Zweijährige Vorbereitung
Die Vorbereitung auf die Initiationssakramente (Taufe, Erstkommunion, Firmung) erfolgt in Frankreich ab dem 12. Lebensjahr nach dem Ritus für Erwachsene. Das Katechumenat dauert etwas zwei Jahre; die Vorbereitung richtet sich nach den Bedürfnissen der Taufbewerber. Im Vor-Katechumenat entdecken die Taufbewerber den christlichen Glauben. Diese Phase dauert so lange, bis sich der Taufbewerber für die Taufe entscheidet. Das eigentliche Katechumenat beginnt mit einer Feier, bei welcher der Taufbewerber mit dem Kreuzzeichen (Stirn, Ohren, Augen, Mund, Herz und Schultern) bezeichnet wird und das Evangelium überreicht erhält. Es folgen Katechese und verschiedene spezielle Feiern. Zu Beginn der Fastenzeit findet die «Feier der Erwählung» statt, bei der manche einen neuen (christlichen) Namen erhalten. Ihre Namen werden in ein Register eingetragen und sie dem Gebet der Kirche anvertraut. Es folgen die Stärkungsriten (Skrutinien), bis die Taufbewerber in der Osternacht Taufe, Erstkommunion und Firmung empfangen. Feierten 2023 in Frankreich erst 28 Diözesen eine «Feier der Erwählung», so sind es dieses Jahr fast 60 Diözesen.
Eine der vielen Katechumenen ist Anaë Delion (20). Sie stammt aus einer atheistischen Familie. «Meinen allerersten Kontakt mit dem christlichen Glauben hatte ich im Januar 2022», erzählt Anaë. «Zu dieser Zeit kam ich nicht mehr aus dem Bett, nichts motivierte mich mehr, ich verbrachte meine Tage mit Grübeln. Dann hörte ich von der Fastenzeit. Ohne zu verstehen warum, spürte ich genau in diesem Moment eine Kraft in meinem Herzen, die mich dazu drängte, herauszufinden, was das ist. Später wurde mir klar, dass mein Herz eigentlich danach strebte, Gott kennenzulernen. Zwei Monate später, am 2. März 2022, begann für mich meine allererste Fastenzeit. Seit jenem Tag habe ich den Herrn nie mehr losgelassen.»
Ghassan(59) stammt aus dem Libanon. Seine Eltern – sunnitische Muslime – schickten ihn auf eine Jesuitenschule. «Ich wuchs in dieser Nähe zu den Christen und mit Respekt vor den anderen Konfessionen auf. Was ich damals empfangen habe, hat mein Leben geleitet und diese Liebe, die Gott für uns will, keimen lassen. Als meine zukünftige Frau mir vorschlug, unsere Tochter zu taufen, sagte ich: Ja, natürlich! Mir wurde klar, dass auch ich den Weg, der mir in dieser Welt und danach noch bevorsteht, mit dem Herrn gehen möchte. Er bietet sich uns an, er ist die Wahrheit … Ich kann es kaum erwarten, die Taufe zu empfangen, von meinen Sünden reingewaschen zu werden und die Kraft zu erhalten, die es mir ermöglicht, zu beten und Zeugnis abzulegen.»
Von Neugetauften zu Jüngern
Die französischen Bischöfe freuen sich über die hohe Zahl an Taufbewerbern, doch sie bleiben nicht stehen. «Die grosse Herausforderung für uns besteht darin, aus den Neugetauften Jünger zu machen», erklärt Olivier de Germay, Erzbischof von Lyon und innerhalb der Französischen Bischofskonferenz Verantwortlicher für das Katechumenat. Dies ist nicht Sache einiger wenigen, sondern Aufgabe der ganzen Pfarrei. Die Neugetauften bringen durch ihren Blickwinkel einen neuen und frischen Wind in die Gemeinschaften und Pfarreien, in denen sie sich engagieren. So können die anderen Gläubigen «die ungeahnten Räume des Glaubens entdecken, durch das Zeugnis der Neuankömmlinge herausgefordert und erneuert werden, während die Neuankömmlinge nach und nach in die verschiedenen Dimensionen des christlichen Lebens eingeführt werden. Auf diese Weise werden alle bereichert.»
Neben diesen vielen Katechumenen verzeichnen die Diözesen seit 2022 einen erheblichen Anstieg von Erwachsenen, welche die Firmung wünschen. Dabei handelt es sich um Personen, die als Kind getauft wurden und sich jetzt im Erwachsenenalter wieder der Kirche zuwenden. An Pfingsten 2024 empfingen mehr als 9000 Erwachsene das Sakrament der Firmung, doppelt so viele wie zwei Jahre zuvor.
Ernüchterndes Bild in der Schweiz
Angesicht dieser Zahlen stellt sich die Frage nach der Anzahl Katechumenen in der Schweiz. Doch entsprechende Zahlen finden sich nirgends. Auch die Suche auf den einzelnen Webseiten der Bistümer bringen keine Ergebnisse.
Das «Schweizerische Pastoralsoziologische Institut SPI» veröffentlicht in seiner Kirchenstatistik eine Fülle von Zahlen und Graphiken – doch ausgerechnet zur Zahl der Erwachsenentaufen finden sich darin keine Angaben.
Die Grafik «Katholische Taufen in den Schweizer Bistümern 2024 nach Taufalter» gibt an, dass zwei Drittel der Kinder vor dem Ende des ersten Lebensjahrs getauft werden, rund 25 Prozent zwischen einem und sechs Jahren und rund sieben Prozent zwischen sieben und siebzehn Jahren. Immerhin lässt sich daraus der Schluss ziehen, dass es sich gerade einmal bei rund zwei Prozent aller Taufen um Erwachsenentaufen handelt. 2024 gab es 13 548 Taufen und somit etwa 271 Erwachsenentaufen. In Frankreich sind ca. 33,5 Millionen katholisch[1], in der Schweiz sind es rund 2,278 Millionen (SPI 2023). Nimmt man dieses Verhältnisses als Grundlage, müsste die Schweiz rund 700 Erwachsenentaufen haben.
Da keine Detailzahlen zu den Erwachsenentaufen vorliegen, können keine Aussagen über deren Entwicklung gemacht werden. Doch die Zahl aller Taufen sind in der Schweiz in den letzten zehn Jahren um 35 Prozent gesunken (20 904 im Jahr 2014, 13 548 im Jahr 2024). Angesichts der Tatsache, dass unsere Bischöfe und Seelsorger lieber über Strukturreformen, Umweltschutz und Konzernverantwortungsinitiativen reden als über Neuevangelisierung, überraschen diese Zahlen nicht.
Quellen
https://eglise.catholique.fr/approfondir-sa-foi/la-celebration-de-la-foi/les-sacrements/le-bapteme/baptemes-adultes/
https://kirchenstatistik.spi-sg.ch/taufen/
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