Wankelmütige, in Bezug auf das Evangelium Christi alles andere als standfeste Christinnen und Christen, gibt es nicht nur in der Gegenwart. Solche Christen gab es schon zur Zeit des Apostels Paulus. Er schrieb zu Beginn seines Briefes an die Galater: «Ich bin erstaunt, dass ihr euch so schnell von dem abwendet, der euch durch die Gnade Christi berufen hat, und dass ihr euch einem anderen Evangelium zuwendet» (Gal 1,6). Seine engsten Mitarbeiter, die Bischöfe Timotheus und Titus, so entnehmen wir den pastoralen Briefen, waren persönlich von solchem Tadel nicht betroffen. Diese ermahnte er vielmehr, bestimmten Leuten zu verbieten, falsche Lehren zu verbreiten (1 Tim 1,3). Er motivierte Timotheus, gläubig und mit reinem Gewissen den guten Kampf zu kämpfen. In einem zweiten Brief rief er ihm ins Gedächtnis: «Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteilgeworden ist. Denn Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit» (2 Tim 1,6–7). Titus beauftragte er, Älteste (Presbyter, d. h. Priester) einzusetzen, um die Verkündigung des Evangeliums fortzusetzen (Tit 1,5).
Die Pflichtlektüre der Geweihten und der Ordensleute hat es in sich
In der Lesehore vom Sonntag der 33. Woche (13. November 2022) lasen alle, die zum Stundengebet verpflichtet sind, d. h. Bischöfe, Priester, Diakone und Ordensleute, folgende Passage aus den Katechesen des Cyrill von Jerusalem († 386), die ein Zitat des Apostels Paulus enthält: «Erwirb und bewahre in Lehre und Verkündigung nur den Glauben, wie ihn die Kirche jetzt weitergibt und wie er durch die ganze Heilige Schrift gesichert ist. […] Auch kein feindlicher Engel darf euch in einen Engel des Lichtes verkleidet, in die Irre führen: ‹Wenn wir selbst es wären oder ein Engel vom Himmel: Wer euch ein anderes Evangelium verkündigt, als ihr angenommen habt, der sei verflucht› (Gal 1,8.9).»
Behauptungen sind mit Blick auf das Neue Testament zu prüfen
Dieser Fluch des Apostels Paulus sollte zur Gewissenserforschung motivieren, und zwar gerade auch alle, die beim Synodalen Weg in Deutschland bzw. dem Synodalen Prozess in der Schweiz die Meinungsbildung dominieren. Unlängst erklärte Bernd Jochen Hilberath, bis 2013 Dogmatikprofessor in Tübingen, in einem Artikel auf kath.ch wörtlich: «Jesus von Nazareth hat keine Jünger zu Priestern berufen, so, wie sich dieser Dienst in der Geschichte der Kirche ausgebildet hat; das Neue Testament kennt kein Verbot der Ordination von Frauen, keine Verurteilung nicht-heterosexueller Lebensgemeinschaften. Es scheint mir nicht möglich, genau diese Positionen nicht als evangeliumswidrig einzustufen.» Der Apostel Paulus weihte Bischöfe und ermächtigte diese, Priester einzusetzen. An diesem Faktum kann niemand rütteln.
Wenn Hilberath behauptet, das Neue Testament kenne keine Verurteilung nicht-heterosexueller Lebensgemeinschaften, hat er mutmasslich noch nie das 1. Kapitel des Römerbriefes ganz gelesen. Da heisst es nämlich u. a.: «Darum lieferte Gott sie entehrenden Leidenschaften aus: Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen; ebenso gaben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in Begierde zueinander; Männer trieben mit Männern Unzucht und erhielten den ihnen gebührenden Lohn für ihre Verirrung» (Röm 1,26–28). Diese sexuellen Praktiken verurteilte der Apostel Paulus entschieden, daran besteht kein Zweifel. Die obige einschlägige Stelle wird von der LGBTQ-Lobby in der röm.-kath. Kirche gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Wie die Bischöfe Georg Bätzing und Peter Kohlgraf sowie Bischof Felix Gmür ihre öffentlich geäusserten Forderungen bezüglich der kirchlichen Anerkennung, ja sogar Segnung aller LGBTQ-Lebensgemeinschaften ohne schlechtes Gewissen vertreten können, bleibt schleierhaft. Unmittelbar vor ihrer Bischofsweihe hatten sie vor dem gläubigen Volk versprochen, dass sie bereit sind, das «Evangelium Christi treu und unermüdlich zu verkünden» sowie «das von den Aposteln überlieferte Glaubensgut, das immer und überall in der Kirche bewahrt wurde, rein und unverkürzt weiterzugeben». Selbstverständlich ist eine Gewissenserforschung bei allen angezeigt, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen, selbst wenn sie ihre Voten bereits zuhanden der Synode in Rom abgegeben haben. Niemand kann sich dem Wort des Apostels Paulus entziehen, selbst wenn er ein Nachfolger des heiligen Petrus sein sollte.
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