Am 21. Januar 1525 spendeten sich Konrad Grebel, Felix Manz und Georg Blaurock (Jörg Cajakob) in Zürich gegenseitig die Taufe. Dieser Tag gilt als die Geburtsstunde der Täuferbewegung. Für die damaligen Zeitgenossen eine Ungeheuerlichkeit, ein Affront sondergleichen. Nicht zuletzt für Zwingli, zu dessen engsten Mitarbeitern die Genannten in der Frühzeit der Reformation gehört hatten. Ihr Verständnis eines erneuerten Christentums lässt sich in folgenden Stichworten zusammenfassen:
- Freiwilligkeit des Glaubens und der Kirchenmitgliedschaft
- Ablehnung der Kindertaufe
- Aufbau eigener, staatsunabhängiger Kirchgemeinden
- Verweigerung von Eid und Kriegsdienst
Für Zwingli kamen diese in der Tat revolutionären Postulate einer eigentlichen Kriegserklärung gleich, stellten es doch sein Glaubens- und Kirchenverständnis geradezu auf den Kopf. Er verstaatlichte die Kirche, sprach ihr jegliches Recht auf Eigenständigkeit ab. Staats- und Kirchenvolk waren für ihn ein und dasselbe, wobei die weltliche Obrigkeit Garant eines nach christlichen Prinzipien organisierten Volkes sein soll. Der Kirche kam lediglich noch die Aufgabe zu, der als Vollzugsorgan des Evangeliums verstandenen Obrigkeit gehorsame Untertanen zu gewährleisten. Allfälliges fehlbares Verhalten hatten die Pfarrer auf Geheiss der Obrigkeit von der Kanzel herab zu rügen, woher das heute noch gebräuchliche Wort «abkanzeln» stammt. Dieses Kirchen-und Staatsverständnis war über Jahrhunderte prägend. So war noch bis zum Beginn der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts die reformierte Kirche im Kanton Zürich Teil der kantonalen Staatsverwaltung ohne Anspruch auf eine eigene Rechtspersönlichkeit. Demgegenüber hätte das Selbstverständnis der Täufer insbesondere mit der Ablehnung der Kindertaufe, welche mit der Begründung der bürgerlichen Existenz einherging, der Reformation im Sinne Zwinglis den Boden unter den Füssen weggezogen. Zwingli, der mit dem Schwert in der Hand in den Krieg zog, ist das pure Gegenteil der Täufer mit ihrer auf Friedfertigkeit und Gewaltverzicht beruhenden Spiritualität.
Bitte keine Geschichtsklitterung
Es ist deshalb ausgesprochen unredlich, wenn Exponenten der reformierten Landeskirchen behaupten, «in den Hauptstücken des Glaubens gäbe es kaum Differenzen zum Täufertum». Vielmehr handelt es sich dabei um eine Schutzbehauptung, um die Jahrhunderte andauernde Verfolgung der Täufer vorab in den Kantonen Zürich und Bern zu relativieren bzw. davon abzulenken.
Wie sehr anti-täuferische Ressentiments in Kreisen der protestantischen Landeskirchen immer noch nachwirken, illustriert der anlässlich der 500-jährigen Wiederkehr der Reformation am 17. Januar 2019 in die Kinos gelangte Film «Zwingli – Der Reformator». Dessen Regisseur Stefan Haupt zeichnet in diesem der Hagiographie Zwinglis verpflichteten Film von den Täufern das Bild von vertrottelten Sonderlingen. Täufer Felix Manz, so vermittelt es die Bildmontage, läuft nicht das Taufwasser über das Gesicht, sondern trieft ihm aus den Mundwinkeln.
Zwinglis Verfolgungswahn forderte nur wenige Monate nach der Geburtsstunde der Täuferbewegung im Jahre 1525 die ersten Opfer. Noch im selben Jahr wurden am oberen Zürichsee zwei Täufer verbrannt. Der spektakulärste Fall war der Täufer und ursprüngliche Gesinnungsgenosse Zwinglis Felix Manz, der am 5. Januar 1527 in Anwesenheit zahlreicher Schaulustiger gefesselt und in der Limmat ertränkt wurde. Erst 1614 erfolgte mit der Hinrichtung des Hans Landis die letzte Täufer-Exekution auf dem Hoheitsgebiet der Stadt Zürich. In der Folge wurden die noch verbliebenen Täufer mit Landesverweisungen bestraft – Vermögenskonfiskation inklusive.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Wenn heute Vertreter der katholischen Kirche den Eindruck erwecken, man könne dies alles unter dem Banner von „Nächstenliebe und Frieden“ relativieren, dann wird nicht nur die Wahrheit verwässert, sondern auch der Auftrag der Kirche verraten, „alle Völker zu Jüngern zu machen“ (Mt 28,19) und „die Wahrheit in Liebe“ zu verkünden (Eph 4,15).
Die Täufer haben gelitten, das ist wahr. Doch sie litten nicht als Märtyrer für Christus, sondern als Irrlehrer, die von der göttlich eingesetzten Ordnung abwichen. Es ist daher befremdlich, wenn heute ihre Irrtümer unter dem Titel eines „ökumenischen Miteinanders“ gleichsam rehabilitiert werden. Echter Friede kann nur in der Wahrheit bestehen – nicht in der Vernebelung jahrhundertealter Glaubensspaltung.