Am 21. Februar veröffentlichte der Vatikan ein sogenanntes «Reskript», das zwei Bestimmungen des Motu proprio «Traditionis custodes» verschärft. Darin bestätigt Papst Franziskus die Zuständigkeit des Heiligen Stuhls in Fragen der Heiligen Messe im ausserordentlichen Ritus. So braucht es neu die Erlaubnis von Rom, wenn eine Gruppe eine Messe nach dem Missale Romanum von 1962 in einer Pfarrkirche feiern möchte. Ebenso brauchen Priester, die nach Erscheinen von «Traditionis custodes» geweiht wurden und in der alten Form zelebrieren möchten, das Einverständnis aus Rom. «Sollte ein Diözesanbischof in den beiden oben genannten Fällen Dispensen gewährt haben, ist er verpflichtet, das Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung zu informieren, das die einzelnen Fälle beurteilen wird.»
Das Internetportal Katholisches listete chronologisch Ereignisse auf, die seiner Meinung zu diesem Reskript führten:
- 2019 erklärte der päpstliche Hausliturgiker Andrea Grillo, der Zugang zum überlieferten Ritus müsse eingeschränkt werden;
- 20. Februar 2021: Robert Kardinal Sarah, ein Freund des überlieferten Ritus, wird als Präfekt der Gottesdienstkongregation entbunden;
- 27. Mai 2021: Papst Franziskus ernennt Erzbischof Arthur Roche zum neuen Präfekten der Gottesdienstkongregationen – einen erklärten Gegner des überlieferten Ritus;
- 16. Juli 2021: Papst Franziskus erlässt das Motu proprio Traditionis custodes;
- 18. Dezember 2021: der Heilige Stuhl veröffentlicht Responsa ad dubia. Darin wird erklärt, dass «Traditionis custodes» notwendig geworden sei, um die Einheit der Kirche und des Geistes zu bewahren, und die Liturgiereform unumkehrbar sei.
Nach dem Tod von Papst Benedikt XVX. am 31. Dezember 2022 brauchte Papst Franziskus keine Rücksicht mehr auf ihn zu nehmen. Die Gerüchteküche begann zu brodeln und die schlimmsten Befürchtungen wurden am 21. Februar bestätigt.
Nach Bekanntwerden des Reskripts gab es weltweit zum Teil heftige Reaktionen, insbesondere in Frankreich, der Schweiz, Lateinamerika und in den USA. Der Oberwalliser Priester Paul Martone hatte 2007 von Bischof Norbert Brunner den Auftrag erhalten, im Oberwallis Messen in der ausserordentlichen Form zu feiern. Er bedauert, dass Franziskus «so rigoros und streng» ist. Viele Gläubigen würden unter dem Schwinden des Glaubens leiden. «Ihnen den guten Willen und auch die Treue zur Kirche abzusprechen, ist ungerecht und entspricht auch nicht der Wahrheit.»
In den USA prangerte Pater Gerald Murray, New Yorker Priester und Kanonist, in einem Interview mit dem Fernsehsender EWTN das harte Vorgehen des Vatikans gegen die lateinische Messe als «Verfolgung» traditioneller Katholiken an, eine Verfolgung, die der Kirche schade und die Rechte der Bischöfe nach dem Kirchenrecht bedrohe. Die Vertreibung der Gläubigen aus ihren Pfarreien stelle «eine grundlegende Verletzung der kirchlichen Ordnung» dar.
Bischof Thomas Tobin aus Providence, Rhode Island, erklärte auf Twitter: «Die Art und Weise, wie der Vatikan mit der traditionellen lateinischen Messe umgeht, scheint mir nicht der ‹Stil Gottes› zu sein. Papst Franziskus selbst hat betont, dass diejenigen, die an der TLM hängen, ‹begleitet, angehört und ihnen Zeit gegeben werden sollte›.»
Die «Latin Mass Society» und die «Foederatio Internationalis Una Voce» (FIUV) brachten in ihrer gemeinsamen Stellungnahme «ihre Bestürzung darüber zum Ausdruck», dass «die Zuständigkeit für eine pastoral so sensible Angelegenheit auf diese Weise zentralisiert wurde». Sie befürchten, dass schwerwiegenden pastoralen Schaden angerichtet werde, wenn diese Erlaubnisse nicht erteilt werden. Anstatt sie ins Pfarreileben zu integrieren, werden nun Gläubige, die die Messe in der ausserordentlichen Form feiern möchten, «an den Rand» gedrängt.
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Die Gläubigen beginnen vermehrt, sich selbst zu organisieren: sie laden sich Priester zu Katechesen außerhalb der Pfarreistrukturen ein (wo sie nicht mehr die katholische Lehre gelehrt bekommen), organisieren sich aus den selben Gründen einen parallelen Firm- und Erstkommunionsunterricht, tun sich familienweise zusammen und richten sich Kapellen ein und suchen Priester die oft von weit her kommen, um die Beichte abzunehmen (anstelle von allgemeinen Bußfeiern mit Generalabsolution), in den Häusern die (alte) Heilige Messe zu halten (weil ihnen die Kirchen und Kapellen versperrt werden), mit den Leuten den heiligen Kreuzweg zu beten (nicht alle Priester sind dazu bereit oder es sind sehr entstellte Kreuzwege) und nachher eine Katechese mit vielen vielen (klugen) Fragen die sie haben (weil ihnen niemand mehr Antworten im traditionellen Sinne gibt).
Woher ich das so genau weiß? Weil ich immer öfters genau aus diesen Gründen, wie im Artikel beschrieben genau solche Anfragen bekomme (und denen ich gerne nachkomme, weil die Leute sich eh schon schwer tun all das auf die Beine zu stellen - von kirchlicher Seite haben sie keine Unterstützung, dafür viele Hindernisse).
Ist es wirklich das was die Kirche erreichen will? Die notgedrungene Etablierung einer Art parallelen geheimen Untergrundkirche?
Jedenfalls ist es genau das was Traditionis custodes bewirkt.
Wenn dieser überschritten wird, was immer häufiger geschieht, "muß man Gott mehr gehorchen als den Menschen".
Die Kirche ist keine Spielwiese und kein Experimentierlabor für Kleriker, egal welchen Ranges.