Symbolbild. (Bild: Fotolia_22941634)

Hintergrundbericht

Zahl der Organ­spen­den in der Schweiz war 2024 rückläufig

Swiss­trans­plant hat die Organ­spen­de­zah­len des vier­ten Quar­tals 2024 ver­öf­fent­licht. Gegen­über dem Rekord­jahr 2023 hat die Gesamt­zahl der Organ­spen­den am Lebens­ende um 6,5 Pro­zent abge­nom­men. Bei den Organ­spen­den nach dem Hirn­tod wurde mit 89 (2023: 104) der tiefste Stand seit 2012 erreicht. Dazu hat das 4. Quar­tal mit einem Rück­gang um 40 Pro­zent wesent­lich beigetragen.

Erstmals gab es in der Schweiz mehr Organspender nach anhaltendem Herz-Kreislaufstillstand (51,9 Prozent DCD) als nach klassischem Hirntod (z. B. nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma: 48,1 Prozent DBD).

Auffällig ist die Statistik des vierten Quartals von 2024, die Swisstransplant am 15. Januar 2025 kommentarlos auf ihrer Webseite veröffentlicht hat. Während in den vorhergehenden vier Quartalen die Zahl der Spender nach Hirntod im Durchschnitt 25 betrug, sank sie im vierten um 40 Prozent auf 15. Ist das Zufall oder steckt da mehr dahinter?

Um den 20. Oktober 2024 herum – somit im vierten Quartal – wurde in unseren Medien (z. B. Blick, 20 Minuten) der Fall von Anthony Thomas Hoover aus den USA publik. Zuerst hatte der US-Sender NPR am 17. Oktober darüber ausführlich berichtet. Bekannt wurde der Fall, der sich im Jahr 2021 ereignete, aufgrund eines Gerichtsverfahrens.
Hoover war wegen einer Überdosis Drogen ins «Baptist Health Richmond Krankenhaus» in Kentucky eingeliefert worden. Nachdem die Ärzte sein Leben zu retten versucht hatten, wurde er für hirntot erklärt und zur Organentnahme in den Operationssaal gebracht. Wie der Sender NPR berichtet, wachte Anthony Hoover auf, als die Ärzte gerade eine Untersuchung mit einem Herzkatheter durchführten, um festzustellen, ob das Herz gesund genug ist, um es entnehmen und transplantieren zu können. Anthony Hoover zappelte auf dem OP-Tisch herum. Das bewahrte ihn gerade noch davor, dass ihm seine Organe im lebenden Zustand entnommen wurden. Der Chirurg, der die Entnahme hätte durchführen sollen, sagte: «Ich bin raus aus der Sache. Ich will damit nichts zu tun haben.»
Es muss im OP chaotisch gewesen sein. Die Organspendekoordinatorin der Organisation KODA (Kentucky Organ Donor Affiliates) rief ihren Vorgesetzten an. Offenbar wurde die Koordinatorin angeschrien, sie müsse einen anderen Chirurgen finden.
In einer Stellungnahme erklärte allerdings KODA gegenüber dem Sender, niemand sei jemals unter Druck gesetzt worden, Organe von lebenden Patienten zu entnehmen. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt in diesem Fall.
 


Es ist durchaus plausibel, dass die Berichte über diesen erschreckenden Vorfall dazu geführt haben, dass in der Schweiz im vierten Quartal die Zahl der Organentnahmen nach klassischem Hirntod um 40 Prozent abgenommen haben.

Insgesamt wurden im Jahr 2024 sechs Herzen nach Herz-Kreislaufstillstand entnommen. Im Jahr 2023 – als in der Schweiz diese ethisch höchst bedenkliche Entnahmeart eingeführt wurde – wurden zwei Herzen transplantiert. «swiss-cath.ch» hat über diese Angelegenheit ausführlich berichtet.

Derzeit gilt in der Schweiz bei der Organspende am Lebensende die erweiterte Zustimmungslösung. Die Inkraftsetzung des revidierten Transplantationsgesetzes mit dem Wechsel zur Widerspruchsregelung, wonach man zu Lebzeiten seinen Widerspruch zur Organspende hinterlegen muss, um nicht automatisch als Organspender zu gelten, soll 2026 erfolgen.


Roland Graf
swiss-cath.ch

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Dr. Roland Graf ist Pfarrer in Unteriberg und Studen (SZ). Er hat an der Universität Augsburg in Moraltheologie promoviert und war vor seinem Theologiestudium als Chemiker HTL tätig.


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