Synodaler Weg ins Nirgendwo. (Bild: Everett Bartels/Unsplash)

Hintergrundbericht

Auf Black Fri­day folgt Black Saturday

Unbe­irrt auf dem Irr­weg: So ging’s am Sams­tag in Frank­furt weiter.

Am Samstagvormittag verabschiedete die Vollversammlung des Synodalen Wegs ein Papier, wonach es unter anderem möglich sein soll, bei der Taufe von Kindern mit unklarer Geschlechtsidentität den entsprechenden Eintrag im Taufregister wegzulassen oder an dieser Stelle den Begriff «divers» zu verwenden. Auch sollten transgeschlechtliche Katholiken unkompliziert die Möglichkeit erhalten, ihren Personenstand sowie ihre Vornamen im Taufregister ändern zu lassen.

Im Text wird auch der Zugang zum Priesteramt für sogenannte Transpersonen angesprochen: «Der Zugang zu den kirchlichen Weiheämtern und pastoralen Berufen darf auch für inter- und transgeschlechtliche Getaufte und Gefirmte nicht pauschal ausgeschlossen sein, sondern ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Mit anderen Worten: Eine Frau, die sich als Mann bezeichnet, soll Priester werden können.

Das Papier versteht sich als «Startpunkt für weitere Überlegungen». Die Zustimmung lag bei rund 95 Prozent; bei den Bischöfen stimmten 84 Prozent dem Text zu. Es folgte lang anhaltender, stehender Applaus, im Plenum wurden Regenbogenfahnen geschwenkt.

Der Papst wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, «dass transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Menschen in unserer Kirche unbeschadet, ohne Anfeindungen und ohne Diskriminierung ihr Leben und ihren Glauben in ihrem So-Sein als Geschöpfe Gottes leben können». Das in Frankfurt verabschiedete Papier trägt die Überschrift «Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt».

Härteres Vorgehen gegen Missbrauch – aber nur bei Priestern
Einstimmig beschloss die Vollversammlung strengere Vorgehensweisen im Umgang mit Priestern, die sich des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht haben. Die Bischofskonferenz soll eine Disziplinarordnung für Priester erarbeiten. Ist die Täterschaft eines Klerikers nachgewiesen, brauche es eine per Dekret ausgesprochene Auflage zur Therapie. Ausserdem soll für jeden Täter eine «Kontrollperson» eingesetzt werden, die die Therapieauflagen überprüft und den weiteren Berufs- und Lebensweg der Täter verfolgt. Zudem soll Präventionsarbeit fester Bestandteil der Ausbildung von Priestern und anderen pastoralen Mitarbeitern werden.

Ebenfalls einstimmig sprach sich der Synodale Weg in erster Lesung für ein Papier zu «Massnahmen gegen Missbrauch an Frauen in der Kirche» aus. Kritisiert wird darin, dass Missbrauch an Erwachsenen bei Beratungsangeboten und in Schutzkonzepten bislang nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe.

Synodaler Rat auf dem Weg – trotz Verbot durch Rom
Ebenfalls am Samstag wählte die Vollversammlung 20 Mitglieder des «Synodalen Ausschusses», der die Arbeit des Reformprojekts in den kommenden Jahren fortführen und umsetzen soll. Der Ausschuss hat insgesamt 74 Mitglieder. 27 davon sind die deutschen Ortsbischöfe, ebenfalls 27 stellt der katholische Laiendachverband ZdK. Laut Satzung mussten 20 weitere Personen nach dem Mehrheitsprinzip gewählt werden.

Unklar blieb zunächst, ob alle 27 Ortsbischöfe ihren Sitz im Synodalen Ausschuss annehmen werden. Fünf von ihnen hatten vorab im Vatikan angefragt, ob dies erlaubt sei. Der Vatikan hatte die Gründung sogenannter Synodaler Räte, also gemeinsamer Leitungsorgane von Laien und Klerikern, in mehreren Interventionen kategorisch ausgeschlossen und an die unaufgebbare Autorität der Bischöfe erinnert.

Schuldbekenntnis
Die Vollversammlung hat sich ebenfalls auf einen kirchenpolitischen Grundlagentext verständigt. Die Präambel mit dem Titel «Hören. Lernen. Neue Wege gehen» wurde mit 97 Prozent angenommen. Die sechsseitige Präambel benennt den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche als Ausgangspunkt für das Reformprojekt. Er formuliert das Ziel, einen «Weg der Umkehr und Erneuerung» zu gehen. Der Text ist eine Bestandsaufnahme zur aktuellen Kirchenkrise und enthält ein umfangreiches Schuldbekenntnis zum Umgang mit Missbrauch in der Kirche. Er enthält zudem ein Plädoyer für eine respektvolle und freimütige Gesprächskultur.

