Das Seminar der Priesterbruderschaft in Ecône. (Bild: DICI, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Kirche Schweiz

Bischof Vitus: Nach­rufe, die in der Schweiz kei­nen Platz haben

Die Nach­richt vom Tod des ehe­ma­li­gen Bischofs der Diö­zese Chur, Vitus Huon­der, stiess in den Medien hier­zu­lande auf breite Reso­nanz. Es domi­nier­ten die sachlich-​neutralen, kri­ti­schen bis wohl­wol­len­den Kom­men­tare: von der Gra­tis­zei­tung «20 Minu­ten» über die «Neue Zür­cher Zei­tung» und den «Tages-​Anzeiger» bis zur «Aar­gauer Zeitung».

Letztere, eine der Affinität zur Katholischen Kirche weiss Gott unverdächtige Postille, bilanzierte das Wirken von Bischof Vitus Huonder u. a. mit folgenden bemerkenswerten Worten: «Und auch wenn es immer wieder Kritik gab: Zu einer Häufung von Kirchenaustritten unter Huonders Regentschaft kam es nicht. Huonder gelang es damals wohl besser als vielen anderen, die katholische Kirche in den öffentlichen Diskurs einzubringen.»

Nicht so die Herren Raphael Rauch und Simon Spengler, beide aus dem grossen Kanton. Ersterer lässt im «Blick» vom 4. April 2024 seinen Ressentiments freien Lauf: «Huonder ging als Skandal-Bischof in die jüngere Schweizer Kirchengeschichte ein», dekretiert der mit den hiesigen kirchlichen Gegebenheiten wenig bis gar nicht vertraute Rauch. Den Vogel schoss der heutige «Wirtschaftsredaktor» des SoBli mit der Titel-Phrase ab: «Der Skandal-Bischof hinterliess viel Unfrieden». Das muss ausgerechnet einer schreiben, der innert kurzer Zeit mit seinen permanenten Verbalinjurien die kirchenpolitische Atmosphäre in der Schweiz wie keiner vor ihm vergiftet hat.

Sein Landsmann Simon Spengler seinerseits wirft Bischof Huonder vor, eigentlich «alle Werte der klassischen Hierarchie auf den Kopf gestellt zu haben» (vgl. «kath.ch»-Interview vom 5. April 2024). Hochgradig bigotte Worte aus dem Munde eines Mannes, der in seiner Funktion als Kommunikationschef der Römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich seit Jahren gegen alles stänkert, was auch nur entfernt etwas mit katholischer Hierarchie zu tun hat. Mehr noch: Bischof Huonder stempelt er im gleichen Atemzug zum Schismatiker ab. Vorwand für diese Zuschreibung ist die Tatsache, dass Bischof Huonder in Ecône, dem Hauptsitz der von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründeten Piusbruderschaft, seine letzte Ruhestätte finden will.

Diesen Entscheid, von dem im Übrigen das Bistum Chur bereits seit 2022 Bescheid wusste, kann man in guten Treuen kritisieren, aber Bischof Huonder deswegen auf den Begriff «Schismatiker» festzunageln, geht nicht an. Geradezu ignorant ist die Begründung, die Spengler dazu liefert: Die Piusbrüder würden das «Offensichtlichste der Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnen». Dies bestünde in der Liturgiereform, «also die Feier der Messe in der Volkssprache mit der Zuwendung des Priesters zum versammelten Volk Gottes». Von einer solchen Zuwendung zum Gottesvolk ist in den Texten der «Konstitution über die heilige Liturgie» des Zweiten Vatikanischen Konzils nirgends die Rede, schon gar nicht von ein De facto-Abschaffung des Lateins als Kultsprache. In Nr. 54 der genannten Konstitution heisst es vielmehr: «Es soll jedoch Vorsorge getroffen werden, dass die Christgläubigen die ihnen zukommenden Teile des Mess-Ordinariums auch lateinisch miteinander sprechen oder singen können.» Voilà!

Die Art und Weise, wie die Herren Rauch und Spengler den elementarsten Respekt vor einem verstorbenen Schweizer Bischof mit Füssen treten, mag im Lande Luthers («Der Papst, des Teufels Sau») gängige Praxis sein, hat aber in der Schweiz partout nichts zu suchen.

