Buchstäblich so sicher wie das Amen in der Kirche: Kaum hatte der Vatikan bekannt gegeben, dass Papst Franziskus in den Morgenstunden des Ostermontags verstorben war, schossen schon die Spekulationen über seine möglichen Nachfolger ins Kraut. Ganz vorne mit von der Partie ist – wie könnte es anders sein – der Deutsche Raphael Rauch, nach einem kurzen Abstecher als angeblicher Wirtschaftsredaktor beim «Sonntagsblick» nunmehr bei der Bundesredaktion des «Blick» tätig. Sieben Papabili hat er ausgemacht. Die beiden Schweizer Kardinäle Kurt Koch und Emil Paul Tscherrig gehören nicht dazu. «Sie haben praktisch keine Chance», bilanziert Rauch. Kochs Wahlchancen versucht der obsessiv auf de sexto fixierte Ringier–Mann zu diskreditieren, indem er ihm eine mögliche Verwicklung in den von Historikerinnen der Universität Zürich untersuchten «Schweizer Missbrauchskomplex» anzuhängen versucht.
Da will die als «kath.ch»-Chefredaktions-Aspirantin gescheiterte Annalena Müller selbstredend nicht hinter ihrem Landsmann Rauch zurückstehen. In einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» legt die als «Schweizer Expertin» (sic) etikettierte Redaktionsleiterin des «Berner Pfarrblatts» noch ein zusätzliches Scheit ins Feuer, drückt der Weltkirche unverfroren die deutsche Agenda aufs Auge. Die Missbrauchsthematik sei «zentral» bei der nächsten Papstwahl, es drohe nichts weniger als ein «Super-GAU», wenn sich herausstellen würde, dass ein zum Papst gewählter Kandidat solche Fälle vertuscht haben sollte.
Fünf oder siebzehn Papabili?
Werfen wir einen Blick auf die von den Mainstream-Medien vorgesehenen Szenarien der kommenden Papstwahl, die frühestens am 6. Mai und spätestens am 11. Mai 2025 stattfinden muss. Wer auf Nummer sicher gehen und sich nicht blamieren will, zieht den Kreis der in Frage kommenden Kandidaten, der sogenannten Papabili, möglichst weit. Stellvertretend für diese Vollkasko-Strategie ist das linkslibertäre Internetportal «Watson». Dessen Autor Daniel Huber hat nicht weniger als 17 «Päpste in spe» ausgemacht, darunter so hochvalable – und gerade deshalb aussichtslose – Namen wie die Kardinäle Robert Sarah und Raymond Burke.
Bei der deutschen Presseagentur dpa schaffen es immerhin noch zehn Namen auf die Liste der Papabili, darunter auffallenderweise auch Kardinal Kurt Koch. Nur noch neun sind es beim «Tages-Anzeiger» – Kardinal Koch bleibt hier aussen vor. Mutiger ist «20 Minuten»; als Gratiszeitung kann sie sich eine solche Prognose leisten: Es sind dies noch deren fünf:
- Kardinal Pietro Parolin
- Kardinal Luis Antonio Tagle
- Kardinal Péter Erdő
- Kardinal Jean-Claude Hollerich
- Kardinal Pierbattista Pizzaballa
Ein Dictum, das vor einer Papstwahl nie fehlen darf: «Chi va Papa al conclave, esce Cardinale»: Wer als Papst ins Konklave einzieht, verlässt es als Kardinal. Es ist dies ein Dictum, das sich just bei der letzten Papstwahl wieder einmal bewahrheitete – dieses Mal zusätzlich mit einer Ingredienz sui generis versehen.
