Am Weltjugendtag in Lugano wurde der Glaube gefeiert. (Bild: © Diocesi di Lugano / zVg)

Kirche Schweiz

Welt­ju­gend­tag in Lugano: ein Fes­ti­val der Lebens­freude und des Glaubens

Über 800 Jugend­li­che aus der gan­zen Schweiz haben vom 2. – 4. Mai 2025 in Lugano am natio­na­len Welt­ju­gend­tag teil­ge­nom­men. Es war aus Schwei­zer Sicht gleich­zei­tig die Haupt­probe für den inter­na­tio­na­len Welt­ju­gend­tag, der heuer aus Anlass des Hei­li­gen Jah­res im Som­mer in Rom statt­fin­den und ganz im Zei­chen der «Pil­ger der Hoff­nung» ste­hen wird.

Die für die Weltjugendtage charakteristische, ja einzigartige Atmosphäre beeindruckt auch Aussenstehende jedes Mal aufs Neue, so auch dieses Jahr. Spontane, unbeschwerte Begegnungen zwischen jungen Menschen unterschiedlicher Provenienz, gemeinsam gefeierte Gottesdienste, anspruchsvolle Workshops, Konzerte der Bands «New Horizons» und «Les Guetteurs» sowie berührende Lebenszeugnisse prägten den dreitägigen Anlass. Kurz: Ein Fest des Glaubens und des Lebens, das aus dem Kirchenkalender nicht mehr wegzudenken ist. Klar auch, dass die sprichwörtliche Gastfreundschaft der lateinischen Kultur die ideale Basis für das weit über die üblichen Small-Talks hinausgehende «Wir-Gefühl» der Teilnehmenden bildete. So hatten 73 Tessiner Familien in ihren Wohnungen insgesamt 170 Schlafplätze für kostenlose Übernachtungen zur Verfügung gestellt. Hinzu kamen Schlafplätze im Seminar San Carlo und einer Schule des Salesianerordens.

Workshop «Gewissensfreiheit»
Mit zum Gelingen dieses nationalen Weltjugendtages trug auch das vielfältige Angebot von 34 Workshops bei. Einer hatte die Gewissensfreiheit zum Inhalt. Nicht gerade ein «Sexy-Thema» für junge Menschen. Dennoch hatten sich 18 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer für diese «anspruchsvolle Kost» entschieden. Tatsächlich garantiert zwar unsere Bundesverfassung die Glaubens- und Gewissensfreiheit, in der Praxis gerät sie jedoch zunehmend unter Druck. Im Katechismus der Katholischen Kirche heisst es, dass der Mensch dem sicheren Urteil seines Gewissen, seines «Heiligtums», stets folgen muss, selbst wenn es irrt. Dabei ist der Mensch aber verpflichtet, sein Gewissen durch das Hören auf das Wort Gottes und die Lehre der Kirche zu bilden und gestützt darauf seine Entscheide zu fällen.

Anhand eines Beispiels aus dem Kanton Solothurn veranschaulichte Niklaus Herzog den Erosionsprozess dieses zentralen Menschenrechtes: Inskünftig sollen alle Alters- und Pflegeheime verpflichtet werden, den assistierten Suizid in ihren Räumlichkeiten zuzulassen, gleichgültig, ob sie vom Staat Subventionen erhalten oder nicht. Zudem bleibt das Recht des Pflegepersonals unberücksichtigt, sich unter Berufung auf die Gewissensfreiheit von der Mitwirkung an einem assistierten Suizid zu befreien ebenso wie die Wirkung dieser Suizidpraxis auf die anderen Heiminsassen. Pfarrer Dr. Roland Graf erläuterte an einem konkreten Beispiel des Sterbefastens die Problematik des auf die Spitze getriebenen Rechts auf Autonomie und Selbstbestimmung: Ein 86-jähriger, noch rüstiger Mann will nicht zum Pflegefall werden und der Allgemeinheit zur Last fallen. Er verlangt deshalb in seiner Patientenverfügung, dass vom Moment der absehbaren Urteilsfähigkeit an ihm weder zu essen noch zu trinken gegeben werden darf, selbst wenn er durch nicht verbale Gesten danach verlangen würde. Es stellt sich hier die Frage: Wie rechtsverbindlich ist eine solche Patientenverfügung noch, wenn sie im Ernstfall sozusagen gegen ihren eigenen Willen durchgesetzt werden soll. Und macht sich das Pflegepersonal für diesen Fall nicht der unterlassenen Hilfeleistung auf Verlangen schuldig?
 


