«Warten auf Godot», Aufführung am Beckett Theatre, Trinity College, Dublin, Irland. (Bild: Piero Fissore/flickr, CC BY-NC-ND 2.0 Deed)

Kommentar

Bischof Bon­ne­main oder das War­ten auf Godot

Kom­mu­ni­ka­tion von Fall zu Fall: Geht es um Aus­künfte, die unlieb­same Kon­se­quen­zen zei­ti­gen könn­ten, geht der Chu­rer Bischof gerne auch mal auf Tauchstation.

Erstmals seit 20 Jahren war am Wochenende vom 4./5. Mai 2024 der Deutschschweizer Weltjugendtag wieder in Chur zu Gast. Über 500 Jugendliche fanden den Weg in die Bündner Alpenstadt, um gemeinsam zu beten, zu singen und zu feiern. Es herrschte eine echte Willkommenskultur: Schnell kamen die Jugendlichen miteinander ins Gespräch, halfen weiter, wenn jemand den Standort des gewünschten Anlasses suchte. Neben der gemeinsam gefeierten Liturgie wurden verschiedene Workshops angeboten. Zu den beliebtesten zählten die Führung durch die Kirche St. Stephan, das Rosenkranzknüpfen, der Bischofskaffi und das Thema «Glaube und Vernunft». Besonders begehrt war ein Quiz, bei dem es Preise zu gewinnen gab. Die Fragen drehten sich um digitale Medien, Verhütung, Schwangerschaft oder den weiblichen Zyklus.

Geradezu ins Schwärmen geriet Bischof Joseph Maria Bonnemain, so etwas wie der Hahn im Korb im «Bischofskaffi», den er gleich zweimal in seiner Residenz eigens für diesen Anlass organisiert hatte: «Diese Jugendlichen zu erleben, ist echt ein Erlebnis. Ein Erlebnis von Kirche im Heute», bilanzierte der Churer Diözesanbischof.

In der Tat. Es war ein rundum gelungenes Glaubensfest, fernab von religiöser Verklemmtheit und dem sonst obligaten Betroffenheits-Gesülze der Synödeler-Fraktion.

Übergriffiges Verhalten, theologisch gefährliche Triggerbegriffe
Diesem Befund zum Trotz: Eric Petrini, Leiter der Kirchlichen Jugendarbeit der Katholischen Landeskirche Graubünden, drängte es, noch vor diesem Fest seine warnende Stimme zu erheben. In der «Südostschweiz» vom 4. Mai 2024 zweifelte er, ob die christlichen Gemeinschaften am Weltjugendtag «wirklich noch Teil der katholischen Kirche» seien oder «sich nicht in eine freikirchliche Richtung bewegten». Besonders missfiel ihm die Beichte, die am Weltjugendtag vor dem Gottesdienst angeboten wurde. Seine irrlichternde Suada krönte Petrini mit den Worten: «Ist das noch mein Glaube? Ist das noch konservativ oder bereits übergriffig?» Der Frust des Eric Petrini muss angesichts des von so vielen Jugendlichen besuchten Weltjugendtages einerseits und der dürftigen Resonanz der eigenen Jugendarbeit andrerseits gewaltig sein.

Eric Petrini ist beileibe kein Einzelfall. Als sich im März 2024 eine handverlesene Gruppe von Kantonalkirchen-Funktionären und Vertretern von Restbeständen des einst blühenden Verbandskatholizismus in Bern mit Kardinal Mario Grech zu einer Aussprache traf, um letzteren über die Erwartungen und Vorstellungen der «Basis der Kirche Schweiz» im Hinblick auf die Weltbischofssynode vom kommenden Herbst in Rom «aufzuklären», meldete sich auch Moritz Bauer, Präses der Jubla Schweiz, zu Wort. Begriffe wie «Evangelisation und missionarische Kirche» könnten leicht missverstanden werden, strafte er die Äusserungen von Kardinal Grech ab, das sind «theologisch gefährliche Triggerbegriffe, die ich so nicht benutzen würde», verstieg sich der Jubla-Vorsitzende.

