Christoph Casetti stammte aus Zürich und die Stadt an der Limmat war auch der Ort seines ersten Einsatzes als Vikar nach seiner Priesterweihe 1974. Schon dort zeigte sich sein Talent, mit Menschen in Kontakt zu kommen und ihnen in einer allgemein verständlichen Sprache das Evangelium zu verkünden. Sein Engagement für die Weitergabe des Glaubens an die Jugendlichen und die Familien motivierten ihn später zur Herausgabe seines Familienkatechismus, der heute in der vierten Auflage erhältlich ist und inzwischen in die tschechische, slowenische, kroatische und die Hindu-Sprache übersetzt wurde. Seine Berufung 2002 in den Internationalen Rat für Katechese der «Kongregation für den Klerus» überraschte nicht.
Er übte in seinem Leben viele verschiedene Tätigkeiten innerhalb des Bistums Chur aus: 1982 ernannte ihn Bischof Johannes Vonderach zum Bischofsvikar, Bischof Wolfgang Haas bestellte ihn 1990 zum Generalvikar für den Kanton Zürich – schwierige Jahre für Christoph Casetti. Er war als Diözesanrichter im Bistum Chur und später im Erzbistum Vaduz tätig. Daneben übte er über 20 Jahre die Funktion des Bistumssprechers aus und war viele Jahre im Befreiungsdienst als offizieller Exorzist des Bistums Chur engagiert. Ab 2009 wirkte er als Bischofsvikar mit dem Ressort Pastoral (Ehe und Familie, Jugend, Weitergabe des Glaubens, Medien).
Schon früh engagierte sich Christoph Casetti in der Ehe- und Familienpastoral. Diese verstand er auf umfassende Weise und leistete konsequenterweise auch Pionierarbeit in der Geschiedenenseelsorge und betreute Gruppen in der Schweiz und im benachbarten Ausland.
Bis zu seinem Tod war er auch für die Gottgeweihten Jungfrauen des Bistums Chur zuständig. Er tat dies mit viel Feingefühl und Verständnis für die jeweilige konkrete Lebenssituation der Frauen. An den Treffen blitzte auch immer wieder sein Humor auf, der so typisch für ihn war.
Als geistlicher und fachlicher Berater stand er diversen Organisationen bei, so z. B. der «Vereinigung Katholischer Ärzte der Schweiz», der «Internationale Ärztevereinigung für Natürliche Familienplanung» und der «Interessengemeinschaft für Natürliche Familienplanung». Bei letzterer war Christoph Casetti Gründungsmitglied und Präsident. Die natürliche Familienplanung, die nachweislich Ehepaare durch Selbstkontrolle aus Liebe (Mutter Teresa) in ihrer Beziehung stärkt, war ihm ein Herzensanliegen.
Ein Leben für das Leben
Die Würde des Menschen vom Anfang seiner Existenz bis zum natürlichen Tod zu schützen, ist bekanntlich das Anliegen von «Human Life International» (HIL). Es war im Jahr 1996, als Pater Dr. Paul Marx, der Gründer von HLI, das Priesterseminar St. Luzi in Chur besuchte. Am kurzfristig angesetzten Vortragsabend war natürlich auch Domherr Christoph Casetti anwesend.
Fortan unterstützte und begleitete Christoph Casetti HLI-Schweiz, so schrieb er z. B. Artikel für den HLI-Report oder wirkte als Hauptzelebrant an «Gebetsvormittagen für die ungeborenen Kinder» in der Liebfrauenkirche in Zürich mit, an die sich eine Gebetsprozession zur Universitätsfrauenklinik anschloss.
Domherr Casetti nutzte auch die Kolumne «Klartext» im «Bündner Tagblatt», um nach der einschneidenden Abstimmung vom 2. Juni 2002 über die Fristenregelung wichtige Lebensschutzthemen zu thematisieren. Er behandelte alles, was aktuell war – von der Embryonenforschung über die Präimplantationsdiagnostik bis zum assistierten Suizid. In seiner letzten Kolumne befasste er sich mit der Organspende nach Herz-Stillstand und plädierte für ein Moratorium.
Christoph Casetti war der Lebensschutz ein Herzensanliegen. Dies war auch in der gleichsam sein Testament verkörpernden Ansprache am «Marsch fürs Läbe» 2014 in Zürich zu spüren.