Angelo Scola, Kardinal und Erzbischof der Diözese Mailand, mit rund fünf Millionen Gläubigen eine der grössten weltweit, wurde von den italienischen Medien im Vorfeld der Papstwahl 2013 wochenlang zum Topfavoriten hochgeschrieben. Nicht zu Unrecht: Angelo Scola war Rektor der Päpstlichen Lateranuniversität und wurde von Papst Johannes Paul II. 2002 zum Patriarchen von Venedig ernannt. Zuvor hatte er in Fribourg seine theologischen und philosophischen Studien mit einem Doktorat in beiden Fächern abgeschlossen. Mit dem damaligen Professor für Kirchenrecht und späteren Bischof von Lugano, Eugenio Corecco, verband ihn eine tiefe Freundschaft. Ebenso mit dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger, den er im Rahmen seiner Mitarbeit bei der theologischen Zeitschrift «Communio» näher kennen gelernt hatte. Letzterer hätte ihn wohl gerne als Nachfolger in seinem Amt als Papst gesehen.
Doch schon Wilhelm Busch wusste: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Am 13. März 2013 wurde nicht Angelo Scola, sondern Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt. Die erstmalige Wahl eines Lateinamerikaners zum Oberhaupt der Katholischen Kirche war nicht die einzige Überraschung. Am gleichen Tag hatte Monsignore Mariano Crociata ein E-Mail verschickt, worin er im Namen der italienischen Bischofskonferenz seine Freude über die Wahl von Angelo Scola zum Nachfolger von Papst Benedikt XVI. zum Ausdruck brachte. Das Magazin «Focus» sprach von einem «faux pas», von einem «kleinen Krimi» die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Ein Schuft, der argwöhnt, dass im Lande von Machiavelli andere Beweggründe als ein «faux pas» hinter dieser Falschmeldung gestanden haben könnten.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Realistische Kandidaten, die nicht so schlimm wären: Tagle, Pizzaballa, Parolin (ausser bei lat. Messe)
Am Ende natürlich vertraue ich natürlich dem Heiligen Geist und akzeptiere den neuen Papst, egal ob er theologisch ähnliche Positionen vertritt wie ich.
Wer gibt wieviel Punkte:
- einem Papst Gregor
- Antonius
- Franziskus II.
- Franziskus I. (sic)
- Pius XIII.
- Eugen
- Benedikt
- Leo
- Linus II. (Man beachte die Demut des I.)
- ?
Wie würdet ihr euch nennen? : )
- Kevin
- Donald (erinnert an beide, Tusk und Trump)
- Wladimir (soll besonders ökumeneln)
- Josef-Maria (Ähnlichkeiten mit lebenden Personen höchstens in Kauf genommen)
- Hubertus (Schleichwerbung unabsichtlich)
- Camillo (filmreif)
- Nelson
- Mahatma
- Joseph-Vissiarionovich Nikita Leonid Julji Konstatin Michail
- Pim
- Kong
https://collegeofcardinalsreport.com/cardinals/?_papabili=1
Ich denke der Blick auf die Medien und Vaticanisti zeigt bloss, dass das kommende Konklave im Grunde kaum vorhersehbar ist; noch weniger als es bei einem Konklave sowieso der Fall ist. Zu gross ist die Anzahl neuer, weitgehend unbekannter Kardinäle aus bisher nicht vertretenen Regionen und Kulturen, die sich auch untereinander nicht kennen. Es ist kaum zu sagen, welche Dynamiken sich da ergeben werden, wenn erst einmal alle da sind.
Was m.E. ein wichtiges Fragezeigen darstellt, ist das Auftreten der afrikanischen Kardinäle. Sie haben Papstanwärter in ihren Reihen (Ambongo, Turkson..). Sie vertreten einen lebendigen, wachsenden Teil der Weltkirche, der an Bedeutung noch gewinnen wird. Wer weiss, ob sie Lust auf einen weiteren Europäer haben.
Apropos Papstwahl
«Da streiten sich die Leut’ herum», wie bzw. wer der künftige Papst sein müsste. Zu bezweifeln allerdings wage ich, ob all diese Leute sich gefragt haben, ob ihnen der Herr nicht das Gleiche sagen müsste wie damals dem Petrus: «Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.» (Mt 16,23)