Ein Trost bleibt: Zum Abschluss seines Interviews verneint Simon Spengler die allen Ernstes gestellte Frage, ob er an den Bestattungsfeierlichkeiten von Bischof Vitus Huonder in Ecône teilnehmen werde. Immerhin diese Heimsuchung bleibt dem Wallis erspart.


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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    Gabriela Ulrich 08.04.2024 um 10:49

    Im TAGBLATT vom 19.02.2019 Karl Kälin steht Bistum Chur: Vitus Huonder will Landeskirche via Rom bremsen. Die Bündner Landeskirche unterstützt einen Verein, der Abreibungen für legitim hält. Jetzt wendet sich Bischof Vitus Huonder an den Heiligen Stuhl.


    Das Bistum Chur ist vor Bundesgericht abgeblitzt. Bischof Vitus Huonder hatte wegen eines Entscheids des Parlaments der katholischen Landeskirche Graubünden geklagt. Das sogenannte "Corpus catholicum" beschloss Ende 2012, der Schwangerschaftsberadungsstelle Adebar jährlich 15000 Franken zu überweisen. Der Verein führt unter anderem Beratung zum Thema Verhütung und Schwangerschaftsabbruch durch, Abtreibungen hält er für legitim.


    Das Bistum Chur nimmt die Kontroverse zum Anlass, das Wesen der Landeskirche grundsätzlich infrage zu stellen, und wird den Apostolischen Stuhl, die Verwaltung des Papstes, über die Einzelheiten des Falls ins Bild setzen. Es liege nun am Vatikan, zu entscheiden, ob das vom Bundesgericht "Staatskirchenstruktur, genannte Konstukt für die katholische Kirche noch tragbar sei, teilt Sprecher Giuseppe Gracia auf Anfrage mit. Das Bistum stört sich insbesondere daran, dass eine Organisation wie "Corpus catholicum", die unter dem Label "katholisch" segelt, Aktivitäten unterstützt, die der Lehre der katholischen Kirche widersprechen.


    Für das Biustum ist klar: Der Beitrag an Adebar verletzt die Regeln der Schweizer Bischöfe. Landeskirchen könnten sich zwar "katholisch" nennen, seien aber der katholischen Lehre nicht verpflichtet. "Nach dem Urteil des Bundesgerichts ist klar, dass das staatskirchenrechtliche System in der Schweiz keinen der eigentlichen Kirche zudienenden Charakter hat", sagt Gracia.


    Explizit anerkannt hat der Papst die Landeskirchen nie. "Die Schweizer Bischöfe haben sie aber akzeptiert", sagt Christoph Winzeler. Tituarprofessor für Staats- und Kirchenrecht an der Universität Freiburg. Der Vatikan habe keine direkte Möglichkeit, am System der Landeskirchen zu rütteln, "Rom könnte aber die Bischöfe anweisen, die Landeskirchen zu kritisieren für Aktivitäten, die mit dere Lehre der katholischen Kirche nicht vereinbar sind." Theoretisch, so Winzeler, könnte der Papst die Bischöfe dazu auffordern, das System der Landeskirchen aufzukündigen". Gläubige, die bei solch einem Szenario der Landeskirchen treu blieben, könnten im Extremfall exkommuniziert werden. ...


    Rom hat auf die Eingabe von Bischof Vitus Huonder nicht reagiert. Aus den Medien ist nur zu vernehmen, dass für den Papst Schwangerschaftsabruch Mord ist! Nur sagen und nicht handeln, das reicht bei weitem nicht aus. Denn die Landeskirchen halten sich an den Bundesgerichtsentscheid. Da aber die Bischöfe für Ihr Bistum verantwortlich sind, erwarte ich jetzt von den Bischöfen, dass sie die Landeskirchen kritisieren und die Verträge aufkündigen.

    • user
      Hansjörg 08.04.2024 um 21:31
      Zum Glück werden bei uns die Regeln zu Abtreibung und Verhütung vom Staat festgelegt, und falls notwendig von Gerichten verifiziert.
      • user
        Martin Meier-Schnüriger 09.04.2024 um 14:19
        Zum Glück ist das Jüngste Gericht nicht der staatlichen Gerichtsbarkeit verpflichtet, sondern dem weisen Ratschluss Gottes, der uns klipp und klar sagt: "Du sollst nicht töten - erst recht kein unschuldiges Kind."