«Wir sind hier versammelt – Menschen, Gemeinschaften und Organisationen mit unterschiedlichen Geschichten und Auffassungen – weil uns allen der Schutz des menschlichen Lebens in all seinen Phasen und unter allen Umständen heilig ist. Denn Gott allein ist der Schöpfer und Herr des Lebens. Da er das Leben schenkt, dürfen wir nicht darüber verfügen. […] Die Abwendung vom abendländischen Menschenbild hat durch die Liberalisierung und Legalisierung der Abtreibung eine unerhörte Beschleunigung erfahren. Tausendjährige Werte in Bezug auf Ehe und Familie sowie die Würde auch des schwachen und kranken Menschen werden mehr und mehr verworfen. Und es lässt sich zeigen, dass es immer wieder auch Christen und christliche Parteien waren, welche zu diesen Gesetzesänderungen Hand geboten oder geschwiegen haben. Wir Christen haben in den vergangenen Jahrzehnten wohl zu wenig für den Lebensschutz getan und gebetet. Wir haben zu wenig getan, um Müttern in Not zur hoffnungsvollen Annahme ihres Kindes zu ermutigen. Wir haben uns immer wieder mehr vom Zeitgeist als vom Geist Gottes leiten lassen. Doch im Zeitgeist wirkt der Fürst dieser Welt, der uns vorgaukelt, wir könnten sein wie Gott und uns dadurch ins Elend führt. Wir bedürfen der Umkehr aus dem Glauben.
Aber wir dürfen auch danken […], dass wir Christen, die wir diesen Marsch für das Leben mittragen, aus unserem Glauben heraus einig sind, dass jedes menschliche Leben von Gott bejaht ist, dass jeder Mensch von Gott her seine Würde hat, dass Gott für jeden Menschen einen Lebensplan hat. Wir dürfen danken dafür, dass auf dem Hintergrund der Erfahrungen mit den traurigen Folgen der Kulturrevolution der vergangenen Jahrzehnte viele Christen die Schönheit des Planes Gottes für Ehe und Familie ganz neu entdecken dürfen.
Wenn wir uns vielleicht noch nicht alle einig sind, auf welche Art und Weise wir gesellschaftlich und politisch dem Lebensschutz am wirkungsvollsten dienen, so sind wir uns doch im Ziel einig. […]
Vor allem müssen und dürfen wir beten. Die Revolution der letzten Jahrzehnte führt zu einer Unkultur des Todes. Sie begann mit der Legalisierung der Abtreibung. Sie führt über die systematische Schwächung von Ehe und Familie zur Legalisierung der Euthanasie bis hin zur legalen Tötung von kranken Kindern. Wir finden die Unkultur des Todes nicht nur in unseren Parlamenten und Regierungen, wir finden sie auch in Resolutionen von internationalen Organisationen und gerichtlichen Entscheidungen. Um die Unkultur des Todes zu überwinden, sind unsere menschlichen Kräfte zu schwach. Wir brauchen die Hilfe Gottes. Er möge unseren Glauben vermehren. Er möge unsere Hoffnung stärken. Er möge unsere Liebe entzünden. Er möge uns die richtigen Wege zeigen, das menschliche Leben in all seinen Phasen wirksam zu schützen.»
Mit Dompropst Christoph Casetti verlor die Kirche Schweiz eine kräftige und prominente Stimme für den Lebensschutz und die Wahrheit des Glaubens. Gleichzeitig zeigte sich in den vergangenen Jahren, dass er in seinem Wirken viele Samen gestreut hat, die nun zu wachsen beginnen.
Christoph Casetti engagierte sich darüber hinaus für zahlreiche Sozialprojekte im Heiligen Land. 1995 wurde er von Kardinal-Grossmeister Carlo Furno zum Ritter des Päpstlichen Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ernannt.
Anlässlich des 75. Geburtstags von Domprobst Christoph Casetti erschien die Festschrift «Ein Leben für das Leben», eine äusserst wertvolle Sammlung von Beiträgen von Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland, die dem Jubilar in Gesinnung und Anliegen sehr nahestanden. Ein empfehlenswertes Buch.
Helmut Prader – Elisabeth Stengele (Hrsg.), Ein Leben für das Leben. Festschrift für Dompropst Christoph Casetti, Dominus-Verlag Augsburg 2018. 420 Seiten. ISBN 978-3-940879-57-8 Link
Dieser Beitrag stützt sich auf den Nachruf von Pfr. Roland Graf im HLI-Report 107 (11–13).
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :