Kommentar

Bas­ler Fas­nacht und die NZZ – ohne Kar­di­nal gehts nicht

Kaum hat sich der Tross der Bas­ler Fasnachts-​Cliquen in Marsch gesetzt, zieht Daniel Gerny in der «Neuen Zür­cher Zei­tung» bereits Bilanz: «Die­ses Jahr, so viel lässt sich schon nach den ers­ten paar Stun­den sagen, wird die künst­li­che Intel­li­genz Top­thema». Logisch, dass auch der erste Unter­ti­tel des Arti­kels «Wie ‹woke› muss die Bas­ler Fas­nacht sein?» ebenso lau­tet: «KI als Top­thema» (NZZ vom 20. Februar 2024).

Eigentlich nur logisch, dass die NZZ ihren Befund auch mit einer Illustration zur KI visualisieren würde. Eigentlich. Doch stattdessen wartet die NZZ grossflächig mit dem von einer Larve hell erleuchteten Bild von Kardinal Kurt Koch auf. Klar: Es ist viel weniger sexy, die abstrakt-technische Materie der Künstlichen Intelligenz zu visualisieren, als die ihren Glauben mit allen Sinnen lebende Katholische Kirche – getreu dem Wort des Evangelisten Johannes: «Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt». Wie denn auch die Katholische Kirche von der Basler Fasnacht nicht wegzudenken ist, dieses Jahr pars pro toto in Form eines Konterfeis von Kardinal Kurt Koch.

Unsereiner fühlt sich da an eine Parallele von Professor Thomas Großbölting von der Universität Hamburg erinnert, als er bei der Präsentation der Missbrauchsstudie der Evangelischen Kirche in Hamburg auf die Sündenbock-Funktion der Katholischen Kirche hinwies: «Es ist gesellschaftlich und medial viel einfacher, über katholische Priester zu sprechen – eine Gruppe von alten Männern in bunten Kostümen, die tatsächlich oder vorgeblich zölibatär leben. Wir sehen jetzt aber, dass die Parallelen zwischen beiden Kirchen viel stärker sind als die Unterschiede.»
Da rückt unvermittelt die Frage in den Vordergrund, wie es die Reformierte Kirche hierzulande mit der noch ausstehenden Aufarbeitung der Missbrauchsthematik in den eigenen Reihen hält. Dazu besteht umso mehr Anlass, als jüngst aus Anlass des Stabwechsels an der Spitze der zur Evangelischen Kirche in Deutschland gehörenden Diakonie-Werke Bischöfin Kirsten Fehrs darauf hinwies, dass sich erschreckend viele Leitende in sündhafte Verstrickungen begeben hätten und einer diabolischen Stimme gefolgt seien. Der neu ernannte Vorsitzende der Diakonie-Werke, Rüdiger Schuch, ergänzte: «Das Ansehen und der Ruf der Institutionen Diakonie und Kirche sollten um jeden Preis geschützt werden. Doch damit stürzten sie sich selbst, die Kirche und die Diakonie, in die Tiefe der Unaufrichtigkeit und Lüge, weil sie dachten, sie werden schon irgendwie aufgefangen, weil sie dachten, sie werden schon irgendwie durchkommen damit. Es wurde verheimlicht, vertuscht, infrage gestellt und es wurde verleumdet.»

Zensurschere
Ob eine Visualisierung allfälliger Befunde an der nächsten Basler Fasnacht der Zensurschere zum Opfer fallen würde? Nicht a priori auszuschliessen. Denn dieses Jahr hat das Fasnachts-Comité eigens Verhaltensregeln veröffentlicht, «um für ein respektvolles Miteinander zu sorgen». Was besagtes Comité darunter versteht, hat es expressis verbis klar gemacht: Verpönt seien Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Sexismus, Beschimpfungen und Belästigungen und Beleidigungen, Herabwürdigung Andersdenkender und Andersfühlender. Der Verbotskatalog will schier kein Ende nehmen. Tönt prima vista einleuchtend und harmlos. Ist es aber nicht. Denn gleich schiebt das Comité eine Drohung nach: die Drohung mit der Finanzkeule. Man sei zwar keine Zensurbehörde, aber man würde gegebenenfalls bei der Subventionierung nachträglich Einfluss nehmen. Es ist dies eine Drohgebärde, die so gar nicht zur Fasnacht, gerade auch nicht zur Basler Fasnacht passen will, deren DNA eine gewisse Respektlosigkeit und Lust, Grenzen auszuloten, geradezu inhärent ist.

Angesichts der Tatsache, dass die Cliquen am Tropf des Fasnachts-Comités hängen, kann im nächsten Jahr das Top-Fasnachts-Thema eigentlich nur Zensur heissen. Ob dieses Ungemachs blieb einem Schnitzelbänggler nichts anderes übrig, als folgenden Reim zu schmieden:

«Versli brünzle isch kai Schlägg,
usser de losch d'Wörter wägg»


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

E-Mail

Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der Erste, der kommentiert