Benannt werden die vier Schwerpunktthemen des Dialogs: Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche. Hier brauche es Entscheidungen in Deutschland und klare Voten bei Themen, die auf weltkirchlicher Ebene entschieden werden müssen. Die Präambel ordnet den deutschen Synodalen Weg als einen Beitrag zur Weltsynode ein, zu der Papst Franziskus alle Katholiken eingeladen hat.

Frauendiakonat
Als letzte Handlung verabschiedete die Vollversammlung einen Text, gemäss dem sich die deutschen Bischöfe in Rom für eine Zulassung von Frauen zum Diakonat einsetzen sollen. Ferner sollen weitergehende Überlegungen aus Deutschland zu einer Öffnung aller Weiheämter in der Weltkirche vorgebracht werden.

Die deutschen Bischöfe werden ausserdem aufgefordert, sich für eine Mitsprache der Bischofskonferenzen bei der Bestellung von Mitgliedern päpstlicher oder kurialer Kommissionen zur Beratung über Fragen des Diakonats einzusetzen. Auch soll in den Gremien der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken die Thematik des sakramentalen Amtes von Menschen jeden Geschlechts kontinuierlich fortgesetzt werden. Das Dokument wurde mit 93,6 Prozent angenommen; 80,7 Prozent der Bischöfe stimmten dafür. Auch diese Entscheidung wurde mit langem stehenden Applaus begrüsst.

 

In seiner Auftakt-Rede war der Präsident der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing auch auf den zuletzt weiter verschärften Konflikt mit Rom eingegangen: «Deutlich wurden dabei die grosse Sorge und Skepsis, mit der unser Synodaler Weg und seine Ergebnisse und Perspektiven wahrgenommen werden.» Dabei reiche die Skala von einer weitgehenden Ablehnung bis hin zu einer «wohlwollenden und um Verständnis bemühten Mitsorge». Bätzing behauptete: «Wir wischen all dies keineswegs vom Tisch und nehmen es sehr ernst.» Der Synodale Weg sei bemüht, die «konstruktiv-mahnenden Hinweise aus Rom in unsere Überlegungen aufzunehmen». Die Resultate der Versammlung zeigen das Gegenteil. Die Katholische Kirche in Deutschland ist auf dem Weg in ein neues Schisma.

Im Anschluss an die Versammlung sagte Bischof Bätzing: «Ich muss es ehrlich sagen: Mir ist ein grosser Stein vom Herzen gefallen. «Der Synodale Weg hat – bei allem Knirschen – funktioniert.» Es seien «wegweisende Ergebnisse» erzielt worden, die zeigten: «Diese Kirche ist fähig zur Veränderung.»
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, hingegen gab sich enttäuscht: «Ohne Zweifel hätte ich mir mehr gewünscht.» Es sei nicht gelungen, die katholische Kirche in Deutschland «strukturell wirklich zu verändern». Und sie ergänzte: «Der Weg ist nicht zu Ende. Es fängt alles gerade erst richtig an.»

Wie brachte doch der protestantische Publizist Peter Hahne den synodalen Irrweg seiner katholischen Landsleute kongenial auf den Punkt: «Seid ihr noch bei Trost?»


KNA/Redaktion


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  • user
    Stefan Fleischer 11.03.2023 um 17:03
    Gott straft nicht!
    Es genügt, dass er nicht alle bösen Folgen unseres Ungehorsams, unseres Egozentrismus und unserer Verfehlungen und Sünden zulässt, nicht von uns abwendet. Das ist Strafe genug für den Einzelnen wie für alle menschlichen Gemeinschaften, unsere Kirche nicht ausgeschlossen. Wen wir sehen, was Gott alles heute zulässt, und wie hartnäckig wir all diese Mahnungen und Warnungen in den Wind schlagen, könnte man verzweifeln, nicht an Gott, sondern an der Dummheit und Bosheit von uns Menschen. Das Volk des alten Bundes war das viel intelligenter. Es kehrte immer wieder um zu Gott, ihrem Herrn. Ob wir das irgendwann auch noch begreifen werden?