Die NZZ-Zentrale in Zürich. (Bild: Matthias Süßen, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Mit spitzer Feder

Auch die NZZ ist nicht mehr, was sie ein­mal war

Die inzwi­schen legen­där gewor­dene NZZ-​Rubrik «Kor­ri­gen­dum» ist soeben um einen wei­te­ren Ein­trag berei­chert wor­den: «Der ver­ur­teilte Schwy­zer Kan­tons­rat Bern­hard Diet­helm will von sei­nem Amt als Kir­chen­prä­si­dent nicht zurück­tre­ten», ver­mel­det die NZZ in ihrer Online-​Ausgabe vom 14. Juli 2023.

Tatsächlich schaffte es der wegen Sexualdelikten in erster Instanz bedingt verurteilte Bernhard Diethelm lediglich zum Schreiber der örtlichen Kirchgemeinde Wägital, kurz Kirchenschreiber genannt (das Amt des «Kirchenpräsidenten» gibt es ohnehin nicht).

«Akribisch» habe das Medienportal «kath.ch» über «jede Wendung der Causa Diethelm berichtet», resümiert die NZZ in ihrem gewohnt distanziert-unterkühlten Duktus: eine offenkundige Untertreibung! «Obsessiv» wäre die treffende Vokabel für den notorisch auf «de sexto» fixierten Unterhosenjournalismus von «kath.ch».

Den vorläufigen Höhepunkt setzte Wolfgang Holz mit seinem epischen Artikel «Spaziergang durch ein Dorf, das nicht über seinen Kirchenschreiber sprechen will». Kunststück: Wer will schon mit einem Journalisten, und dazu noch aus dem grossen Kanton, einem «fremden Fötzel» im Vollsinn des Wortes also, in unappetitlichen Innereien herumwühlen, welche die Boulevardpresse – dazugehört gemäss dem ehemaligen Chefredaktor Alois Hartmann unstrittigerweise auch «kath.ch» – schon zuvor in extenso breitgeschlagen hatte?

«Fischer schlitzen mit ihren Messern ihren stolzen Fang auf und säubern die Filets von Forellen, Saiblingen und Egli unter dem laufenden Wasser im Waschbecken.» Die eigene Ausbeute des Voyeur-Journalisten Wolfgang Holz fällt dagegen trotz zeitaufwendiger Recherche vergleichsweise mager aus: «Nein, das Thema Diethelm ist kein Dorfgespräch», wehrt eine junge Mutter mit verspiegelter Sonnenbrille die aufdringliche Fragerei ab. «Dass er immer noch Kirchenschreiber ist, interessiert mich nicht – ich fühle mich mit der Kirche nicht so verbunden», muss der Voyeur-Journalist von «kath.ch» bei der nächsten Station verdutzt zur Kenntnis nehmen.

Als die Schweizer Bischöfe nach wiederholten Entgleisungen des in ihrem Auftrag tätigen Portals «kath.ch» am 12. Juni des laufenden Jahres bekannt gaben, ihren Leistungsauftrag einer kritischen Analyse bis hin zur Konsequenz einer allfälligen Kündigung zu überprüfen, reagierte Redaktionsleiter Charles Martig mit den Worten: «Wenn unser Journalismus zu einem Stellenabbau führen sollte, wäre das eine Bankrotterklärung für die katholische Kirche.» Ganz schön hochgestapelt, Herr Martig! Solange er und seine Crew es sich leisten können, mit ihren Ressourcen so zeitaufwendig und verschwenderisch umzugehen wie im Falle des Tagesausflugs von Wolfgang Holz in die Innerschweiz (Motto: «Ausser Spesen nichts gewesen»), besteht nicht der geringste Anlass für ein solches Lamento.

Positiv immerhin: Die NZZ hat es geschafft, unser Medienportal «swiss-cath.ch» korrekt beim Namen zu nennen. So weit sind kirchenoffizielle Medienstellen noch nicht.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

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    Michael Dahinden, Riemenstalden 17.07.2023 um 10:28
    Unterhosenjournalismus.

    Ja, das beschreibt kath.ch. Mehr darüber zu sagen ist weder nötig noch gewinnbringend.
  • user
    Hansjörg 15.07.2023 um 22:00
    Weshalb verteidigt Herr Herzog von swiss-cath B. Diethelm eigentlich so vehement, statt einfach die Gerichte mal ihre Arbeit zu Ende bringen zu lassen?
    Eventuell weil Herr Diethelm SVP Mitglied ist, wie der Geschäftsführer von swiss-cath. Kann es sein, dass swiss-cath und Herr Diethelm die gleichen, rückständigen Ansichten betreffs Leben und Glauben vertreten, sowie beide gegen die Ehe für alle sind?
  • user
    Marquard Imfeld 15.07.2023 um 19:57
    Ich war während vielen Jahren Abonnent der NZZ, habe sie aber diesen Frühling abbestellt. Die NZZ war einmal eine objektiv berichtende Zeitung mit ergänzenden sachlichen Kommentaren. Heute gleicht die NZZ bei ihren politischen Artikeln eher einer Boulevardzeitung mit einseitigen Fakenews. Der Leser wird irregeführt und wird leider nicht mehr vollständig und möglichst objektiv informiert. Schade um diese einstmals gute Zeitung.