No comment
Grund genug also, Bischof Bonnemain anzufragen, wie er solch irre und wirre Auslassungen von Eric Petrini, des Leiters der kirchlichen Jugendarbeit im Kanton Graubünden, einzuschätzen gedenke. Bischof Bonnemain, vor dessen Kommentaren insbesondere im Gefolge der Publikation der Missbrauchs-Pilotstudie vom September 2023 kaum ein Mikrofon der Mainstream-Medien verschont blieb, gab sich zugeknöpft, verweigerte strikt jede Antwort. Dabei wäre dies die ideale Gelegenheit für eine Wiedergutmachung in eigener Sache gewesen. Denn just vor einem Jahr, am Deutschschweizer Weltjugendtag in Olten, unterstellte er den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in belehrendem Tonfall indirekt ein Synodalitäts-Defizit. Die aus dem grossen Kanton stammende «kath.ch»-Frontfrau Jacqueline Straub spannte Bischof Bonnemain prompt vor ihren eigenen feministischen Karren und apostrophierte den Gottesdienst des Oltner Weltjugendtages höhnisch als «klerikalen Showrun».

Man kann im vorliegenden Fall ein gewisses Verständnis für die Kommunikationsblockade des Churer Bischofs aufbringen: Wer zu seinen engsten Mitarbeitern den Präventionsbeauftragten und Défroqué in spe Stefan Loppacher zählt, der öffentlich vom Suizid Gottes spricht, mit dem er nichts zu tun haben will, muss es notgedrungen schwerfallen, sich von Entgleisungen kirchlicher Spitzen-Funktionäre zu distanzieren, deren Rück- bzw. Austritt im Interesse ihrer eigenen Glaubwürdigkeit überfällig ist.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

  • Willy Zweifel 17.05.2024 um 14:55
    Lieber Herr Herzog, ich möchte Ihnen mal ein ganz grosses Kompliment für Ihre hervorragenden und treffenden Kommentare machen. Sie sprechen mir jedes Mal aus meinem katholischen Herzen. Leider werden weder unsere woken Bischöfe oder die ach so zeitgeistigen Leiter in irgendeiner katholischen Gruppe oder kirchlichen Anstellung sie (ihre Kommentare) nicht zur Kenntnis nehmen. Aber viele Gläubige sind froh, dass sie wenigstens in Ihren Einschätzungen noch Halt finden.
  • user
    Gabriela Ulrich 15.05.2024 um 14:24
    Es ist üblich, dass die Beichte schon vor dem Gottesdienst angeboten wird. Das war immer schon so. Wer aber gegen das Beichtsakrament ist, ist gegen die Lehre der katholische Kirche. Das ist einfach so und das bestätigt sich auch immer wieder. Aus diesem Grund ist das beste Mittel die Kündigung gegen hauptamtliche Mitarbeiter auszusprechen, die die Gläubigen Irreführen und nicht loyal sind.
  • user
    Michael 14.05.2024 um 21:57
    Petrini war sonst ein ernstzunehmender christlicher Denker.
    Es wäre sinnvoll, ihm eine zweite Chance zu geben, schon bevor er auch nur in eine Schublade gesteckt wird.
    Vielleicht war das oder Ähnliches auch ein Gedanke des hw. Herrn Bischofs Joseph.
    Trotzdem ist die Aussage über die Beicht gegen Gott gerichtet und durch nichts zu rechtfertigen.
  • user
    Tobias Maier 14.05.2024 um 19:20
    Ein Trauerspiel, diese "hauptamtlichen" Mitarbeiter der Kirche.
    Eher müsste man von Angestellten der Kirche sprechen.
    Aber nicht einmal ihre Aufgaben erfüllen sie.
    Sie leben nicht für die Kirche, sondern von der Kirche!