Die Altersheim-Mitarbeiterin Margrit Schenker schilderte ein moralisches Dilemma von existenziellster Tragweite: Während des jugoslawischen Bürgerkrieges wurde eine in Bosnien wohnende Klosterfrau schwanger, nachdem sie von serbischen Milizen vergewaltigt worden war. Soll sie sich für die Abtreibung entscheiden? Das Kind zur Adoption freigeben? Aus dem Kloster austreten und das Kind behalten? Das Kind im Kloster aufziehen? In einem aufrüttelnden Statement hat die Klosterfrau ihren Entscheid, das Kloster zu verlassen, wie folgt begründet: «Ich werde das Unmögliche tun, um die Kette des Hasses, der unser Land zerstört, zu zerreissen… Dem Kind, das ich erwarte, werde ich nur beibringen zu lieben. Mein aus der Gewalt geborenes Kind wird Zeuge dafür sein, dass die einzige Grösse, welche die menschliche Person auszeichnet, in der Verzeihung liegt.»

Eine aus Nussbaumholz geschnitzte Monstranz
Für leichtere Kost, aber durchaus keinen «Soft-Drink» sorgte das Konzert der Band «New Horizons», einer 2017 gegründeten Rockband aus Turin. Als das eigentliche musikalische Highlight darf der vom Organisten der Kathedrale in Aosta, Jefferson Curtaz, zusammen mit Beatrice Pellegrino und Maria Guffi eigens für diesen Anlass komponierte Hymnus «Speramus in Deum vivum» gelten. Wie denn überhaupt die aktive Mitwirkung von Jugendgruppen generell beeindruckte, insbesondere bei den Gottesdiensten, so die Formulierung der Fürbitten sowie die aus Nussbaumholz aus dem Maggiatal geschnitzte Monstranz für die eucharistische Anbetung.

Die ebenso würdigen wie stimmungsvollen Messfeiern zelebrierten die Bischöfe Jean-Marie Lovey, Bischof von Sitten, und Alain de Raemy, Apostolischer Administrator des Bistums Lugano. Im Abschlussgottesdienst vom Sonntagvormittag rief Weihbischof de Raemy den Jugendlichen zu: «Seid Wiederholungstäter!» Und gab gleich zu verstehen, was er mit diesem erklärungsbedürftigen Aufruf meinte: «Handelt so wie die zwölf Apostel. Lasst Euch durch Widerstände und Einschüchterungen nicht beirren, die Botschaft von Jesus Christus als dem Sohn Gottes und seiner alles verzeihenden Liebe immer wieder zu bezeugen.» Trotz Krieg, Gewalt und Chaos auf der ganzen Welt forderte er die Jugendlichen auf: «Seid aber auch eine lobende, jubelnde Jugend! Keine Show, kein Eurovision Song Contest, kein DJ ist so beeindruckend, wie die Liturgie im Himmel, die wir auf Erden verspüren... Liturgie ist Feier der Liebe Gottes im Himmel wie auf Erden. Lobpreist also immer und immer wieder den Herrn!» Im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst wurde per Video eine Botschaft des Erzbischofs von Seoul übertragen, der zur Teilnahme am internationalen Weltjugendtag 2027 in seiner Heimat Korea einlud.


Kardinal Kurt Koch’s Meditation
Zuvor hatte sich bereits Kardinal Kurt Koch mit einer kurzen Meditation an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Weltjugendtages in Lugano gewandt. Wir geben sie hier in vollem Wortlaut wieder:

«Liebe Junge Schweizerinnen und Schweizer

‚Bleibe, oh Augenblick, du bist so schön!‘ Normalerweise spricht man diese Wörter aus, wenn man Oasen der Ewigkeit in Liebesbeziehungen erlebt, im Strudel unserer flüchtigen Zeit, die wir gerne anhalten möchten. Die Verliebten, indem sie sich in die Augen schauen, möchten diesen Augenblick festhalten und ihn zeitlos geniessen.

Auch wir Christen benötigen, inmitten der Zeit, diese Oasen der Ewigkeit im Glaubensleben. Ihr könnt die schönste Oase jetzt erleben, indem ihr euch zur eucharistischen Anbetung versammelt habt. Im Allerheiligsten vor euch, schenkt euch der Herr seine Gegenwart, er schaut euch an und er schenkt euch die Achtung und Würde, die nur Er geben kann. Und ihr könnt Ihn von Angesicht zu Angesicht treffen, und Ihm alles anvertrauen, was euch am Herzen liegt und wofür ihr Ihm danken möchtet.»

Lesen Sie hier die Predigt von Jugendbischof Alain de Raemy nach: Predigt von S.E.R. Mons. Alain de Raemy


Anmerkung der Redaktion 
Dieser Artikel wurde am 6. Mai 2025 nachträglich um die Predigt von Jugendbischof Alain de Raemy ergänzt.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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