gebetet und 500 Stunden in der Anbetung verbracht werden. Sie wussten nicht, ob sich dafür genügend Menschen finden würden. «Unmittelbar vor Beginn des WJT erhielt ich ein WhatsApp mit dem Resultat: 1034 Rosenkränze und 490 Stunden Anbetung. Ein einzelnes Ehepaar hat für ein gutes Gelingen der Logistik 149 Rosenkränze gebetet!»

Der Weltjugendtag Chur, der unter dem Motto «Freut euch in der Hoffnung» (Röm 12,12) stand, war ein Fest des Glaubens, das auch in den Alltag der Jugendlichen und jungen Menschen ausstrahlen wird. Hier wurden Beziehungen geknüpft, hier durften sie erleben, dass die Kirche lebt und dass sie alle gemeinsam auf dem Weg des Glaubens unterwegs sind – auf Christus zu, der die Hoffnung der Welt ist.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin.


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

Captcha Code Kann das Bild nicht gelesen werden? Klicken Sie hier, um zu aktualisieren

Captcha ist erforderlich!

Code stimmt nicht überein!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Bemerkungen :

  • user
    Meier Pirmin 05.05.2024 um 18:58
    Bei früheren z.T. ähnlichen Zusammenkünften, Jungmannschaftstreffen, Katholikentage, Eucharistischen Kongressen usw. wurde kritisiert, sogar vom katholischen Dichter Reinhold Schneider: "Heute sucht die Kirche die Masse." Davon kann heute nicht mehr die Rede sein.

    Es gab einst quasi Wettbewerbe um die Führung in der Statistik der ausgeteilten Kommunionen, schon ab der Barockzeit, als der Nutzen der tridentinischen Reformen bewiesen werden musste. Die bei mir aufbewahrten ersten 100 Jahrgänge der Schweiz. Kirchenzeitung hausieren mit diesen Zahlen, um ein blühendes Pfarreileben öffentlich zu machen. Man darf indes durchaus beeindruckt sein.

    Dass die obige Zahl von Chur , hoffentlich nicht wie häufig vom Veranstalter aufgerundet, nicht mehr als "Masse" bezeichnet werden kann, aber für heutige Verhältnisse positiv, um nicht zu sagen mutig, scheint mir nicht unerfreulich. Siehe indes "wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind".